Die Leonberger Feuerwehr hat sich über Jahre hinweg intensiv auf die Baustelle im Engelbergtunnel vorbereitet.

Leonberg - Für Wolfgang Zimmermann ist das gar keine Frage. „Es wird Unfälle geben“, sagt der Gesamtkommandant der Leonberger Feuerwehr über die zweite Phase der Baustelle am Engelbergtunnel, die am Ostersonntag, 4. April, beginnen soll. „Die Frage ist eher, wann wird es zu Unfällen kommen und wo.“

 

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Baustellen auf Autobahnen bergen immer ein erhöhtes Unfallrisiko, vor allem, wenn die Fahrspuren verengt werden. Eine kleine Unaufmerksamkeit, oder ein riskanter Spurwechsel – schon kracht es. Im Fall des Engelbergtunnels erhöht sich das Risiko aber durch zwei Dinge: In jeweils einer Röhre wird es in den vier Jahren Bauzeit immer Begegnungsverkehr geben. Vor allem aber ist der 2,5 Kilometer lange Tunnel selbst der höchste Risikofaktor. „Es können sich bis zu 1000 Leute gleichzeitig im Engelbergtunnel aufhalten“, erklärt Zimmermann.

Alarm für alle Feuerwehren im Umkreis

Bei einem Verkehrsunfall sei oftmals das größte Problem, dass die Rettungskräfte nicht schnell genug zur Unfallstelle vordringen. Kommt es aber zu einem Brand im Tunnel, dann wird es brenzlig. In solchen Fällen werden deshalb gleich alle Feuerwehren im Umkreis alarmiert. „Wenn wir erst vor Ort feststellen, dass wir mehr Hilfe brauchen und erst dann alarmiert würde, kommt ja keiner mehr durch und es wäre wertvolle Zeit verloren gegangen“, erläutert der Kommandant.

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Der Engelbergtunnel liegt im Zuständigkeitsbereich der Feuerwehren von Leonberg und Gerlingen, die sich über mehrere Jahre hinweg intensiv auf die vier Jahre dauernde Großbaustelle vorbereitet haben. Beide Feuerwehren wurden dabei über das Regierungspräsidium Stuttgart ausgestattet, in dessen Zuständigkeitsbereich der Tunnel und die Autobahnen bis Ende 2020 lagen. So gab es für beide Feuerwachen eine Videowand, auf der die Bilder der Überwachungskameras in den Röhren sowie drum herum gezeigt werden können. Darüber lässt sich die Lage vor Ort schon vor dem Eintreffen der Rettungskräfte genau erfassen.

Zerlegbares Tunnelmodell

Leonberg wurde zudem mit einem sechs Meter langen und zerlegbaren Tunnelmodell ausgestattet, das bei Übungen aber auch im Ernstfall genutzt werden kann. Außerdem wurde für die Tunnelbaustelle ein Abrollbehälter mit Spezialausrüstung angeschafft. Dieser ist ebenso wie ein Lüftungsroboter in Höfingen stationiert. Mit der Feuerwache verbunden ist zudem der Thermoscanner. Dieser erfasst über eine Wärmebildkamera die Temperatur von Gefahrguttransporten. Ist die Temperatur zu hoch, löst dies einen Alarm aus. Zudem wird der Lkw angehalten, bevor er in den Tunnel fahren kann. Möglich ist dies nur auf Leonberger Seite und zwar auf einer extra Spur in der Überleitung aus Richtung Karlsruhe kommend.

Dazu werden Gefahrguttransporte, die aus Richtung München kommen, über die Abfahrt Leonberg-West umgeleitet und von dort zurück zum Tunnel. „Das Gerät ist seit Dienstag im Einsatz und funktioniert“, berichtet der Kommandant. Einen Alarm gab es bislang nicht. 600 bis 800 solcher Gefahrguttransporte passieren den Engelbergtunnel täglich.

Schulung in der Schweiz

Ein großer Teil der Vorbereitung bestand jedoch darin, die Feuerwehrleute für den Ernstfall zu schulen. „Wir waren dazu vor knapp zwei Jahren mit 150 Leuten in der International Fire Academy in der Schweiz“, berichtet Wolfgang Zimmermann. Das ist das einzige Übungszentrum für Tunnelbrandbekämpfung in Europa. Im Anschluss fand eine gemeinsame Großübung mit den anderen Blaulicht-Organisationen im Engelbergtunnel statt. „Da wurde die Baustellensituation simuliert“, berichtet der Kommandant. Also die vergenten Fahrspuren und der Gegenverkehr. „Das hat hervorragend geklappt.“

Alle Aktiven der Leonberger und Gerlinger Feuerwehr haben immer wieder entsprechende Szenarien geübt und sind das Vorgehen im Ernstfall durchgegangen. Da der Baustellenstart für April 2020 anvisiert war, war man schon vor Beginn der Coronapandemie gut vorbereitet.

Auch 400 Mitglieder der umliegenden Feuerwehren von Weil der Stadt bis Korntal-Münchingen wurden entsprechend geschult. „Das ist vielleicht das einzig Gute an Corona: Dass das Thema Digitales bei der Feuerwehr so vorangebracht wurde“, sagt Zimmermann. Denn die 400 Wehrleute wurden gleichzeitig in einem Online-Workshop geschult.