Für das geplante Neubaugebiet wird eine große Fläche benötigt. Diesen Verbrauch muss die Stadt Weil der Stadt ausgleichen. Nur wo? Der hochwertige Naturraum erschwert eigene Ausgleichsmaßnahmen. Es gibt Kritik am fehlenden Ökopunkte-Konto.

Weil der Stadt - Auf rund 10,5 Hektar plant Weil der Stadt das Neubaugebiet Häugern-Nord am westlichen Stadtrand Richtung Merklingen. Weil dadurch eine Fläche von 8,5 Hektar neu bebaut wird, muss die Keplerstadt dies durch Maßnahmen für den Arten- und Naturschutz ausgleichen. Das ist aber gar nicht so einfach.

 

Denn Weil der Stadt hat ein Problem, das eigentlich ein Luxusproblem ist: Auf der Hälfte der Gemarkung seien bereits Landschafts- oder Naturschutzflächen oder FFH-Gebiete, also Fauna-Flora-Habitate, erklärte der Erste Beigeordnete der Stadt, Jürgen Katz, jüngst in der Gemeinderatssitzung. Andere Kommunen hätten oft deutlich weniger unter Schutz gestellt. „Wir sind da im Landkreis ganz weit oben“, sagte Katz. Es sei schwierig, „da noch einen draufzusetzen“.

Maßnahmen reichen nicht aus

Trotzdem habe man am Talackerbach im Gewann Kappeläcker und im Gewann Spätengrund drei Hektar Flächen gefunden, auf denen Streuobstwiesen angelegt werden können. Zudem sollen Hecken auf einem Hektar Fläche an der Ostelsheimer Steige aufgewertet und gepflegt werden.

Dies alles reicht aber nicht als Ausgleichsmaßnahme für Häugern-Nord. Denn wegen seiner Größe und der Lage in einem sehr hochwertigen Naturraum stellt das künftige Neubaugebiet einen großen Eingriff in die Natur dar, der sich trotz dieser Ausgleichsmaßnahmen auf eigener Gemarkung nur schwer ausgleichen lasse, heißt es dazu.

Und jetzt zeigt sich ein weiteres Problem der Stadt. Anders als andere Kommunen verfügt sie nicht über ein sogenanntes Ökopunkte-Konto. In der Nachbarschaft ist beispielsweise die Stadt Heimsheim gerade dabei, ein solches einzurichten. Die Stadträtin Sabine Holmgeirsson (Grüne) kritisierte die Weil der Städter Verwaltung dafür. „Ein Ökopunktekonto sollte längst existieren. Wir können durch viele Maßnahmen selbst Punkte generieren“, sagte sie und nannte als Beispiele Waldrefugien, Heckenpflege und das Aufwerten von Wiesen. Auch im Landschaftsschutzgebiet gebe es Flächen, die man noch aufwerten könne. Jürgen Katz stellte in Aussicht, dass sich in dieser Sache bald etwas tut. „Glauben Sie mir, ich wäre auch gern sehr viel weiter“, antwortete er.

Eine Million Ökopunkte dazukaufen

Als er vor gut zwei Jahren sein Amt als Erster Beigeordneter bei der Stadt antrat, habe es zu dem Thema nichts gegeben. „Wir haben uns auf den Weg gemacht, um überhaupt Grundlagen für ein Ökopunkte-Konto zu schaffen“, erklärte Katz. Man arbeite bereits an einem Landschaftsentwicklungsplan. „Gehen Sie davon aus“, sagte er in Richtung Gemeinderat, „dass wir alle weiteren Dinge, die wir eventuell noch machen, aus unserem eigenen Ökopunkte-Konto bestreiten.“

So muss die Stadt jetzt die nötigen rund eine Million Ökopunkte für den weiteren Ausgleich der Flächenversiegelung für Häugern-Nord auswärts dazukaufen. Bisher wurden bereits 500 000 Ökopunkte aus der Ausgleichsmaßnahme „Maurener See“ des Landkreises Böblingen erworben.

Für die restlichen 520 000 Ökopunkte wurde der Erschließungsträger für das Neubaugebiet, die Kommunalentwicklung (KE) über die Flächenagentur BW in Illingen im Enzkreis fündig. Dort werden Weinberg-Trockenmauern saniert, die Vögeln und Reptilien wertvollen Lebensraum bieten sollen. Rund 450 000 Euro muss die KE dafür bezahlen. Abgerechnet werden die Kosten für die angekauften Ökopunkte über den Erschließungsaufwand für das Baugebiet.

Der Weil der Städter Bürgermeister Christian Walter sagte dazu, er halte die Reglung für sinnvoll, dass man Eingriffe in die Natur auch entsprechend ausgleichen muss. „Ich fände es aber auch schöner, wenn das bei uns möglich wäre“, sagte der Rathauschef und fügte dann auch noch hinzu: „Wir haben in vielen Punkten Nachholbedarf.“