Wegen des Lockdowns findet der Unterricht an der Leonberger Ballettschule Evi Ritter nur digital statt.

Leonberg - Ungeduldig zerrt das kleinen Mädchen am Arm ihrer Mutter. Denn gleich geht es los, doch der Laptop ist immer noch nicht bereit. Schließlich schaltet die Mutter das Gerät an und öffnet Zoom. Kurz darauf sieht das Mädchen ihre Freundinnen, ebenfalls vor dem Bildschirm sitzend. Sie freut sich. Im Moment darf sie kaum etwas machen und muss immer zuhause bleiben. Da ist der wöchentliche Ballettunterricht ein richtiges Highlight.

 

Anita Düster leitet die Ballettschule Evi Ritter in Leonberg seit dem Jahr 1986. Die damalige Studentin übernahm die Schule von ihrer dreizehn Jahre älteren Schwester, Evi Ritter, im Alter von nur 23 Jahren. „Meine Schwester ist in die USA ausgewandert und konnte die Schule deshalb nicht mehr leiten. Nach meiner Tanzausbildung an der Musikhochschule in Mannheim wollte ich eigentlich ein paar Jahre tanzen. Ich war mit meinen jungen Jahren eigentlich noch nicht bereit, mich durch eine eigene Ballettschule so stark zu verpflichten“, erzählt Anita Düster. Doch sie konnte den Gedanken, den Familienbetrieb zu verkaufen, nicht ertragen und willigte schließlich in die Übernahme der Ballettschule ein. „Ich habe es nie bereut“, sagt sie lächelnd.

Kurse für ein breites Altersspektrum

Das Team von Anita Düster besteht aus zehn Personen. Sie arbeitet mit zwei weiteren Ballettlehrerinnen sowie mit einigen Freiberuflern zusammen, die weitere Tanzrichtungen wie Hip-Hop oder Jazz unterrichten. Ihre Ballettschule bietet Kurse für ein breites Altersspektrum an. So finden sich unter den 550 Schülern sowohl Kinder ab vier Jahren als auch Erwachsene. „Bis jetzt kommen wir gut durch die Coronakrise durch. Die Schülerzahl bröckelt ein wenig, aber es hält sich total im Rahmen“, sagt Düster.

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Die Coronapandemie stellte die Ballettschule vor große Herausforderungen. Denn seit dem 1. November durfte der Unterricht nicht mehr vor Ort stattfinden. „Wir sind zum Live-Unterricht über Zoom übergegangen. Am Anfang waren wir noch nicht besonders gut darin und mussten uns an die Plattform herantasten. Doch nach einiger Zeit haben wir gelernt, wie wir verschiedene Funktionen benutzen können, um den Unterricht besser zu gestalten“, erzählt die Tanzlehrerin. So besteht mit Zoom zum Beispiel die Möglichkeit, auf dem Bildschirm nur ein Kind anzeigen zu lassen, dass vortanzt. Außerdem können die Kinder ihr Video ausschalten, wenn sie wollen, sodass sie ihrer Fantasie bei Improvisationsübungen ungeniert freien Lauf lassen können.

Übungen auf der Stelle

Vor allem bei den kleineren Kindern funktioniert der Unterricht zu Hause sehr gut. „Wir haben den Unterricht komplett angepasst. So machen wir viele Übungen auf der Stelle, bei denen man sich kaum bewegen muss, oder bauen die Wohnung der Kinder mit ein. Wir lassen sie zum Beispiel um Stühle herumtanzen oder über Kissen drüber springen. Da sind wir super erfinderisch“, sagt Anita Düster und lacht.

Bei den älteren Schülern gestaltet sich die Umstellung auf den Live-Unterricht schon etwas schwieriger, denn der Boden zu Hause ist in der Regel nicht zum Tanzen geeignet. „Viele haben sich ein Stück Tanzteppich gekauft, auf dem sie die Übungen ordentlich ausführen können. Die Profis machen das im Moment auch so. Manche Schüler haben sich sogar einen kleinen Ballettraum im Keller zugelegt“, erzählt die Ballettlehrerin. Wer das nicht hat, benutzt ein Bügelbrett oder auch einen Stuhl, um damit die Ballettstange zu ersetzen. „Man soll die Stange ja sowieso nur ganz leicht anfassen und sich nicht daran festklammern. Die Kunst ist, das Gewicht richtig zu platzieren“, erklärt Anita Düster.

Spaß am Online-Unterricht

Zunächst waren die Lehrer unsicher, wie die neue Unterrichtsform bei den Kindern ankommen würde. Sie hatten Bedenken, dass viele Kinder nicht mitziehen würden. Doch schnell wurden sie vom Gegenteil überzeugt. „Ich finde es wirklich schön, dass die Kinder und Jugendlichen Woche für Woche zur selben Uhrzeit einschalten, um zu tanzen. Das zeigt mir, dass sie auch am Online-Unterricht Spaß haben und immer noch sehr mit dem Ballett verbunden sind“, erzählt Anita Düster mit einem Lächeln.

Die Leiterin der Ballettschule glaubt fest dran, dass irgendwann wieder Normalität einkehren wird. „Es wird noch ein bisschen dauern, aber irgendwann können wir sicher wieder auf der Bühne auftreten. Ballett gibt es schon so viele hundert Jahre, da kann ich mir nicht vorstellen, dass es jemals verschwinden wird. Dafür haben die Menschen ein viel zu großes Bedürfnis danach. Denn es ist gleichermaßen etwas für den Körper und die Seele, etwas das einen vollkommen einnimmt.“