Als Ausgleich für die östliche Umgehungsstraße in Perouse müssen abgeholzte Flächen wieder aufgeforstet werden.

Rutesheim - Es ist der letzte Schritt eines Vorhabens, bei dem die Stadt Rutesheim rund sechs Millionen Euro für die Verkehrsberuhigung im Waldenserort Perouse ausgegeben hat – die Aufforstung der „Kuhstelle“. Auf dem Flurstück entlang der Autobahn 8, das ehemals als Jungviehweide genutzt wurde, wird als Ausgleich für den Bau der Ostumfahrung ein Wald angelegt. Das hat der technische Ausschuss des Rutesheimer Gemeinderats jetzt einstimmig gebilligt.

 

Die inzwischen realisierte Verkehrsberuhigung für Perouse umfasst zwei Komponenten. Im Westen wurde die Heimsheimer Steinbruchspange umgebaut, damit der Verkehr aus dieser Richtung nicht mehr durch den Waldenserort fließen muss. Im Osten wurde eine vom Ort abgerückte Umgehungsstraße aus Richtung Malmsheim mit einem sechs Meter hohen Lärmschutzwall gebaut. Diese hat eine ampelgesteuerten Kreuzung sowie einen neuen Kreisverkehr an der Straße nach Flacht. All dies ging fast ausschließlich auf Kosten der Stadt Rutesheim. Als Zugabe entstanden in Perouse eine große Bäckereifiliale mit angehängtem Lebensmitteldiscounter und ein Festplatz hinter dem Lärmschutzwall.

Fünf Hektar Wald wurde gerodet

Eines der größten Probleme war das Verlegen der Umgehungsstraße im Osten. Das ging nur, indem mehr als 53 000 Quadratmeter Wald abgeholzt wurden. Was alles derart kompliziert gemacht und Zeit gekostet hat, waren die begleitenden Verfahren wegen der Eingriffe in die Waldflächen. Sie müssen vollständig wieder aufgeforstet werden. Die Stadt hat dafür das Gewann „Kuhstelle“ wegen der Lage am Waldrand als Möglichkeit ins Spiel gebracht.

Doch dieses Vorhaben hatte einen Haken: Dort gab es bereits Ausgleichsmaßnahmen für den sechsspurigen Ausbau der Autobahn. Es waren mittlerweile durch eine geänderte Nutzung die geforderten Magerwiesen entstanden, und dies erforderte ein weiteres Verfahren. Zudem musste die Stadt landwirtschaftlich genutzte Grundstücke im Gewann „Gänsäcker“ im Eisengrifftal am Waldrand zu Renningen kaufen, um für diese bereits realisierten Ausgleichsmaßnahmen einen neuen Standort anbieten zu können. Und viele Untersuchungen waren zu den Themen Artenschutz, Wildwechsel oder Umplanung von Waldwegen notwendig.

Ersatz für bestehenden Ausgleich

Durch extensive Nutzung – das heißt nur zweimal im Jahr mähen und das Mähgut abtransportieren – sollten sich die Flächen in den „Gänsäckern“ ebenfalls in Magerwiesen mit einer spezifischen Flora und Fauna umwandeln. Dafür stand die Fläche über drei Jahre hinweg unter der Beobachtung der unteren Naturschutzbehörde. „Nachdem sich die Fläche gut entwickelt hat, hat nun auch das Regierungspräsidium Stuttgart grünes Licht für die Aufforstung der ‚Kuhstelle’ gegeben“, sagt der Stadtbaumeister Bernhard Dieterle-Bard. Deshalb verzögerte sich die Fertigstellung der Ostumgehung von Perouse erheblich.

Doch nun ist es soweit, und die Aufforstung der „Kuhstelle“ kann über die Bühne gehen. Dem Kostenanschlag des Stadtbauamts hat der Technische Ausschuss zugestimmt und die nötigen Erdarbeiten für rund 68 000 Euro an die Firma Kilper Erdbau aus Rutesheim vergeben. Um die Jungpflanzen vor Wildverbiss zu schützen, wird ein Zaun für etwa 11 000 Euro gebaut und Tausende Jungbäume für weitere 54 000 Euro gepflanzt. Diese beiden Aufträge gehen an die Firma Schlegel aus Riedlingen auf der Alb.

Aufforstung ist für März/April geplant

Insgesamt werden rund 15 000 Laubbäume verschiedener Arten wie die Traubeneiche, Schwarzerle, Winterlinde, Bergahorn und Vogelkirsche ausgebracht. Die Vorgaben dazu hat das Amt für Forsten im Landratsamt Böblingen ausgearbeitet.

Die Vorarbeiten und das Herrichten der Pflanzfläche müssen in den Monaten Januar und Februar 2022 vorgenommen werden, damit das Erdreich gut ausfrieren kann, um somit einen lockeren Boden für die maschinelle Bepflanzung zu erlangen. Die Bepflanzung ist – je nach Witterung – für Ende März oder Anfang April geplant.

Eichen sind schwer zu bekommen

Bei der Ausschreibung der Bepflanzung wurden acht Firmen und Pflanzschulen angefragt. Diese sagten zu, die erforderlichen Pflanzen für diesen Zeitraum bereitstellen zu können. Doch als es zum Schwur kam, sagte eine nach der anderen ab, weil sie keine Pflanzen vorrätig hatten. Vor allem die 8 300 benötigten Traubeneichen waren ein Problem. Denn die Pflanzung ist nur mit zertifizierten Pflanzen nach Vorgabe der Forstverwaltung erlaubt.

Weil diese Ausgleichsmaßnahme nicht in dem aktuellen Haushaltsplan enthalten ist, wurden die Gesamtkosten in Höhe von rund 157 000 Euro als überplanmäßige Mittel genehmigt und in das Investitionsprogramm der Stadt aufgenommen.