Der Künstler Thomas Deyle zeigt im Galerieverein seine Ausstellung „Lichtwerk“.

Leonberg - Die aktuelle Ausstellung im Leonberger Galerieverein ist nicht ganz ungefährlich. Denn wer eines der faszinierend leuchtenden Kunstwerke an der Wand ins Visier nimmt, riskiert möglicherweise vor lauter Zielstrebigkeit mit den Füßen an ein anderes zu stoßen. Andererseits: Diese Bodenarbeiten schimmern so farbintensiv, dass es eigentlich unmöglich ist, sie zu übersehen. Doch da lauert schon die nächste Gefahr: Fast unwillkürlich überkommt einen nämlich der Impuls, unter den flachen Quadern nachzusehen, ob sich nicht doch womöglich eine Neonröhre darunter verbirgt.

 

An dieser Stelle sei daher gleich versichert: Die Arbeiten von Thomas Deyle leuchten alleine aus sich heraus. Der Titel der Ausstellung „Lichtwerk“, die noch bis zum 27. Oktober zu sehen ist, ist daher absolut treffend. Dass dieser über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannte Künstler, dessen Werke auch in bekannten Sammlungen hängen, nun im Galerieverein ausstellt, ist etwas Besonderes. Und auch die Ausstellung für sich genommen ist es. Denn nur selten hat das Publikum die Gelegenheit, gleichzeitig unterschiedliche Stationen von Deyles Schaffensprozess zu verfolgen.

Käfer als Inspiration

Da sind eben nicht nur die Werke an den Wänden, in denen das einfallende Licht die in hunderten von nahezu transparenten Schichten aufgetragenen Farbpigmente zum Leben erweckt. Da sind auch die sogenannten Partituren, in denen der Dirigentensohn mit Hilfe detaillierter Berechnungen exakte Farbverläufe definiert. An einer anderen Stelle sieht sich der Betrachter neun Buntstiftzeichnungen gegenüber. Hier hat sich Deyle von Käfern inspirieren lassen, deren Farbkombinationen ihn interessieren.

Nicht immer hat der in München geborene und in Köln lebende Künstler mit Acrylfarben und Acrylglas gearbeitet. Auch zu früheren Stationen seinen Schaffens zeigt die Ausstellung Beispiele. So sind etwa zwei Collagen zu sehen, die Deyle aus früheren Werken, die er verworfen und zerrissen hat, neu komponierte. Zwischen diesen Arbeiten und den Exponaten jüngeren Datums steht zeitlich die „Komposition 1989“, auf der sich energische Pinselstriche und eine fast monochrome Farbfläche begegnen.

„Da kann man gut etwas auf den Boden legen“

Nicht zuletzt ist die Werkschau auch deswegen einmalig, weil Deyle eigens dafür drei neue Werke geschaffen hat. Eben jene, die auf dem Boden liegen und die Blicke wie magisch auf sich ziehen: Im Kabinett irisieren zwei Acrylglasplatten zwischen Weiß, Orange und Fuchsia unter dem Titel „SunnySideUp ,Juice’“ miteinander um die Wette. Im ersten Stock saugen die Blau-Nuancen des fünfteiligen ebenfalls „SunnySideUp“ genannten Bodenobjektes die Blicke förmlich an und ziehen sie in eine unendlich scheinende Tiefe. Warum Thomas Deyle diese Arbeiten geschaffen hat? „Ich dachte, das ist eine große Fläche, da kann man gut etwas auf den Boden legen“, sagt er und lacht.

Dass die Menschen nicht glauben können, dass das wunderbare Leuchten seiner Werke von den Arbeiten selbst hervorgebracht wird, diese Erfahrung macht der 62-jährige Künstler oft. Dass der eine oder andere deswegen versucht, hinter den Bildern nachzuschauen, ist ihm schon öfters passiert. Aber diese ganz eigene Lebendigkeit der ein- oder mehrteiligen Objekte, diese „gemalte Tiefe“, wie Eva Ott, die Vorsitzende des Leonberger Galerievereins, es beschreibt, fesseln durch ihre „Kraft und unglaubliche Energie“.