Landrat Bernhard zeigt sich schockiert. Der Betrieb steht schon länger unter Beobachtung.

Böblingen - Es sind Bilder, die keinen kalt lassen. Zuckende Ferkel auf dem Fließband. Kühe, die mit Elektroschocker-Stand vorangetrieben werden. Ein Schlachthof-Mitarbeiter, der einem Rind mit einem Stock mehrfach in den After stoßen. Und ein anderer Mitarbeiter, der ein Schwein tritt, mit einer Schaufel schlägt und dann einem Rohr ins Auge sticht.

 

Diese Bilder hat der Verein Soko Tierschutz in einem dreieinhalbminütigen Video zusammengeschnitten und am späten Freitagnachmittag auf seiner Facebookseite veröffentlicht. Sie sind – so die Aussage des Sprechers im Video – im Juni und Juli über mehrere Tage hinweg im Schlachthof Gärtringen entstanden.

Landrat zeigt sich schockiert

Das Video hat übers Wochenende vor allem in den sozialen Netzwerken hohe Wellen geschlagen. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Noch am Sonntag reagierte das Landratsamt Böblingen und berief für Montag eine Pressekonferenz ein. Zum einen ist das Veterinäramt des Kreises zuständig. Zum anderen wurden in dem Video auch direkte Vorwürfe gegen eine Amtstierärztin erhoben. Sie ist in dem Video mehrfach zu sehen, wie sie die Betäubung und Schlachtung von Schweinen beobachtet. Dass es sich bei dem Großteil der Bilder um Szenen aus Gärtringen handelt, haben mittlerweile das Landratsamt und der Betreiber bestätigt.

„Wir sind alle schockiert und sprachlos“, sagte Landrat Roland Bernhard am Montag auf der Pressekonferenz. Die Gewalt gegen die Tiere müsse schonungslos aufgeklärt werden. Man werde das Video intern auswerten und notwendige Folgerungen aus den Vorwürfen ziehen. Bernhard sprach im Zusammenhang mit den gezeigten Misshandlungen an Tieren von menschlichem Fehlverhalten und gravierenden Verfehlungen. Genau wie der Leiter des Veterinäramtes, Wilhelm Hornauer, sprach aber auch der Landrat von Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter.

Existenz der Aufnahmen seit Anfang August bekannt

Dass es diese heimlich aufgenommenen Bilder gibt, ist dem Landratsamt seit Anfang August bekannt. Das Investigativ-Magazin „Fakt“ des MDR habe eine entsprechende Anfrage gestellt. „Bevor wir uns dazu äußern, wollten wir das Material sehen“, berichtet Hornauer. Man habe die Aufnahmen aber nicht erhalten. Dennoch habe man die Kontrollen verdoppelt und das Team verstärkt. Er selbst habe das Video noch am Freitagabend gesehen. „Es war ein Schock, das zu sehen. Das, was da passiert, ist völlig inakzeptabel.“

Hornauer nahm aber auch die beschuldigte Amtstierärztin in Schutz. „Mehrere Sequenzen kommen mehrfach vor, jeweils nur aus unterschiedlichen Blickwinkeln gefilmt“, sagt der Veterinäramtsleiter. Dazu seien die Szenen abgeschnitten. „Immer genau da, wo man sehen kann, dass die Mitarbeiterin eingreift“, sagt er. Das habe er anhand von Handbewegungen erkannt. Die Mitarbeiter des Veterinäramtes überwachten in den Schlachthöfen das Betäuben und Töten der Tiere. „Es ist die Aufgabe der Mitarbeiter zu prüfen, ob die Betäubung tief genug ist“, erklärt Wilhelm Hornauer.

Schlachthof steht schon länger unter Beobachtung

Die Schweine würden mittels Elektroschock betäubt. Nach einer Starre trete häufig eine Phase mit starken Zuckungen auf. Die Tiere seien aber nach wie vor bewusstlos. „Die Bilder sehen fürchterlich aus. Mit Wissen kann man sie aber ein Stück weit erklären“, sagt der Veterinäramtsleiter. Er bezieht sich dabei aber nur einen Teil der Szenen. „Ich will nicht in die Schiene rutschen, dass ich das verteidigen würde. Das Fehlverhalten in anderen Sequenzen ist von uns nicht zu dulden“, sagt Hornauer.

Der Schlachthof in Gärtringen steht indes schon länger unter Beobachtung. „Uns ist bekannt, dass dort nicht alle tierschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten werden“, sagt Roland Bernhard. Dazu gehörten etwa bautechnische Mängel am Gebäude. „Es gibt ein ganzes Bündel an Anordnungen für den Schlachthof“, verdeutlicht der Landrat. Anfang des Jahres habe man zudem Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet. „Wir prüfen, den Schlachthof stillzulegen“, sagt Roland Bernhard. „Es muss alles getan werden, damit das aufhört.“ Das Tierwohl stehe an erster Stelle. Man müsse aber auch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwarten. Heikel daran: Die Soko Tierschutz hat Strafanzeige gestellt wegen Verstoßes gegen Paragraf 17 des Tierschutzgesetzes. Die Anzeige richtet sich nicht nur gegen den Betreiber des Schlachthofs, sondern auch die Vertreter des Veterinäramts im Böblinger Landratsamt, die für dessen Überwachung zuständig sind.

Betreiber kritisiert zusammengeschnittene Szenen

Der Leiter des Gärtringer Schlachthofs, Wilhelm Dengler, sagte dem SWR, man werde den Vorwürfen nachgehen. Sollte sie stimme, sei das nicht akzeptabel. Er verwies aber auch darauf, dass die Bilder über einen längeren Zeitraum entstanden und „ganz bewusst“ zusammengeschnitten worden seien. „Und das gibt dann dieses verheerende Bild, das das in dem Video rüberkommt“, so Dengler laut SWR.