501 Ausbildungsstellen im Kreis sind unbesetzt. Die IHK meldet weniger Verträge.

Kreis Böblingen - Die Corona-Krise macht sich auch auf dem Ausbildungsmarkt bemerkbar. „18,1 Prozent weniger Vertragsabschlüsse im Vergleich zum Vorjahr“, vermeldet die IHK-Bezirkskammer für den Landkreis Böblingen zum Start ins neue Ausbildungsjahr. Insgesamt haben 943 Jugendliche eine Ausbildung in Berufen im Zuständigkeitsbereich der Industrie- und Handelskammer begonnen. Das sind 201 weniger als noch im Vorjahr.

 

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„Die Auswirkungen der Corona-Krise, vor allem der Stillstand in vielen Betrieben während des Lockdowns, sind im Ausbildungsbereich deutlich spürbar und verstärken den Effekt der demografischen Entwicklung mit sinkenden Schülerzahlen“, erklärt Andreas Hadler, Präsident der IHK-Bezirkskammer. Viele Verträge seien in diesem Jahr sehr spät geschlossen worden oder kämen erst jetzt nach der Sommerpause zustande.

Kaufmännischer Bereich leidet stark

„Einige Betriebe suchen jedoch auch weiterhin händeringend nach Azubis, weswegen wir noch bis Ende Oktober mit einigen Neuverträgen rechnen. Grundsätzlich ist der Start in eine Ausbildung in Abstimmung mit dem Ausbildungsbetrieb das ganze Jahr über möglich“, sagt Hadler. Besonders stark sei der Einbruch bei den kaufmännischen Berufen (minus 24 Prozent), während im gewerblich-technischen Bereich 10,1 Prozent weniger Verträge eingetragen wurden als im Vorjahr.

Im Handwerk fällt der Einbruch etwas geringer aus. Hier haben 505 junge Menschen im Kreis Böblingen eine Ausbildung begonnen. Das sind 61 weniger als im Vorjahr, was einem Rückgang von 10,8 Prozent entspricht. Das ist leicht besser als der Wert von 11,7 Prozent für die gesamte Region Stuttgart.

Handwerk sieht sich krisenfest

„Erfreulich ist, dass trotz Corona und der Folgen viele Handwerksbetriebe die Fachkräftesicherung in die eigenen Hände nehmen und weiterhin ausbilden“, beschreibt Thomas Hoefling, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart, die Lage. Zurückhaltender in Sachen Ausbildung waren vor allem die von der Corona-Krise stärker betroffenen Gewerke wie Friseure, Bäckereien, Metzgereien und das Kfz-Gewerbe. Deutlich optimistischer sehe es bei den Bau- und Ausbaugewerken wie Stuckateure und Zimmerer oder auch im Elektroniker-Handwerk aus. Auch die Handwerkskammer will sich verstärkt um die Nachvermittlung von Azubis kümmern. In der eigenen Online-Lehrstellenbörse seien noch über 300 freie Stellen gelistet. Das Handwerk sei krisenfest, meint Hoefling.

Noch 501 Ausbildungsplätze frei

Die Agentur für Arbeit meldet 2178 Bewerber um einen Ausbildungsplatz im Landkreis Böblingen. Das sind 129 weniger als im August 2019. Aktuell suchten noch 456 junge Frauen und Männer eine Stelle. Gleichzeitig seien von den 2121 seit Oktober 2019 gemeldeten Ausbildungsstellen noch 501 unbesetzt. Im gesamten Bereich der Arbeitsagentur Stuttgart (Landeshauptstadt plus die Kreise Böblingen, Ludwigsburg, Rems-Murr, Esslingen und Göppingen) sind sogar noch 1946 Stellen unbesetzt

Keine Generation „Corona“

„Eine Generation ‚Corona’, die aufgrund der Krise keine Chance auf eine Ausbildung hat, darf es nicht geben“, meint Andreas Hadler, Präsident der IHK-Bezirkskammer. „Natürlich ist es auch denkbar, dass Unternehmen, die aufgrund der Krise keine Azubis eingestellt haben, im nächsten Jahr wieder ausbilden“, blickt Hadler auf mögliche Entwicklungen.

Als einen positiven Ansatz bewertet Handwerkerchef Thomas Hoefling die vor kurzem eingeführte Ausbildungsprämie. Sie sei „ein wichtiger Schritt, um die Krise nach der Krise zu verhindern und die Fachkräftegewinnung zu unterstützen“. Zumal auch die geburtenstarke Babyboomer-Generation in den kommenden fünf bis zehn Jahren in den Ruhestand gehe.