Die Stadt Rutesheim belässt es nicht bei einem Anbau für zwei Schlafräume am Kindergarten in der Richard-Wagner-Straße. Im Obergeschoss werden nun auch zwei kleine Wohnungen errichtet.

Rutesheim - Der Kindergarten an der Richard-Wagner-Straße in Rutesheim bekommt nicht nur einen eingeschossigen Anbau mit zwei Schlafräumen für die Kleinen, sondern als zweites Geschoss werden zwei kleine Wohnungen mit etwa 35 Quadratmetern Wohnfläche errichtet. Das hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig beschlossen.

 

Im November vergangenen Jahres hatte der Erste Beigeordnete der Stadt Rutesheim, Martin Killinger, zu dessen Ressort auch die Kinderbetreuung zählt, die Bedarfsplanung an Betreuungsplätzen für die Kleinen in den kommenden Jahren dem Gremium vorgelegt. Am 6. Dezember hatte der Technische Ausschuss gleich Nägel mit Köpfen gemacht. Einstimmig wurde beschlossen, den Kindergarten an der Richard-Wagner-Straße um einen Anbau in Holzständer- oder Holzelementbauweise zu ergänzen, in dem 40 Schlafplätze eingerichtet werden können.

Eltern schätzen Ganztagsbetreuung

Zu den Erkenntnissen in der Fortschreibung der Bedarfsplanung für die Kinderbetreuung gehörte, dass die Eltern die Ganztagsbetreuung ihrer Sprösslinge in der Kita dem Angebot der verlängerten Öffnungszeiten vorziehen. Das heißt, dass im Kindergarten in der Richard-Wagner-Straße mit den Schlafräumen für die beiden Kindergartengruppen die bisherige Betriebsform „Verlängerte Öffnungszeiten“ zu einer „Ganztagsbetreuung“ umgewandelt wird.

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Das Stadtbauamt unter der Leitung von Stadtbaumeister Bernhard Dieterle-Bard hatte dazu eine Vorplanung erarbeitet, doch nun gehen auf Vorschlag des Amtes der Gemeinderat und die Verwaltung einen Schritt weiter und erlegen gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe.

Warum nicht Grund und Boden besser ausnutzen, Rücklagen in Immobilien anlegen, um Verwahrentgelt zu reduzieren – und dabei auch noch bezahlbaren Wohnraum schaffen? Hinzu kommt, dass mit dauerhaften Mieteinnahmen gerechnet werden kann; Erzieherinnen und Erzieher oder sonstige Mitarbeiter, vor allem aus der Sozialstation, können durch attraktiven Wohnraum an die Stadt gebunden werden. Und nicht zuletzt ist jemand abends und am Wochenende vor Ort, um das Gelände im Blick zu haben, lauten die Überlegungen.

Grund und Boden besser nutzen

Ein Pultdach mit extensiver Dachbegrünung, eine Ausrichtung der Wohnräume nach Süden und ein baulicher Sonnenschutz durch Balkone für die Schlafräume im Erdgeschoss führen dazu, dass ein sommerlicher Wärmeschutz gegeben ist.

Doch umsonst gibt es das Ganze nicht. Die Kosten für das Vorhaben werden auf brutto 892 000 Euro geschätzt. Die Mehrkosten für die beiden Wohnungen liegen bei rund 457 000 Euro – was unter anderem durch zusätzliche Installationen und Versorgung mit Wasser und Abwasser sowie aufwendigere Planungen bedingt ist.

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Die Neuausrichtung des Vorhabens führt auch zu einer Verlängerung der Bauzeit. Beabsichtigt war, die Planung und Ausschreibung bis April abzuschließen und im Mai mit dem Anbau zu beginnen. Die Fertigstellung war bis Februar 2023 vorgesehen. „Das sind jetzt völlig andere Voraussetzungen, da müssen ganz andere Fachleute hinzugezogen werden“, sagt Bernhard Dieterle-Bard. Der Projektleiter im Bauamt, Andreas Hofmann, sei gerade dabei, einen neuen Zeitplan für die Baustelle zu erarbeiten. „Hinzu kommen noch die Unsicherheiten bei der Belieferung mit den nötigen Baustoffen und sonstigen Materialien“, gibt der Leiter des Bauamtes zu bedenken.

Wohngemeinschaften sind wenig gefragt

„Warum nicht eine große Wohnung, die dann als Wohngemeinschaft vermietet wird?“, meint der Grünen-Fraktionssprecher Fritz Schlicher. Eine Drei-Zimmer-Wohnung wäre für zusätzlich 375 000 Euro machbar. „WGs sind kaum gefragt“, sagt die Bürgermeisterin Susanne Widmaier. Eine Umfrage bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Azubis der Stadt, für die die Wohnungen gedacht sind, habe ergeben, dass diese sich dann in einer Lebensphase befinden, in der sie individuelles Wohnen vorziehen.

Zumindest für den Anbau der Schlafräume an den Kindergarten hatte sich die Stadt Hoffnung auf Zuschüsse des Landes gemacht. „Nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart mitgeteilt hat, dass das Investitionsprogramm für die Kinderbetreuungsfinanzierung massiv überzeichnet ist, kann nicht mit Fördermittel für diesen Anbau gerechnet werden“, bedauert Martin Killinger.