Beim Abschlusskonzert der Cello-Akademie trampelt das Publikum vor Begeisterung mit den Füßen. Die Musiker begeistern mit Werken aus Klassik und Romantik – und sogar mit Eigenkompositionen.

Rutesheim - „Anspannung pur“ herrscht nach Einschätzung von Matthias Trück, dem Geschäftsführer und künstlerischen Leiter der Cello-Akademie, bei den Solisten des Abends vor ihrem Auftritt: „Es können Sterne aufgehen – oder verglühen.“ Aber von „Verglühen“ kann dann keine Rede sein: Ein fulminantes Abschlusskonzert legen die jungen Solisten in der voll besetzten Bühl-Halle am Samstagabend hin.

 

Auf dem Programm stehen Werke aus Klassik und Romantik: Peter Tschaikowsky, Felix Mendelssohn Bartholdy, Edward Elgar, Gioachino Rossini, Franz Schubert, David Popper und Pablo de Sarasate. Die jungen Interpreten werden einfühlsam und fein abgestimmt begleitet vom Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim unter Leitung von Timo Handschuh.

Gleich der erste Solist, Thomas Prechal, gerade mal 13 Jahre alt und aus den Niederlanden, verblüfft das Publikum, indem er seine selbst komponierte Rhapsodie kurzerhand in „Rutesheimer Rhapsodie“ umtauft. Er spielt mit energischem, entschlossenem Bogenstrich, beeindruckt mit schnellen Läufen, einem warmen Timbre und einer Vielfalt an Themen, die auch gesanglich innig klingen und am Schluss zart aushauchen.

Hommage an Rutesheim

Diese Hommage an Rutesheim imponiert natürlich auch Martin Killinger, dem Ersten Beigeordneten der Stadt und Stellvertreter von Bürgermeisterin Susanne Widmaier, der unter den Gästen ist. Und findet er Rutesheim in der „Rhapsodie“ des jungen Komponisten wieder? „Ja, durchaus“, erläutert er in der Pause: „Die Atmosphäre der Stadt ist eingefangen, und die verschiedenen Themen des Stücks spiegeln die Vielfalt von Rutesheim und seine Lebendigkeit!“ Carla Conangla Oliveras aus Spanien interpretiert sehr achtsam das „Lied ohne Worte“ op. 109 von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847): mit viel Emotion und sehr intensiv. Und Lieder ohne Worte prägen den gesamten Abend.

Dann betritt eine kleine Prinzessin im zarten Tüllrock die Bühne: Michelle Zhu (Singapur). Mit ihren elf Jahren spielt sie die „Nocturne op. 19 Nr. 4“ von Peter Tschaikowsky (1840-1893), dem großen Romantiker in der Musikgeschichte: zart und schwebend. Das „Konzert für Violoncello und Orchester e-Moll op. 85“ von Edward Elgar (1857-1934) teilen sich Wei-Luen Lee aus Taiwan und die einzige deutsche Cellistin an diesem Abend, Alexandra Kahrer. An diesem Cellokonzert hat schon bei der Uraufführung 1919 in London der Kritiker des „Observer“ die „tiefe Weisheit und Schönheit“ hervorgehoben.

Ganz in dramatischem Rot betritt Alexandra Kahrer die Bühne: Erst spielt sie pizzicato, dann hört man ein Summen wie bei einem Bienenschwarm – gespielt mit viel Schwung und Temperament. Von Gioachino Rossini (1792-1868) spielt Hyejin Kim (Südkorea) „Une Larme“ so innig, farbig und ausdrucksstark, dass eine Zuhörerin danach fasziniert kommentiert: „Sie spricht durch die Musik!“

Nach der Pause, in der die Besucher ihre Eindrücke austauschen konnten, spielt die zwölfjährige Sunghyun Park aus Südkorea in blauem Spitzenkleid die „Variationen über ein Rokoko-Thema A-Dur op. 33“ von Peter Tschaikowsky, ein Werk im Stile Mozarts, den Tschaikowsky sehr verehrt hat: tänzerisch, elegant, dann aber auch energisch und mit hoher Geschwindigkeit - eben Tschaikowsky!

Mit viel Ausdruck und Einfühlungsvermögen

Yibai Chen aus China setzt diese Komposition mit den Variationen 4-7 fort, entlockt seinem Instrument faszinierende Töne und spielt mit außerordentlicher Hingabe. Das Publikum lauscht atemlos und konzentriert – für ein paar Momente scheint die Zeit stillzustehen, bis ein furioses Finale einen Schlusspunkt setzt. Jisoo Kim (Südkorea) spielt die „Arpeggione-Sonate D 821“ von Franz Schubert (1797-1828) sehr einfühlsam und luftig. Ihren Namen verdankt die Komposition einem heute vergessenen Instrument, das seinerzeit in Wien als „Bogen-Gitarre“ oder „Gitarren-Violoncell“ bezeichnet worden ist: dem „Arpeggione“.

Den „Valse Sentimentale op. 51 Nr. 6“ von Peter Tschaikowsky interpretiert Andrew Byun (USA) mit viel Ausdruck und künstlerischem Einfühlungsvermögen. Der erst 13-jährige Jizheng Fang (China) beeindruckt mit seinem „Elfentanz op. 39 (Presto)“ von David Popper (1843-1913): Man sieht die Elfen nur so schwirren, hüpfen, springen und Salto schlagen. Im Finale grande hat Michal Balas aus Polen seinen großen Auftritt mit den „Zigeunerweisen op. 20“ von Pablo de Sarasate (1844-1908): Mit viel Paprika, aber auch zigeunerischer Sehnsucht musiziert er molto espressivo mit akrobatisch rasanter Fingertechnik, dass man kaum folgen kann!

Für die Studenten bedeutet die Teilnahme an der international renommierten Cello-Akademie Rutesheim einen weiteren Karriereschritt. Dass sie zu Höhenflügen imstande sind, haben sie an diesem Abend bewiesen – das begeisterte Publikum dankt mit trampelnden Füßen, dass die Halle wackelt.