Napsugar und Michael Pavlovic haben in der Coronapandemie ein Unternehmen gegründet. Sie produzieren glutenfreies Brot, Brötchen und Kuchen.

Weil der Stadt - Leise rieselt geriebener Käse auf bleiche, runde Teiglinge hinab. Mit flinken Fingern pflückt Napsugar Pavlovic den Gouda aus einer kleinen Edelstahlschüssel und verteilt ihn über die Backwaren auf dem Tablett vor ihr. „Ein ungarisches Gebäck“, erklärt sie. „Mit Schinken und Frischkäse.“

 

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Mit dem Gouda bestreut und im Ofen gebacken werden die Teiglinge zu goldenen „Käse-Schinken-Schmatzern“. Verkauft werden diese im Online-Shop von „MyStoryCake“, genau wie alle anderen Backwaren, die aus den Öfen der Pavlovic-Backstube wandern. Gemeinsam haben die Produkte alle eines: Sie sind glutenfrei.

Glutenfrei bedeutet nicht Verzicht

Dass in der Weil der Städter Backstube, welche die Konditorin mit ihrem Mann Michael Pavlovic führt, nur glutenfreie Produkte entstehen, hat nicht etwa nur Trend-Gründe. „Das ist kein Selbstläufer, nur weil es gerade im Trend ist“, betont Michael Pavlovic. „Wir kämpfen wie Löwen.“

Vielmehr war es eigene Betroffenheit, die die zündende Idee zur Unternehmensgründung lieferte: Napsugar Pavlovic leidet selbst unter Zöliakie und musste jahrelang Verzicht üben, besonders bei Restaurantbesuchen, in der Firmenkantine oder auf Hochzeiten. Dass sowohl süße als auch herzhafte Backwaren in der glutenfreien Variante genauso schmecken können, wie die herkömmlichen Produkte aus Weizenmehl, will sie in ihrer Backstube beweisen.

Glutenfrei, vegan, weniger Zucker

Gebacken werden hier nicht nur die „Schmatzer“, sondern auch ganze Paletten an Brötchen, Broten, Baguettes, Brezeln, süßen Teilchen, Törtchen und Torten. Alles ist glutenfrei, manches auch laktosefrei oder sogar vegan. „Alles ist grundsätzlich zuckerreduziert“, fügt Michael Pavlovic hinzu. „Wir haben gemerkt, dass viele Backwaren gar keinen zusätzlichen Zucker brauchen.“

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Bei der Ausarbeitung des Sortiments musste die Konditorin aber auch lange ausprobieren. Denn herkömmliche Backwaren sind oft voller Stärke, Stabilisatoren oder anderer Zusatzstoffe, die den Teig besonders für die maschinelle Verarbeitung geeignet machen. Bei „MyStoryCake“ kommen diese, wenn möglich, nicht in den Teig. Das hat Konsequenzen: „Der Teig wird zickiger“, sagt Napsugar Pavlovic.

Ihr Job ist deshalb oft richtig wissenschaftlich. Verschiedene Temperaturen etwa verändern auch die Konsistenz des Teiges. „Ich habe viel experimentiert“, erzählt die Konditorin. Ein gutes Produkt, das weiß sie, braucht Zeit. „Das musste ich auch erst lernen. Hier habe ich gelernt, mir Zeit zu nehmen.“

Gründung trotz Corona

Napsugar Pavlovic und ihr Mann haben das Unternehmen erst vergangenes Jahr gegründet, in das Untergeschoss des Gebäudes am Marktplatz 1 sind sie im Juli eingezogen – mitten in der Pandemie. „Corona haben wir uns nicht ausgesucht“, sagt Michael Pavlovic, wenn er an die Gründungsphase denkt. In Planung war das Projekt natürlich schon länger, die Pandemie nur schlechtes Timing. Geklappt hat es trotzdem – nur eben anders als gedacht.

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Bereits vor einigen Jahren wusste das Paar, das 2020 geheiratet hat: Irgendwas muss sich tun. Napsugar Pavlovic wagte den Sprung und begann 2018 eine nebenberufliche Ausbildung als Konditorin. In Budapest, weil es ein entsprechendes Angebot in Deutschland damals nicht gegeben hätte, erklärt ihr Mann. Jedes Wochenende flog die angehende Bäckerin von Deutschland nach Ungarn, während sie hier noch in der IT bei Bosch arbeitete. Warum man sich das antut? Für Napsugar Pavlovic ist die Erklärung ganz simpel: „Ich liebe Kuchen“, sagt sie. „Es war anstrengend, aber wenn man weiß, wofür man das macht, dann ist es auch schön.“

Fokus auf Online-Verkauf

Zurück in Deutschland musste das Paar lange auf die Anerkennung der Konditorausbildung warten, Napsugar musste erneut eine Prüfung ablegen. Dann endlich konnte es weitergehen: Im Mai 2020 gründeten beide offiziell ihre Firma. „Und dann ist die Gastronomie-Branche komplett ausgebrochen“, sagt Michael Pavlovic, der für die Gründung seinen Job als Maschinenbauer verlassen hatte.

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Das Konzept wurde also angepasst, die Eheleute konzentrieren sich zunächst auf den Online-Handel. Und jetzt, wo auch die Gastronomie sich langsam erholt, stehen Pläne für ein richtiges Café an. Das soll in die Räume über der Backstube am Marktplatz 1 ziehen, sobald diese frei werden.

Ein Café für alle

Für das Café haben die beiden Gründer besonders einen Wunsch: Dass nicht nur Gäste kommen, die tatsächlich Zöliakie haben, sondern auch alle anderen. „Dass es jedem schmeckt, ist unser Maßstab.“ Am Standort am Weiler Marktplatz fühlen sich die beiden jetzt schon wohl: „Weil der Stadt hat uns gut aufgenommen.“

Und auch privat hat es die beiden näher zusammengebracht. Man müsse Beziehung und Geschäft eben so gut es geht voneinander trennen. „Wir haben auch viele schwierige Gespräche geführt“, sagt Michael Pavlovic. „Das hat mir umso mehr gezeigt, dass sie die Richtige ist.“