Der Verband Region Stuttgart will klären lassen, ob die S-Bahn S 60 öfter von Renningen nach Böblingen fahren kann. Die Kreistagsfraktionen von CDU und Grüne wollen die Linie ausbauen.

Böblingen/Renningen - Den Stau auf der Bundesstraße 464 sieht Helmut Noë oft vom Fenster aus – wenn er mit der S 60 aus dem Renninger Bahnhof in Richtung Böblingen fährt. Wie notwendig eine Takterhöhung auf dieser S-Bahn-Linie ist, hält der CDU-Kreisrat für offensichtlich. Im Herbst beantragte seine Fraktion deshalb die Einführung des 15-Minuten-Takts für die S 60. Auch die Grünen wollen das Angebot auf der Strecke von Leonberg nach Böblingen verbessern. Und der Landrat hat im April mit der IHK-Bezirkskammer einen konzertierten Vorstoß in dieser Sache vereinbart. Immerhin hat der Verband Region Stuttgart jetzt eine Machbarkeitsstudie für die Takterhöhung ausgeschrieben. Ergebnisse gibt es aber frühestens in einem Jahr.

 

Nur die S 60 kommt nicht zum Zug

Bis zum Jahr 2020 wird der 15-Minuten-Takt flächendeckend im VVS-Gebiet eingeführt – nur die S 60 kommt nicht zum Zug. Sie verkehrt zwischen Renningen und Böblingen weiterhin nur alle halbe Stunde. Für die Kreis-CDU ein klarer Standortnachteil: „Wir drängen auf die Takterhöhung, weil es enorm wichtig für den weiteren Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ist“, sagt Helmut Noë. Um der angespannten Verkehrslage im Kreis Böblingen gerecht zu werden, muss nach Ansicht seiner Fraktion der ÖPNV entsprechend attraktiver werden. Gerade zwischen Leonberg und Böblingen seien viele Pendler unterwegs. „Aber es gibt Fahrplanlücken, und dann hängt man am Renninger Bahnhof für 20 Minuten fest“, erklärt der Kreisrat ein weiteres Problem.

Um diese Wartezeiten abzuschaffen, fordert Roland Bernhard die Durchbindung der Pendelfahrten von Böblingen bis nach Leonberg am Wochenende und an Feiertagen sowie in den Nebenverkehrszeiten. Die im Juni 2010 in Betrieb gegangene S 60 ist keine vollständige Linie: Die Züge werden in Renningen geteilt, der vordere Teil fährt als S 6 in Richtung Weil der Stadt, der hintere als S 60 nach Böblingen. Nach Vorstellung der Grünen soll auf das Teilen künftig verzichtet werden. Als Kurzzug sei die S 60 außerdem an ihre Kapazitätsgrenzen angelangt. Wie die CDU haben auch die Grünen den Antrag mit Blick auf den Stau auf den Bundesstraßen 464 und 295 gestellt. „Selbst mit Verbesserungen kann der Knotenpunkt nicht so viele Autofahrer verkraften, wie dort fahren wollen“, sagt der Fraktionsvorsitzende Roland Mundle.

Praktisch ist, dass weder die Forderungen noch deren Umsetzung den Kreis Böblingen direkt etwas kosten würden. Denn bei Ausbauten von bestehenden S-Bahn-Strecken oder Takterhöhungen zahlt die Region. „Wir brauchen zusätzliche Infrastruktur“, erläutert Jürgen Wurmthaler das Hindernis für mehr S-Bahnen auf der Strecke aus Sicht des Regionalverbands. Mit stattlichen Beträgen rechnet der Direktor für die Bereiche Wirtschaft und Infrastruktur – Schätzungen liegen keine vor. Die Machbarkeitsstudie soll darüber Aufschluss geben. Auch ein mögliches Umlaufkonzept, der dafür erforderliche Fahrzeugbedarf sowie eine mögliche Wechselwirkung zur geplanten Hermann-Hesse-Bahn sollen Gegenstand der Untersuchung sein.

Takterhöhung wirkt sich positiv aus

Der Vorschlag der Grünen, der von der Regionalversammlung vor zwei Jahren mit knapper Mehrheit abgelehnt wurde, soll bei der nächsten Fahrplankonferenz im Herbst wieder thematisiert werden, verspricht Wurmthaler. „Es handelt sich um die klassische Problematik zwischen Zuverlässigkeit und ausgebautem Angebot“, sagt er. Je öfters die S-Bahnen fahren, desto kleiner werden die Verspätungs-Puffer. Ein Trostpflaster hat er zu bieten: Wenn die S 6 aufgrund der allgemeinen Takterhöhung von 2019 an alle 15 Minuten fährt, verbessert sich werktags auch die Anschlusssituation in Renningen, erklärt der Verbandsdirektor. Helmut Noë ist überzeugt davon, dass sich die ÖPNV-Nutzer einfach nur in Geduld üben müssen: „Die Chancen sind gut“, glaubt Noë. Er rechnet mit einem Ausbau des Angebots im Jahr 2023.

Reform der Tarifzonen

Debatte
Das 40 Jahre alte Tarifsystem des Verkehrsverbunds Stuttgart (VVS) soll vereinfacht werden – von 52 Tarifsektoren und sieben Tarifringen auf künftig nur noch fünf Tarifringe. Damit würde das S-Bahn-Fahren billiger, ein Ticket von Böblingen nach Stuttgart würde beispielsweise 4,20 Euro statt 5,30 Euro kosten. Auch die Querverbindung innerhalb des Kreises mit der S 60, etwa von Weil im Schönbuch nach Leonberg, käme dann durchschnittlich ein Viertel günstiger. Mit der Reform sollen die Fahrgastzahlen um zwei bis drei Prozent gesteigert werden. Die neuen Preise sollen zum 1. April 2019 eingeführt werden.

Kosten
Rund 40 Millionen Euro kostet es, die Tickets auf diese Weise billiger zu machen. Bezahlen müssen es die Gesellschafter, zu denen alle Landkreise um Stuttgart sowie die Landeshauptstadt und das Land gehören. Der Böblinger Anteil steht noch nicht fest, das Landratsamt rechnet wegen der im Vergleich zu den anderen Kreisen hohen Einwohnerzahl mit 50 Prozent. Am Dienstag, 8. Mai, findet dazu eine Klausurtagung des Kreistags im Böblinger Landratsamt statt. Dabei wird die Reform vorgestellt – und ihre Finanzierung diskutiert.