Krankenhäuser haben angesichts der Coronalage Besucherstopps verhängt. Das missfällt Angehörigen, wie ein Fall aus Gerlingen zeigt. Trotzdem gibt es Kliniken, die andere Wege gehen.

Gerlingen/Leonberg/Ludwigsburg - Rainer Horn ist irritiert. Vor Kurzem wollte er in den Kliniken Schmieder in Gerlingen einen Freund besuchen. Wie vom Krankenhaus vorgeschrieben, buchte er online einen Termin – der wenig später storniert wurde: Wegen Coronafällen verhängt die Klinik bis vorläufig einschließlich 9. Februar einen Besucherstopp.

 

„Diese Entscheidung halte ich im Sinne der Patienten wie Besucher für falsch“, sagt Rainer Horn, der seinen Unmut auch der Geschäftsleiterin kundtat. „Nach meiner Einschätzung ist es sehr unwahrscheinlich, dass Besucher für die Patienten eine Gefahr darstellen.“ Schließlich gebe es viele Schutzmaßnahmen. Bis zum Stopp gab es zum Beispiel 2G-plus-Auflagen, nur drei Besuchstage und maximal einen Besucher pro Patient je Besuchstag. Rainer Horn sagt, er halte den Schaden durch das Besuchsverbot für wesentlich höher: Die Patienten seien isoliert. Er befürchtet negative Auswirkungen auf deren psychische Situation und damit den Rehabilitationserfolg.

Hygieneregeln werden missachtet

Die Geschäftsleiterin Miriam Thiel, zuständig für die drei Stuttgarter Standorte, ist anderer Ansicht. Den Erfahrungen nach könnten sich auch vollständig geimpfte und geboosterte Personen weiter mit dem Coronavirus anstecken und es verbreiten. „In unserem Haus betreuen wir sehr vulnerable Patienten, die es weiterhin bestmöglich vor einer Ansteckung zu schützen gilt.“ Zudem habe man festgestellt, dass während der Besuche die Hygieneregeln nicht durchgängig eingehalten würden, wie etwa die FFP2-Maske kontinuierlich zu tragen.

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In Gerlingen traten mehrere Coronafälle auf, die letztlich zum klinikweiten Besucherstopp führten: Am 22. Januar zählte die Klinik auf einer Station sechs Fälle, die Woche drauf zwei Einzelfälle auf zwei Stationen. Auf der Satellitenstation im Klinikum Stuttgart sind „aus Sicherheitsgründen“ auch seit 28. Januar die Besuche vorerst eingestellt. An der frischen Luft können sich Patienten und Besucher grundsätzlich treffen. „Allerdings beobachten wir, dass sich die Besucher und Patienten aufgrund der aktuellen Wetterlage vermehrt in den Autos treffen und dabei keine Schutzmaßnahmen einhalten“, so Thiel.

Besuchsverbote anderswo schon länger

Außerdem macht die Klinik innerhalb des Gebäudes Ausnahmen. „Bisher hat uns eine Handvoll Beschwerden erreicht, die wir selbstverständlich nach medizinischen und sozialen Aspekten prüfen“, sagt Miriam Thiel. Stelle man „nach ausführlicher Prüfung“ fest, dass ein Besuch unabdingbar sei, würden unter Auflagen wie der 2G-plus-Regel Sonderbesuche zugelassen. Wer Sonderbesuche bekommt, wird danach sieben Tage lang auf Corona schnellgetestet. Insgesamt, sagt Miriam Thiel, zeigen die Patienten Verständnis für die Situation. In Kontakt mit ihren Liebsten bleiben viele nun über Videotelefonie – in der Klinik gibt es ein WLAN-Netz. Dagegen ist das Freizeitangebot zurzeit eingeschränkt.

In den Krankenhäusern in Leonberg und Ludwigsburg empfangen Patienten bereits seit 25. und 17. November nur in wenigen Ausnahmefällen Besuch – bei Geburten oder wenn Kinder krank sind. „Uns ist bewusst, dass dies für Patienten und Besucher eine außergewöhnliche Belastung darstellt, aber die Inzidenzen sind einfach viel zu hoch, um hier über Lockerungen nachzudenken“, sagt Ingo Matheus, der Sprecher des Klinikverbunds Südwest, zu dem auch Leonberg gehört. Bislang habe es am Höhepunkt jeder Coronawelle Besuchsverbote gegeben. Nun müsse man die Kliniken „erst recht schützen, zumal wir aufgrund der sehr ansteckenden Omikronvariante vermehrt Mitarbeiterausfälle zu verzeichnen haben“.

Patiententelefone vorerst umsonst

Bis die pandemische Lage wieder mehr Besuch in den insgesamt sechs Klinken des Verbunds zulässt, helfen Soldaten der Bundeswehr aus: Sie bringen Dinge des täglichen Bedarfs oder Geschenke von Angehörigen zu den Stationen. Und die sonst kostenpflichtigen Patiententelefone auf den Zimmern sind vorerst umsonst.

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Ludwigsburg hat seit dem Beginn der Pandemie den vierten Besucherstopp. Der Sprecher Alexander Tsongas sagt: „Zum Schutz der Patienten und auch der Mitarbeiter ist jede zusätzliche Gefahr einer Ansteckung, vor allem vor dem Hintergrund der Belastungsgrenze systemrelevanter Einrichtungen wie einem Krankenhaus, zu vermeiden.“ Wie man unschwer an der Omikronvariante sehen könne, bestehe durchaus die Gefahr, dass trotz Einhaltung der Regelungen eine Infektion möglich sei.

Auf der Schillerhöhe sind Besucher willkommen

Nur ein Steinwurf entfernt von den Kliniken Schmieder sieht die Welt anders aus: Die Klinik Schillerhöhe erlaubt Besucher, wenn sie 2G-plus erfüllen – wobei auch Geboosterte einen Test brauchen. In Ausnahmefällen dürfen getestete Ungeimpfte rein. So habe man entschieden, als die Inzidenz stieg und es Coronaausbrüche durch Besucher gab, sagt der medizinische Geschäftsführer Dominik Alscher. Auch wird das ganze Personal regelmäßig getestet. „Das gibt uns ein hohes Maß an Sicherheit.“ Zugleich könne man Patienten soziale Kontakte ermöglichen.

Dominik Alscher sagt, man orientiere sich am internen Ausbruchsgeschehen. „Wenn wir vermehrt Risiken sehen, verschärfen wir die Regeln“, betont er. Und berichtet von einer derzeit anderen Situation als bisher: Trotz hoher Inzidenzen kämen weniger Coronapatienten im Krankenhaus an. Das größere Problem sei, das Personal vor Corona zu schützen und damit das Krankenhaus vor Personalausfällen.