Die Autohäuser kommen vergleichsweise passabel durch die Coronakrise. Doch um jeden einzelnen Kunden muss gerungen werden.

Altkreis - In der Krise muss man bisweilen andere, vielleicht sogar unorthodoxe Wege gehen. Felix Neugebauer, der Geschäftsführer des Autohauses ath in Höfingen, und sein Team haben sich genau an diese Maxime gehalten, um für die Leonberger Vertretung der koreanischen Marke Kia in Coronazeiten eine Zukunftsstrategie zu entwickeln.

 

„Wir haben intensiv in Elektromobilität investiert“, sagt der Verkaufsleiter Andreas Ott. Wagen mit klassischen Verbrennungsmotoren sind in den Verkaufsräumen in der Paul-Ehrlich-Straße in der Minderheit. „Damit haben wir uns einen völlig neuen Kundenkreis erschlossen“, sagt Ott. „Menschen, die bewusst ein E-Auto möchten und ein entsprechend breites Angebot zu schätzen wissen.“

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Ein Sortimentswechsel in unruhigen Zeiten. Denn auch die Autohändler sind von den Corona-Auflagen und den ständig wechselnden Rahmenbedingungen betroffen. „Am schlimmsten war es, als wir gar keine Kunden empfangen durften“, sagt der ath-Verkaufsleiter. Der Online-Handel sei keine wirkliche Alternative. „Wer für einen neuen Wagen 20 000 Euro oder mehr ausgibt, möchte sich hineinsetzen und sein mögliches Auto richtig erleben.“

Die Hoffnung, dass viele Menschen in Krisenzeiten einen Neuwagen als Wertanlage sehen, hatte sich bei den Höfinger Händlern ebenfalls nicht erfüllt. „Das Gegenteil ist eher der Fall: Viele haben Angst um ihren Arbeitsplatz und halten sich bei größeren Investitionen zurück“, hat Ott beobachtet. „Die Gewerbekunden sind ebenfalls sehr zurückhaltend. Dabei sind die Firmenwagen im Autohandel ein wichtiger Faktor.“

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So kamen auch die 20 Mitarbeiter um Kurzarbeit nicht herum, sowohl im Verkauf als auch in der Werkstatt. Denn die Erfahrung, die der Eltinger KFZ-Meister Willi Wendel schon zu Anfang des Lockdowns gemacht hatte, mussten jetzt auch die Kollegen am anderen Ende Leonbergs machen: „Es wird weniger gefahren, damit gibt es weniger Unfälle und folglich weniger Reparaturen“, sagt Andreas Ott. „Und wenn, dann lassen die Leute nur noch das Nötigste machen.“

Dennoch will man in Höfingen nicht klagen: „Durch den Erfolg, den wir jetzt mit den Elektroautos haben, können wir wenigstens die coronabedingten Verluste ausgleichen“, sagt der Verkaufsleiter.

Viele Kunden informieren sich im Netz

Halbwegs optimistisch wird auch im Autohaus Jutz in die Zukunft geblickt. „Viele Kunden informieren sich erst einmal im Internet und kommen dann aber bei uns direkt vorbei“, sagt Alexandra Kurrle. Auch Werkstatt-Kunden der Nissan-Vertretung in Gerlingen wird Geschmack auf einen Neuwagen gemacht. Denn der Weg in den Reparaturbereich führt direkt durch die Verkaufsräume. „Da bleiben doch einige stehen und schauen sich unsere Modelle genauer an“, meint Alexandra Kurrle. Den verstärkten Trend zur E-Mobilität erkennen auch die Nissan-Experten in der Gerlinger Schillerstraße: „Die Nachfrage nach Elektro- und Hybridmodellen nimmt in den vergangenen Monaten stetig zu.“

Nicht nur auf eine Marke spezialisiert ist das Autohaus Weeber, das am Stammsitz in Weil der Stadt, in Leonberg, Herrenberg und Calw Niederlassungen mit den Marken VW, Audi und Skoda betreibt. „Markant weniger Kundenkontakte“ musste der Geschäftsführer Andreas Weeber in den ersten Wochen des Jahres verzeichnen. Denn nicht nur im Einzelhandel, sondern auch in großen Autohäusern gebe es eine Laufkundschaft, gerade in den Leonberger Häusern.

„Die Kundentermine nach vorheriger Anmeldung funktionieren gut“, sagt der Chef des Familienbetriebs. „Aber sie sind eine weitere bürokratische Hürde, und von denen gibt es ja einige.“ Die Nachverfolgung sei aber kein Problem, da jeder Kunde ohnehin seine Daten hinterlässt.

Foto: Simon Granville

Genau wie bei den Kollegen ist auch in den Weeber-Filialen das Interesse an Firmenwagen zurückgegangen. Gefragt sind dafür preisgünstigere Autos. „Viele Menschen, die früher mit Bus oder Bahn zur Arbeit gefahren sind, fühlen sich durch die Pandemie im eigenen Auto einfach sicherer“, sagt Andreas Weeber. „Wir schreiben viele Angebote, aber es fehlt einfach noch an ausreichenden Abschlüssen.“ Wie groß die Umsatzrückgänge durch Corona sind, das möchte der Geschäftsführer noch nicht beziffern: „Beim Autohandel haben wir eine Zeitverzögerung von bis zu vier Monaten.“

Geschäfte liegen „vergleichsweise gut“

Optimistischere Töne sind aus dem Autohaus Müller zu hören. „Wir hatten selbst nicht erwartet, dass die Geschäfte doch vergleichsweise gut laufen“, sagt der Verkaufsleiter Michael Streicher. Der Betrieb mit 80 Mitarbeitern hat seinen Stammsitz in Gerlingen und eine große Filiale in der Berliner Straße in Leonberg und vertritt die Marken BMW und Mini.

Auch hier gewinnt das Thema E-Mobilität zusehends an Bedeutung. „Mittlerweile sind 30 Prozent unserer angebotenen Autos elektroangetrieben oder Hybridmodelle“, berichtet Streicher. Die Förderung der E-Autos durch die Bundesregierung zeige am Markt Wirkung. Außerdem sei gerade BMW innovativ: „Jedes Halbjahr kommen neue E-Modelle.“

Das persönliche Fahrerlebnis ist entscheidend

Der Verkaufsleiter von Müller verhehlt nicht, dass der Verkauf von Autos in diesen Krisentagen mit deutlich mehr Aufwand verbunden ist. „Vieles läuft erst telefonisch“, berichtet Michael Streicher. Mit digitalisierten Modellen bekommen die Kunden einen ersten Vorgeschmack. „Doch das persönliche Fahrerlebnis ist natürlich entscheidend.“

Zufrieden ist man bei BMW-Müller auch mit dem Firmenwagengeschäft. „Wir haben einen großen Kundenstamm“, sagt Streicher. „Das läuft nicht schlecht.“