Im Kreis Ludwigsburg läuft eine umfassende Protestaktion. Auch der Kreis Böblingen, darunter Leonberg, Renningen und Weil der Stadt, sind vom Auslaufen des Förderprogramms betroffen.

Seit sechs Jahren fördert der Bund deutschlandweit Kindertageseinrichtungen und deren Träger mit dem Ziel, so einen Beitrag zu Integration, Inklusion und Spracherziehung von Kindern zu leisten. „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ nennt sich das Programm, das nachhaltig die Qualität der integrierenden Kinderbetreuung stärken sollte.

 

Mit größter Sorge haben nun Rathauschefs im Kreis Ludwigsburg zur Kenntnis genommen, dass die Bundesregierung in ihrem Haushaltsentwurf für das kommende Jahr keinerlei Geld für die Fortsetzung des Projekts der Sprach-Kitas eingeplant hat. Erst 2024 soll die Förderung in Form des neuen Kita-Qualitätsgesetzes wieder aufgenommen werden. In einer Art Hilferuf wenden sich insgesamt 14 Verwaltungschefs an alle Bundestagsabgeordneten. Im Kreis Böblingen gibt es keine gemeinsame Protestaktion, jedoch kann sich jeder individuell an der laufenden bundesweiten Petition beteiligen.

Es geht um Teilhabe und Chancengleichheit

Sprach-Kitas sind nicht einfach nur Projekte zur Sprachförderung. Es geht um Teilhabe und Chancengleichheit und um das Wertschätzen sozialer Vielfalt, beschreibt es Tanja Kübler, Leiterin des Amts für Jugend und Soziales in Weil der Stadt. Wie Renningen und Leonberg gehört auch Weil der Stadt zu den Kommunen im Kreis Böblingen, die mindestens eine Sprach-Kita haben. Der geplante Wegfall der Bundesförderung für 2023 trifft sie hart.

Die Sprach-Kita in Weil der Stadt ist die Kita Kindertreff, in Renningen ist es die Kita Wiesenstraße. In Leonberg gibt es derzeit drei Einrichtungen in städtischer Trägerschaft, die am Projekt Sprach-Kita teilnehmen: das Martha-Johanna-Haus (mit zwei Projekten), das Halden-Kinderhaus und das Kinderhaus Spitalhof.

Hoher Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund

Schwerpunkte des Bundesförderprogramms sind sprachliche Bildung, inklusive Pädagogik sowie Zusammenarbeit mit Familien, erklärt Sebastian Küster, Sprecher der Stadt Leonberg. All das sowie die Sprachförderung selbst habe für Leonberg einen hohen Stellenwert, weshalb man es sehr bedaure, dass die Fördermittel vom Bund nicht mehr bereitgestellt werden. Um die Fördermittel zumindest teilweise kompensieren zu können, hat das zuständige Fachamt bereits zwei Stellen in Teilzeit mit dem Fokus Sprachförderung für das Haushaltsjahr 2023 beantragt.

Im Weiler Kindertreff ist die Sprachförderung von besondere Bedeutung. „Der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund ist dort überdurchschnittlich hoch“, erklärt Tanja Kübler. Dank der Förderprogramme konnte eine halbe Fachkraftstelle für die sprachliche Bildungsarbeit in der Kita finanziert werden. Aufgrund der Bedeutung dieser sprachlichen Bildung werde man die Fachkraft als „Sprach-Expertin“ weiter beschäftigen, auch ohne Bundesförderung. „Trotzdem ist es schade, dass der Bund in Zeiten, in denen viele Familien mit Fluchterfahrung in Deutschland ankommen, die finanzielle Unterstützung einstellt“, so Tanja Kübler.

„Die Sprach-Kita ist ein Ort der Begegnung“

Denn letztlich geht es um weit mehr als nur um Sprache, bekräftigt Daniel Dreeßen, Leiter der Abteilung Kinder und Familie im Renninger Rathaus. „Die Sprach-Kita ist ein Ort der Begegnung und bringt Menschen unterschiedlicher Kulturen zusammen“, sagt er. Das Projekt schaffe durch die zusätzliche Arbeitskraft Kapazitäten für interaktive und inklusive Aktionen – wie erst im Juli den „Trommelkreis“, bei dem Kinder, Erzieher und Eltern eingebunden waren.

Auch in Renningen kann die Sprachförderung dank des Landes weiter fortgeführt werden, auch ohne die Bundesförderung. Dann allerdings ohne wichtige Ergänzungen wie das Elterncafé und den Bastelnachmittag und auch ohne die Einbeziehung der Eltern. Dreßen selbst hat sich daher bereits an der bundesweiten Petition beteiligt, zusammen mit dem Bürgermeister Wolfgang Faißt will er sich persönlich noch an die Abgeordneten werden.