Vor vollem Haus findet das Eröffnungskonzert der elften Cello-Akademie statt.

Rutesheim - Matthias Trück, Gründer und Festivalleiter der Cello-Akademie Rutesheim, hat nicht zuviel versprochen: Selbst Konzertgänger, die regelmäßig bei den Veranstaltungen der Cello-Akademie anzutreffen sind, müssen nicht fürchten, stets dieselben Stücke auf dem Programm zu finden. Auch beim Eröffnungskonzert der diesjährigen Akademiewoche gab es allerhand zu entdecken – und auch zu schmunzeln.

 

Denn Jens Peter Maintz, Dozent seit der ersten Ausgabe 2009, gab den Studenten im Publikum vor seiner Darbietung vor allem eines mit auf den Weg: „Macht bitte nicht Zuhause, was ich hier mache.“ Wie das? Er hatte ein hochromantisches Stück mitgebracht, dessen Wurzeln im Barock liegen: die Sonate für Violoncello und Klavier E-Dur von Louis Francoeur. Von daher, so sagte er, hätte er eigentlich sowohl die Instrumente als auch die Aufführungspraxis entsprechend anpassen müssen. Dass er das nicht machte, tat dem Hörvergnügen indes keinen Abbruch.

Denn tatsächlich spielten Maintz und die Pianistin Keiko Tamura ja Arnold Towells Bearbeitung aus dem Jahre 1924, bei welcher der zweite Satz komplett durch eine Neukomposition Towells ersetzt wurde. Und da waren die Instrumente und auch die Spielweise nicht nur angebracht, sondern wirklich mitreißend. Er habe das Stück als Teenager und auch zu Beginn seines Studiums gespielt, verriet Maintz. Und das Publikum freute sich sichtlich, diese persönliche Erinnerung mit ihm zu teilen.

Opulente Tongemälde

Ganz andere Facetten des Instrumentes förderte Sebastian Klinger mit der Suite Nr. 1 für Violoncello von Benjamin Britten zu Tage. Die Komposition, die sich formal an den Suiten von Johann Sebastian Bach orientiert. Reduziert wirkte da das Klangbild im Vergleich zum opulenten Tongemälde zuvor, dabei jedoch ungeheuer intensiv. Auf faszinierende Weise demonstrierte er, wie ein Cello, wenn es mit einer entsprechenden Meisterschaft gespielt wird, mehrstimmig auf ungeheuer lebendige Weise erzählen kann.

Heute fast unbekannt ist Efrem Zimbalists Fantasie aus der Oper „Der goldene Hahn“ von Nikolai Rimsky-Korsakow. Die hatte Attila Pasztor im Gepäck und bot zusammen mit seiner Pianistin Vopletta Khachikyan ein farbenprächtiges Bekenntnis zur Leidenschaft. Mal nervös und feinnervig, später voll romantischer Innigkeit, später mit kräftigen Tanzrhythmen rissen die beiden das Publikum von der ersten Note an mit.

Natalie Clein gibt ihr Debüt

Ihr Debüt gab die erste weibliche Dozentin Natalie Clein mit „Gramata cellam (Das Buch)“ des zeitgenössischen lettischen Komponisten Peteris Vasks. Mit Haut und Haaren warf sie sich in dessen Klangwelt und scheute sich ebenso wenig vor Glissandi, die unhaltbar in den Abgrund stürzten, wie sie hauchzart die Töne auf- und abwärts züngeln ließ. Stellenweise summte sie, der Komposition entsprechend, selbstvergessen mit – Momente, die unter die Haut gingen.

Jakob Spahn hatte sich den sinnlichen Qualitäten des Cellos verschrieben und präsentierte diese mit Hilfe von drei kleineren Werken: der Etüde für Violoncello von Mstislaw Rostrowitsch, dem Chant du Menestrel (op. 71) von Alexander Glasunow und den Requiebros von Gaspar Cassadó. Tänzerisch, leicht und kraftvoll begann dieses musikalische Dreigestirn, während mit Glasunow die unvergleichliche Fähigkeit des Cellos zur Geltung kam, süße Melancholie in Instrumentenklang zu übersetzen. Spanisches Feuer entfesselte Spahn in seinem letzten Stück.

Eine abermals andere Farbe präsentierte Stephan Braun zum Abschluss. Sein Heimatterritorium ist der Jazz. Wie das mit Robert Schumanns Kinderszenen (op. 15) unter einen Hut zu bekommen ist? Braun ließ seine Pianistin Daria Tudor die „Popsongs aus dem 19. Jahrhundert“, wie er sie mit einem Augenzwinkern ankündigte, intonieren. Danach spielte er seine eigene Version auf dem Cello – das er auch mal gitarrengleich aufs Knie legte oder kurzerhand zum Percussions-Instrument umfunktionierte. Ein kurzweiliger Abend – dem sicherlich etliche nicht minder interessante folgen werden.