Ein richtiger Gewinner geht aus der Kandidatenvorstellung nicht hervor – wohl aber wird deutlich, dass es bei der Wahl am 3. Juli auf ein Duell zwischen zwei von ihnen hinauslaufen könnte.

Wer am längsten und lautesten beklatscht wird, der macht bei einer Wahl auch meistens das Rennen, heißt es – eine Faustregel, auf die auch Bürgermeister Daniel Töpfer (CDU) zu Beginn der Kandidatenvorstellung in der Strudelbachhalle aufmerksam macht. Vor fast genau acht Jahren hatte Töpfer, damals 25 Jahre alt, die Bürgermeisterwahl in Weissach mit rund 58 Prozent der Stimmen gewonnen. Zu einer zweiten Amtszeit tritt er nun nicht mehr an, dafür wollen aber vier andere auf den Chefsessel im Rathaus. Wer von ihnen am Sonntag, 3. Juli, die besten Chancen hat, dass lässt sich nach dieser öffentlichen Kandidatenvorstellung zumindest anhand des Applauses nicht so leicht feststellen – zumindest kristallisierte sich aber heraus, dass besonders zwei Anwärter die Nase vorne haben.

 

Technische Startschwierigkeiten

Gleich zu Beginn haben die vier Kandidaten jeweils 15 Minuten Zeit, sich und ihre Inhalte vor den Bürgerinnen und Bürgern, die einen Großteil der rund 500 Plätze ausfüllen, zu präsentieren. Dauerkandidat Helmut Epple macht den Start. Seine Redezeit, während der er mit technischen Schwierigkeiten und Unruhe im Publikum zu kämpfen hat, nutzt er nicht komplett aus, kommt dabei aber gleich auf eins seiner liebsten Themen zu sprechen: Die bei der insolventen Greensill Bank angelegten 16 Millionen Euro. Für die fordert er eine Schadensersatzklage, will außerdem für „Sauberkeit und Sicherheit“ sorgen, schießt gegen die Wohnbau Weissach und fordert mehr Bürgerentscheide.

Nur einer nutzt die ganzen 15 Minuten

Die beiden nächsten in der Reihenfolge der Kandidaten – der Weissacher Gemeinderat Pierre Michael und der Löchgauer Hauptamtsleiter Jens Millow – beweisen in ihren Präsentationen einen weitestgehend deckungsgleichen Themenkatalog. Die Vereine fördern, dem Personalmangel in den Kitas entgegentreten, Lücken im Rathaus füllen und, dem übergeordnet, auch ein respektvoller, wertschätzender Umgang mit Einwohnern, Verwaltungsmitarbeitern und Gemeinderäten haben beide auf ihrem Zettel. Während Michael, der als einziger Kandidat seine vollen 15 Minuten Redezeit ausschöpft, mit Ortskenntnis und Gemeinderatserfahrung punkten will, nennt Millow ein Best-Practice-Beispiel aus Löchgau nach dem anderen.

Letzter in der Runde und Überraschungskandidat bei dieser Wahl ist Ralf Ulrich, der in Weissach einen Gartenbau-Meisterbetrieb führt. Nach holprigem Start setzt er in der kürzesten Rede des Abends auf die Förderung des Mittelstands und eine Aufwertungs der Freizeit- und Naherholungsmöglichkeiten im Ort. Das würde dann auch die Attraktivität der Arbeitsplätze fördern.

Ein Duell kristallisiert sich heraus

Den viel größeren Teil des Abends macht im Anschluss aber die Fragerunde mit allen Kandidaten aus: Fast zwei Stunden nehmen die Bürgerinnen und Bürger die Kandidaten in die Mangel, kommen dabei auch auf unangenehme Themen zu sprechen, den Sparkurs oder die Unzufriedenheit mit dem Rathaus etwa. Auch Fragen aus dem Netz wirft Moderator Töpfer immer wieder ein. Mehr als 200 Zuschauer hat die Veranstaltung im Livestream auf Youtube teilweise.

Klar wird bei der Fragerunde aber auch, welche Kandidaten bei dieser Wahl am gefragtesten sind: Während einige sich an alle vier Anwärter richten, geht ein Gros der Fragen an Pierre Michael und Jens Millow. Ralf Ulrich bringt auf Nachfrage zwar auch die ein oder andere gute Idee mit, fokussiert sich mit seinen Antworten aber meist auf das immer gleiche, ganzheitliche Grundkonzept – Infrastruktur und Mittelstand stärken, um den Ort attraktiver zu machen. „Man muss die Umgebung fördern, damit sich die jungen Leute, die hier Arbeitsplätze belegen, auch wohlfühlen.“

Strohgäubahn, Personal im Rathaus und Einzelhandel sind Thema

Michael und Millow sind sich unterdes zwar im Groben oft einig, verfolgen im Detail aber andere Ansätze. Beide sind sich etwa der prekären Personallage im Rathaus bewusst, Michael fordert jedoch als einziger Kandidat das Wiedereinführen eines Personalrats. Auch in Sachen ÖPNV ist man sich einig, will sich für Busverbindungen und Radwege stark machen. Während das Weissacher Gemeinderatsmitglied aber „mit Fantasie und Herzblut“ nach Lösungen suchen will, um die Strohgäubahn zu reaktivieren, ist sein Konkurrent aus Löchgau skeptischer. „Die Idee hat Charme“, gesteht Millow. Die vielen Schleifen der Strecken seien aber auch mit viel Aufwand verbunden.

Dass man den Einzelhandel in den Ortsmitten stärken will, darüber sind sich die Teilnehmer weitestgehend einig. Nur Epple schert hier aus: „Man kann nur stärken, was lebensfähig ist“, sagt er. Auf die Frage, wie man die Vereine unterstützen will, fordert er einen Vereinsbeauftragten im Rathaus – ei Vorschlag, dem Jens Millow gleich gegensteuert. „Ich will der Ansprechpartner für die Vereine sein.“ Unterstützungspotenzial sieht er bei den Raummieten. Es sei eine Weissacher Spezialität, dass die Gemeinde hier Gebühren für Vereine erhebe.

Und nicht zuletzt werden auch Aufenthaltsorte für Jugendliche Thema an diesem Abend. Millow schlägt längere Öffnungszeiten des Jugendhauses vor, Michael setzt zudem anders an und wünscht sich einen Jugendgemeinderat. „Die Jugendlichen wissen selbst am besten, was sie brauchen.“