Beim zweiten Konzert der Cello-Akademie am kommenden Dienstag in der Halle Bühl II, stellt der Dozent Claudio Bohórquez die Musik seiner jüngsten CD „Poetica“ vor.

Rutesheim - Claudio Bohórquez gehört seit der ersten Ausgabe der Cello-Akademie Rutesheim zu den Dozenten. So ist es einerseits ganz natürlich, andererseits dennoch etwas Besonderes, dass er seine neue CD, die offiziell erst am 1. November bei Berlin Classics herauskommt, schon vorab dem Rutesheimer Publikum vorstellt: Am Dienstag, 29. Oktober, spielt er beim Kammerkonzert 2 der Dozenten zusammen mit seinem Duo-Partner, dem Pianisten Peter Nagy, die „Dichterliebe (op. 48)“ von Robert Schumann.

 

Die Dichterliebe? Das mag manchen Klassikkenner erstaunen, schrieb der Komponist das Werk doch eigentlich als Lied – für Singstimme und Klavier. Jene musikalische Form also, die in der Epoche der Romantik ihre Blütezeit erlebte, weil sie auf so wunderbar innige und intime Weise den innersten Empfindungen des Menschen auf klingende Weise Gestalt verleiht. Genau das mag den Cellisten, der seit 2016 als Professor an der Hochschule für Musik Hanns Eisler lehrt, dazu bewegt haben, anstelle eines Vokalisten sein Instrument singen zu lassen. Und so hat er für die CD, die den Namen „Poetica“ trägt, noch eine Reihe weiterer Werke Robert Schumanns ausgewählt: die „Drei Fantasiestücke für Klarinette (op. 73)“ zum Beispiel, die „Märchenbilder (op. 113) für Bratsche oder die „Drei Romanzen für Oboe (op. 94). „So hatte ich die Gelegenheit, mich in ganz verschiedene Instrumente hineinzuversetzen und dann eine cellistische Lösung zu finden“, erklärt er.

„Fantasiestücke“ und „Kinderszenen“

Behalten er und Peter Nagy bei der „Dichterliebe“ den originalen Notentext bei, gibt es für die „Fantasiestücke“ und die ebenfalls auf der CD enthaltenen „Kinderszenen (op.15)“ eine Bearbeitung von Friedrich Grützmacher. Die „Romanzen“ sind, ausgehend vom originalen Notentext, nach unten oktaviert, und für die „Märchenbilder“ liegt eine Bearbeitung von Robert Hausmann vor. Die „Fünf Stücke im Volkston (op. 102)“, die sie ebenso eingespielt haben, sind im Original für Cello und Klavier geschrieben. „Auf diesem Album tauchen wir in die Welt von Robert Schumann ein“, betont Bohórquez.

Die „Dichterliebe“ ist durch die Eins-zu-eins-Umsetzung eine besondere klangliche Herausforderung. Sie hat unter all diesen Preziosen der Romantik zugleich eine Sonderstellung für Claudio Bohórquez: „Das war für uns ein ganz besonderes Abenteuer, weil die ‚Dichterliebe’ für mich persönlich ein wichtiges Werk in meiner jüngsten Studienzeit war“, verrät er. „Die hab ich rauf und runter gehört, mitgesungen, mitgelitten …“ Sie habe ihn in seinem Künstlerleben lange begleitet. Sein Duo-Partner, der Pianist Peter Nagy, ergänzt, dass die Erarbeitung der „Dichterliebe“ für ihn zudem ein ganz neues Licht auf den Klavierpart geworfen habe. „Weil das Cello nur ohne Worte singt, muss der Klavierpart noch stärker teilnehmen an der Lautmalerei und die Bedeutung der Worte noch deutlicher ausdrücken.“ Bohórquez ist bekannt dafür, jungen Cellisten stets auch die große Leidenschaft und Intensität mitzugeben, mit der er seinen Installations-, Improvisations und Meditationsprojekten nachgeht. Mit der „Dichterliebe“ und den anderen Schumann-Stücken bekommt nun auch ein breiteres Publikum die Gelegenheit, damit in Berührung zu kommen.

Erzählungen ohne Worte

Mathieu Kuttler, der im Booklet der CD allerhand Interessantes zu den Stücken und ihrer Entstehung zu erzählen weiß, nennt Robert Schumann einen „Tondichter“. Schumanns Musik gelingt es, ohne Worte zu erzählen. Mit wie viel Tiefe und Kraft sie dies zu tun vermag, das beweisen Claudio Bohórquez und Peter Nagy auf ihrer CD „Poetica“ aufs Allerschönste. Das Rutesheimer Publikum hat nun das große Glück, diese ebenso großartige wie berührende Musik beim Kammermusikabend 2 der Dozenten live zu erleben. Auf dem Programm stehen dann außerdem die „Meditation (op. 16)“ von Eugène Ysaye, gespielt von Wen-Sinn Yang und Chifuyu Yada, sowie die Sonate für Violoncello und Klavier g-moll (op. 19)“ mit dem Cello-Dozenten Danjulo Ishizala und der Pianistin Naoko Sonoda.

Die ganze Klangwelt versammelt

Rutesheim - In Rutesheim begegnen und inspirieren sich international renommierte Dozenten und handverlesene junge Spitzenspieler. Das Besondere: Alle Meisterkurse und Klassen sind öffentlich. Der Stundenplan hängt aus und ist von Montag an im Internet zu finden. Zusammen mit den sechs Konzerten und der Musikmesse ergibt dies ein Cello-Festival auf Topniveau. Den Auftakt bildet der erste Kammermusikabend der Dozenten am Sonntag, 27. Oktober, 20 Uhr. Am Montag, 28. Oktober, findet von 10 bis 19 Uhr eine Musikmesse im Gymnasium Rutesheim statt, bei der sich nicht alles, aber vieles ums Cello dreht. Vertreten sind Hersteller von Instrumenten und Bögen sowie auch Musikverlage. Dozent Wen-Sinn Yang wird Instrumente und Bögen verschiedener Geigen- und Bogenbauer spielen, damit deren verschiedene Eigenschaften verglichen werden können. Max Lilja, Gründungsmitglied der Cello-Metal-Band Apocalyptica, wird dies auf E-Instrumenten übernehmen. Der Eintritt ist frei.

Volles Programm

Weiter geht es am Dienstag mit dem zweiten Kammermusikabend der Dozenten (20 Uhr). Am Mittwoch folgt um 19 Uhr das Orchesterkonzert der Dozenten mit dem Stuttgarter Kammerorchester. Beim Akademiekonzert am Donnerstag, 20 Uhr, zeigt dann der Cello-Nachwuchs sein Können. Über 100 Celli erklingen am 1. November, 19.30 Uhr, wenn das Cello-Orchester Baden-Württemberg und Akademie-Ensembles zusammen auf der Bühne spielen. Beim Abschlusskonzert am Sonntag, 20 Uhr, treten dann die besten Studenten als Solisten mit Orchester auf. Hier ist unter anderem die Uraufführung eines eigens für Rutesheim komponierten Doppelkonzerts des erst 14-jährigen Cellisten Thomas Prechal geplant. Alle Konzerte finden in der Halle Bühl II statt.

Das Programm sowie Tickets gibt es auf www.cello-akademie-rutesheim.de