Martina Koch-Haßdenteufel ist seit zehn Jahren Erste Beigeordnete der Stadt. Nun will sie Nachfolgerin von Bürgermeister Georg Brenner werden. Sie setzt eigene Schwerpunkt und grenzt sich bei Bedarf zu ihrem Chef ab.

Gerlingen - Es gibt einen Satz, den Martina Koch-Haßdenteufel dieser Tage häufiger hört. „Sie hätten es verhindern können.“ Ob es um die verdichtete Bebauung des Träuble-Areals geht oder um das Breitwiesenstadion. „Ich bin Beigeordnete ohne Stimmrecht“, hält Koch-Haßdenteufel (parteilos) dagegen. Die Bebauung im Ortskern hatte der Gemeinderat beschlossen. Und die Sportstätten fallen nicht in das Dezernat, das sie in der Verwaltung verantwortet. Die Trainingsmöglichkeit wurde den Fußballern bereits entzogen, um dort eine Sporthalle zu bauen. Doch weil aus den Reihen der Bevölkerung Einspruch eingelegt wurde, liegt das Bauvorhaben vorerst auf Eis.

 

Die Frage sei, was man besser machen könne. „Man muss immer vom schlimmsten Fall ausgehen“, sagt die 49-Jährige. Mit dem Verweis, die Sportstätten nicht zu verantworten, will sie die Schuld nicht von sich weisen. Vielmehr will sie damit erklären, dass die Verwaltungsspitze in den vergangenen zehn Jahren deshalb ein gutes Team gewesen sei, weil sie und der Amtsinhaber sich nicht gegenseitig reingeredet hätten. Jeder hat seinen Verantwortungsbereich.

Verkehr ist eines ihrer Themen

Der Verkehr ist eines der Themen, das sie angehen wolle. Sie wolle wieder über die Brötchentaste in der Stadthalle nachdenken, um den Suchverkehr in der Innenstadt zu minieren. Das Radwegenetz solle verbessert werden, denn „die Gerlinger wollen das“. Es sei eines der Themen, die ihr in den Gesprächen während des Wahlkampfs zugetragen würden.

Allerdings würde sie in einen verbesserten Mobilitätsmix auch den öffentlichen Personennahverkehr einbeziehen, sagt sie. Sie wolle auf eine Veränderung der Tarifzonenstruktur hinwirken, Gerlingen solle von Zone zwei in die Zone eins verlagert werden. Das würde nicht nur grundsätzlich die Attraktivität steigern, sondern auch den Pendelverkehr in den angrenzenden Stuttgarter Stadtteil Giebel vermeiden. Die Fahrten der Gerlinger in die Landeshauptstadt würden damit günstiger gemacht.

Ditzingen und Korntal-Münchingen hätten die Zonenverlagerung ebenso umsetzen können. Der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) sei inzwischen offener bei dem Thema, lautet ihre Erfahrung. Letztlich aber sei entscheidend, ob der Gemeinderat wie in den anderen Kommunen auch bereit sei, den daraus resultierenden Einnahmeverlust für den VVS auszugleichen.

Auf über die Jahre gewachsenen Kontakten aufbauen

Die Menschen sollten sich auch weiterhin in der Stadt wohlfühlen und gut zusammenleben. Um für Familien attraktiv zu sein, müsse bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden, aber auch attraktive Kinderspielplätze. Dafür wolle sie eine Spielplatzkommission ins Leben rufen, denn „die Spielplätze sind in die Jahre gekommen“. Neue Seniorenwohnungen in der Ortsmitte steht ebenso auf ihrer Agenda wie ein modernes Jugendhaus.

Wichtig sei ihr aber auch eine nachhaltiges Gerlingen. „Was kann eine Stadt beitragen zur CO2-Reduktion?“ fragt sie. Auch sei zu überlegen, wie sich noch mehr Plastik reduzieren lasse. „Da sind die Gerlinger schon aktiv“ verweist sie etwa auf das Stadtmarketing. Sie wolle die Dinge zügig anpacken. Das Zaudern sei ihr fremd, lässt sie anklingen. Das habe sie auch bewiesen, als sie die Stelle der Ersten Beigeordneten vor zehn Jahren übernommen habe. „Ich habe Ruhe reingebracht“, sagt sie selbstbewusst. Die damalige Kämmereileiterin folgte ihrem abgewählten Vorgänger.

Sie ist für 232 Mitarbeiter in ihrem Dezernat verantwortlich. „Man kann nur etwas erreichen, wenn man es gemeinsam in Angriff nimmt“, sagt sie. Das bedeutet bisweilen eine Kooperation mit den Nachbarn – ob mit Leonberg im Pflegeverbund, mit Korntal für die Energieversorgung. „Wenn man schon länger im Rathaus arbeitet, ist die Kreativität vorhanden. Und man kennt sich.“

Bewerber

Sechs Namen stehen auf dem Stimmzettel. Neben Martina Koch-Haßdenteufel bewerben sich der Kommunalberater Dirk Oestringer und Reinhard Riesch. Koch-Haßdenteufel ist Erste Beigeordnete in Gerlingen. Reinhard Riesch war Bürgermeister von Weissach. Der Agraringenieur betreibt einen Gemüseladen. Zudem kandidieren die Dauerbewerber Ulrich Raisch und Samuel Speitelsbach sowie Martin Martz. Martz blieb der ersten und dritten öffentlichen Vorstellung fern. Auch Ulrich Raisch und Samuel Speitelsbach nahmen an der dritten Kandidatenvorstellung nicht teil.

Wahl

Die Bürgermeisterwahl ist am Sonntag, 1. Dezember. Ist ein zweiter Wahlgang erforderlich, ist dieser zwei Wochen später.