Fichten prägen deutsche Wälder, können dem Klimawandel aber kaum Stand halten. In Renningen pflanzt man deshalb nun zukunftssicherere Bäume.

Renningen - Der RenningerWald ist um 300 Eichen reicher. Die Setzlinge sind jetzt erst ein paar Zentimeter hoch. Bis sie groß genug sind, um gefällt werden zu können, werden 200 bis 300 Jahre vergehen. Doch bei der Pflanzaktion entlang der Hardtwald-Allee nahe dem Bosch-Campus geht es nicht vordringlich um wirtschaftliche Aspekte, sondern darum, den Wald zu erhalten und für die Zukunft sicher aufzustellen. Denn die anfällige Fichte, die immer noch große Teile in deutschen Wäldern bestimmt, wird dem Klimawandel nicht standhalten können.

 

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Anlass für die Spende der Zimmerei Reinhardt in Renningen ist das 300-jährige Bestehen der Firma im Jahr 2020. In einer gemeinsamen Pflanzaktion mit dem Gemeinderat der Stadt wurden die Jungbäume nun in den Boden eingesetzt.

Sie stehen nun auf einer der vielen Flächen mit ehemaligen Fichtenbeständen, die von den großen Stürmen in den 90er Jahren verwüstet worden ist. Noch sind die kleinen Pflanzen unter 300 Kunststoffröhren versteckt, die sie vor Wildfraß schützen sollen. Zwei bis drei Jahre wird es dauern, bis sie überhaupt ihr Köpfchen aus den Röhren stecken. In zehn Jahren etwa werden sie um die drei Meter hoch sein.

Woher kommen die vielen Fichten?

Der Renninger Wald hat in der Vergangenheit eine ähnliche Entwicklung durchgemacht wie viele in Deutschland. „1950, damals war das hier noch der Malmsheimer Wald, waren die Wälder durch den Krieg fast komplett devastiert“, berichtet der Renninger Forstrevierleiter Rolf Maier. Viele Flächen waren gerodet oder zerbombt. „Man brauchte dann vor allem schnell Rohstoffe und Geld, und Holz war ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.“

Die Fichte wächst verhältnismäßig schnell und ist bis heute einer der wichtigsten Holzlieferanten gerade für den Hausbau. Die Brachflächen wurden daher komplett mit Fichten aufgeforstet. „Für die Menschen damals war das die einzig richtige Entscheidung“, sagt Maier. Schließlich seien ökologische Aspekte noch kein Thema gewesen, ebenso sei der Wald noch nicht so intensiv zur Naherholung genutzt worden.

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Womit die Verantwortlichen nicht rechnen konnten: Aus dem großen Ertrag sollte nichts werden. Die Fichte ist anfällig für Klimaveränderungen, für Schädlinge wie den Borkenkäfer und hat Stürmen wenig entgegenzusetzen. 1991 fegte der Orkan „Wiebke“ über das Land und hinterließ schwere Schäden. Während in vielen Kommunen erst nach dem Jahre später folgenden „Lothar“ ein Umdenken stattfand, beschloss man in Renningen bereits nach dem ersten schweren Sturmereignis etwas zu ändern. „Das war zu der Zeit durchaus ungewöhnlich“, berichtet Maier. „Aber ob unsere Entscheidungen nach 50 Jahren immer noch richtig sind, werden wir sehen.“

Was macht die Eiche so zukunftssicher?

Eichen wachsen zwar deutlich langsamer, sind aber deutlich stabiler und weniger anfällig. „Außerdem halten sie Wärme und Trockenheit besser aus“, erklärt der Forstrevierleiter. „Das war selbst Anfang der 90er natürlich noch kein Thema, an einen Klimawandel dachte da kaum jemand. Im Nachhinein hat sich das aber als großer Vorteil erwiesen.“ Mittlerweile geht die Stadt noch weiter und konzentriert sich verstärkt auf Traubeneichen statt auf Stieleichen, „die halten noch etwas mehr aus“. Sollte das Ziel von maximal zwei Grad Erderwärmung erreicht werden, könnten auch die Stieleichen noch gut durchkommen, so Maier. Mit Blick auf die Politik und das nur zögerliche Handeln sehe es aber leider nicht danach aus.

Willkommener Zuwachs aus Nordamerika?

Inzwischen werden außer der Eiche auch immer mehr Douglasien gepflanzt. Auf einer freien Fläche, gar nicht weit entfernt von dem neuen Eichen-Feld in Renningen, wurden vergangenes Jahr zahlreiche der aus Nordamerika stammenden Nadelbäume gepflanzt. Zuvor hatte unter den dortigen Fichten der Borkenkäfer gewütet. Um eine Ausbreitung zu verhindern, wurde die Fläche deshalb komplett abgeholzt.

„Die Douglasie kommt hier gut zurecht“, sagt der Forstrevierleiter mit Blick auf die umstehenden und hochgewachsenen Douglasien, die hier bereits vor langer Zeit heimisch geworden sind. „Früher hat man bei der Aufforstung gerne versucht, sein Wunschdenken reinzubringen, was man gerne für Bäume hätte.“ Doch das funktioniere meist nicht mehr so. „Heute schaut man sich vorher das Waldbild an und leitet daraus ab, welche Bäume Bestand haben. Und die Douglasien haben beide Stürme gut überstanden.“ Die Kritik, dass es sich bei den Douglasien nicht um heimische Gewächse handelt, kennt Maier, kann sie jedoch nicht teilen. „Die Douglasie kam vor 150 Jahren aus Nordamerika, die Fichte vor 1500 Jahren aus Sibirien“, erklärt er schmunzelnd. „Aber da spricht heute keiner mehr drüber.“

Der einzige „Nachteil“ der Douglasie: Für Innenräume sei sie nur bedingt geeignet, sagt Maier. Ihr Holz sei ideal für Carports oder Dachstühle, weil es derzeit keinen Schädling gibt, der es darauf abgesehen hat. „Dafür ist das Holz sehr hart, da bekommt man keinen Nagel reingehauen.“

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Die Fichte ist beliebt, aber nicht sehr stabil

Vorkommen
 Die gemeine Fichte ist in Deutschland weit verbreitet: Mit rund 25 Prozent ist sie laut Naturschutzbund (Nabu) die häufigste Baumart, jeder vierte Baum in der Bundesrepublik ist eine Fichte. Zum Vergleich: Die Eiche landet mit 11 Prozent auf dem vierten Platz, nach Kiefer und Rotbuche. Lange wurden Fichten besonders aufgrund ihrer ökonomischen Bedeutung angepflanzt. Deshalb werden sie auch gerne als „Brotbaum“ der deutschen Forstwirtschaft bezeichnet.

Gefährdung
 Die Fichte wächst schnell, dafür hält sie aber nicht sonderlich viel aus. Sie ist anfällig für einen Borkenkäferbefall und kann starken Winden wegen ihrer flachen Wurzeln nicht so gut standhalten wie andere Baumarten. In den Sommermonaten der Jahre 2018, 2019 und 2020 haben zudem Hitzewellen und Dürren das Absterben der Fichten geprägt.