Nach einer halbjährigen Vakanz ist die Position der Ersten Bürgermeisterin der Stadt Leonberg wieder besetzt. Der Gemeinderat wählt Josefa Schmid mit sehr knapper Mehrheit.

Leonberg - Es ist 19.43 Uhr am Dienstagabend, da wird die magische Zahl genannt: 17. So viele Stimmen hat die Kandidatin benötigt, um zur Ersten Bürgermeisterin der Stadt Leonberg gewählt zu werden. Josefa Schmid hat es geschafft: Nach einem ein halbes Jahr andauernden harten politischen Tauziehen, das nicht nur ihr an die Nerven gegangen ist.

 

17 Ja-Stimmen, doch 16 Voten gegen sie. Diese kommentiert die gewählte Bürgermeisterin mit professionellem Humor: „Ich habe gehört, dass in Leonberg die Ersten Bürgermeister traditionell knapp gewählt werden“, spielt sie auf die in der Tat engen Resultate ihrer Vorgänger an.

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Selbst jener Vorgänger, der dann doch keiner war, hatte nur hauchdünn gewonnen. Im November lag Maic Schillack aus Neustadt in Niedersachsen nur eine Stimme vor dem langjährigen Amtsinhaber Ulrich Vonderheid. Josefa Schmid war auch damals schon in die engere Auswahl gekommen. Die Stichwahl verpasste sie wiederum ebenfalls um nur ein Votum.

„Damals war ich mit dem Bewusstsein nach Hause gefahren, dass ich Leonberg wahrscheinlich nie mehr wiedersehe“, erzählt sie heute. Doch es kam anders. Schillack sagte an Weihnachten ab, die Stelle war also urplötzlich wieder frei und wurde neu ausgeschrieben. Schmid warf abermals den Hut in den Ring und schaffte es unter die letzten Drei.

Die Karten werden neu gemischt

Doch dann kam alles anders. Zwei ihrer Mitbewerber sagten kurzfristig ab, nur die Kandidatin aus Niederbayern blieb übrig. Zu wenig Auswahl, meinten die Grünen und forderten eine dritte Ausschreibung der Bürgermeisterposition. Doch die Mehrheit im Gemeinderat blieb beim geplanten Wahltermin am 13. April. Just an diesem Tag klagte eine Leonbergerin beim Verwaltungsgericht gegen die Wahl: Sie fühle sich benachteiligt. In weiten Teilen des Gemeinderates herrschte blankes Entsetzen. Es wurde gar gemutmaßt, nicht alles ginge mit rechten Dingen zu.

In der vergangenen Woche die erlösende Nachricht des Verwaltungsgerichtes: Der Antrag der Klägerin wurde abgewiesen. Die verschobene Wahl konnte wie geplant am 4. Mai stattfinden. Doch nicht wenige im Gemeinderat misstrauen dem Frieden: Platzt am Ende doch noch eine juristische Bombe?

Josefa Schmid kämpft für den „Traumjob“

Die Kleidungsordnung des Oberbürgermeisters am Dienstagabend ist das erste Indiz dafür, dass alles nach Plan läuft. Martin Georg Cohn trägt entgegen seiner Gepflogenheiten eine Krawatte: ein besonderer Anlass. Er beginnt überpünktlich. Schon um 18.59 Uhr eröffnet der OB die Sitzung und versichert sogleich, dass die Wahl stattfinden werde, der er einen „guten Verlauf“ wünscht.

Josefa Schmid, die bereits bei der ersten Wahlrunde im November mit einer originellen Vorstellung punktete, hat sich erneut sehr viel Mühe mit ihrer Präsentation gegeben. Die stellvertretende Leiterin des Bundesamtes für Migration für Niederbayern war in den vergangenen Wochen mehrfach nach Leonberg gekommen, hatte sich bei den Fraktionen vorgestellt und deren Präferenzen erfragt.

Josefa Schmid will ihr neues Amt „mit Herzblut“ ausführen. Foto: Simon Granville

Ein „Traumjob“ ist für sie die Position der Ersten Bürgermeisterin mit den Dezernaten Finanzen, Soziales und Ordnung. Sie will sparen, aber mit der konsequenten Nutzung von Bundes- und Landeszuschüssen dennoch Gestaltungsspielräume ermöglichen. Den Stadträten verspricht die FDP-Politikerin Überparteilichkeit und einen konstruktiven Dialog, „in dem Zuhören und Verstehen selbstverständlich ist“. Dem Oberbürgermeister, der sich in den vergangenen Wochen nicht eben als ihr Fürsprecher hervorgetan hatte, will sie „eine verlässliche Partnerin in allen Fragen der Stadtverwaltung“ sein und ihren kreativen Geist einbringen.

Schmid freut sich auf Herausforderungen

Der Gemeinderat reagiert mit wohlwollendem Klopfapplaus. Dann gibt es die Gelegenheit zum Nachfragen. Ronald Ziegler von den Grünen spricht Schmids Tätigkeit als Interimsleiterin des Bundesamtes für Migration in Bremen an. Dort hatte sie die Zahl von mehr als 2000 bearbeiteten Asylanträgen bemängelt. Tatsächlich unkorrekt war offenbar aber nur ein Bruchteil davon.

„Es war meine Pflicht, mögliche Unregelmäßigkeiten zu melden“, erklärt Schmid. Für ihre Feststellung, dass es „in Leonberg andere Aufgaben gibt“, erhält sie im Gremium Applaus.

Christa Weiß (SPD) will wissen, ob Schmids Funktion als ehrenamtliche Bürgermeisterin im kleinen Kollnburg mit den Aufgaben in Leonberg vergleichbar seien. Die Strukturen seien ähnlich, antwortet Josefa Schmid. „Leonberg ist natürlich viel größer. Das ist ja die Herausforderung.“ So geht das eine Weile hin und her, die Kandidatin bleibt stets sachlich.

Eine sehr knappe Entscheidung

19.36 Uhr: Der OB eröffnet die geheime Wahl. Die Stadträte gehen in Kabinen. Sieben Minuten später die Entscheidung. Martin Georg Cohn überreicht der künftigen Kollegin einen Blumenstrauß.