Beim Kammermusikabend II lernt die Zuhörerschaft das breite Klangspektrum des Cellos auf das Schönste kennen – und dazu alle Dozenten der 13. Cello-Akademie.

Vielfalt war beim zweiten Konzertabend der 13. Cello Akademie Rutesheim am Dienstagabend die Devise: Das Publikum in der gut besuchten Halle Bühl II lernte fast alle Dozenten kennen – und bei den Komponisten reichte die Bandbreite von Johann Sebastian Bach über Gabriel Fauré und Samuel Coleridge-Taylor bis hin zum ukrainischen Komponisten Mykola Lyssenko.

 

Innerhalb dieses breit gefächerten Programms gab es dann gleich Kompositionen, die anhand eines musikalischen Elementes eine ganze Reihe von Variationen durchspielen. Musiziert wurde auswendig, mit Papiernoten oder Tablets.

Das Instrument sprechen lassen

Sebastian Klinger eröffnete den Abend mit der Suite Nr. 3 C-Dur (BWV 1009) von Johann Sebastian Bach. Musik, die den Interpretierenden ebenso fordert wie das Publikum, da die reine Cello-Musik viel Aufmerksamkeit und Konzentration braucht. Beides lohnte sich aber unbedingt, gelang es Klinger doch, sein Instrument sprechen zu lassen.

Dies nicht nur mit einer erzählenden Stimme, sondern auch mit verschiedenen Dialogen, deren Gestimmtheit wie bei Menschen immer wieder wechselte: sich ereifern, dem anderen ins Wort fallen, dann wieder innehalten und nachdenken, sich verletzlich zeigen oder mit tänzerischem Übermut. So blieben die musikalischen Gespräche bis zur letzten Note lebendig und berührend.

Eine Legende bei der Cello-Akademie

Ein schöner Kontrast hierzu war die Cellosonate Nr. 1 d-Moll (op. 109) von Gabriel Fauré, die der Finne Arto Noras zusammen mit seiner Pianistin Mana Oguchi auf die Bühne brachte. Beeindruckend war, noch ehe er eine Saite gestrichen hatte, sein Charisma – die Kraft und Präsenz, die der 80-jährige Künstler ausstrahlte. Wunderbar zu sehen und hören, wie sehr er das Spiel mit seinem Instrument genoss. Lodernde Leidenschaft und zarteste Empfindsamkeit voller Hingabe prägten seine Darbietung. Im schwelgerischen Schlusssatz befeuerten sich die Instrumente gegenseitig bis zu höchster Erregung.

Da konnte man bei den beiden Stücken, die Wen-Sinn Yang gemeinsam mit Pianistin Chifuyu Yada darbot, wieder ein wenig durchatmen. Beides Werke mit Variationen: das eine aus der Feder von Ludwig van Beethoven über die Melodie „Bei Männern, welche Liebe fühlen“ (WoO 46), das andere von Franz Schubert in einem Arrangement von Gregor Piatigorsky.

Das gefühlvolle, warme Timbre, die Gesanglichkeit des Cellos kamen beim Beethoven-Stück aufs Schönste zur Geltung. Der oft neckende Unterton in Schuberts Musik zauberte immer wieder ein Lächeln auf die Lippen der Zuhörenden und auch die des Musizierenden. Zunehmend virtuoser wurde das Ganze, bis schließlich einzelne Töne kaum mehr voneinander zu unterscheiden waren.

Liebe und Solidarität trotz Krieg

Als Ukrainer richtete Denis Severin zunächst ein paar Worte ans Publikum und betonte, wie dankbar er für die Unterstützung seines Landes sei und dass neben den Schrecken des Krieges auch nicht übersehen werden dürfe, wie viel Liebe und Solidarität der Konflikt zum Vorschein bringe. Wunderbar passt dazu die tief melancholische Elegie des ukrainischen Komponisten Mykola Lyssenko, die er gemeinsam mit seinem Pianisten Nicolai Gerassimez zauberte. Beide verschmolzen über ihre Instrumente zu einer intensiven, wunderschön strömenden, sinnlichen Klangeinheit.

Jakob Spahn wiederum hatte ein Werk des Komponisten Samuel Coleridge-Taylor im Gepäck, der vor gut hundert Jahren lebte. Geboren in London, hatte er afrikanische Wurzeln und war daher zu dieser Zeit eine Ausnahmeerscheinung. Seine Variationen für Cello und Klavier h-Moll brachte Spahn zusammen mit Pianistin Dunja Robotti zu Gehör. Neben kraftvollen Akkorden und einer gehörigen Portion Virtuosität zum Schluss gab es hier auch Raum für verträumte Passagen.

Dazu passte perfekt dann der Abschluss von Attila Pasztor mit Nicolai Gerassimez. Sie musizierten die Introduktion et Polonaise Brillante (op. 3) von Frédéric Chopin. Mit viel Seele und großer Leuchtkraft verwandelten die beiden Künstler die Noten in mitreißende Klänge. Butterweich perlten die für Chopin so typischen Klavierläufe, beide Instrumente zeigten sich als sich gegenseitig inspirierende Partner. Musik der Romantik, wie sie schöner nicht sein kann – und alles zusammengenommen ein wunderbarer Beweis dafür, dass es nicht immer langer Wege bedarf, um großartige Musik genießen zu können. Der Cello-Akademie sei Dank.

Weitere Konzerte am 3., 4. und 5. November. Kartentelefon 0 71 52 / 3 19 54 77