Was passiert auf dem Areal der Klinik Schillerhöhe in Gerlingen? Nach dem erklärten Rückzug des Robert-Bosch-Krankenhauses gibt es mehrere Interessenten.

Derzeit gibt es mehr Fragen als Antworten zur Zukunft eines zentralen Areals auf der Gerlinger Höhe, auf dem sich die Klinik Schillerhöhe und die Kliniken Schmieder befinden. Was passiert, wenn die zum Robert-Bosch-Krankenhaus (RBK) gehörende Klinik Schillerhöhe vollständig auf den Burgholzhof umgezogen ist?

 

Die Worte aller Beteiligten klingen ähnlich zurückhaltend. „Wir sind in Wartestellung“, sagt die KSG-Vereinsvorsitzende Sabine Wahl. Die Stadtverwaltung Gerlingen teilt mit, „mit den Robert-Bosch-Krankenanstalten im Gespräch“ zu sein, und bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) – der Eigentümerin von Klinik Schillerhöhe – heißt es, man befinde sich „mit den Verantwortlichen von Robert Bosch in konstruktiven Gesprächen“. Für Ergebnisse, so der DRV-Sprecher, sei es aber noch zu früh.

Bei der Bosch-Stiftung selbst, der Trägerin des Krankenhauses, werden die Gespräche mit unterschiedlichen potenziellen Nutzern bestätigt. Doch „in welcher Form das Gebäude auf der Schillerhöhe weitergenutzt wird, ist noch unklar“, heißt es auf Anfrage. Offen ist damit auch, inwiefern sich der Sportverein, die Kultur- und Sportgemeinde (KSG), in das Projekt einbringen wird. Der größte Verein im Ort ist zwar der kleinste Aktive in den Überlegungen, besitzt dort aber ein für alle Planungen zentral gelegenes Grundstück.

Eine Loslösung aus alten Strukturen

In dieser Situation haben die Verantwortlichen der Kliniken Schmieder in den vergangenen Monaten weiter an der Loslösung von der Klinik Schillerhöhe gearbeitet, die inzwischen zum Robert-Bosch-Krankenhaus gehört. Die wesentlichen Bereiche der Infrastruktur – von Wasser und Wärme, von der Küche bis zum Krankentransport, aber auch Empfang, Betriebsarzt und spezielle Untersuchungen – mussten neu organisiert werden, schließlich hatten beide Kliniken von Beginn an eng zusammengearbeitet. „Die Kooperation war das konstituierende Element“, sagt der Geschäftsführer der Klinken Schmieder, Ulrich Sandholzer, über den Start im Jahr 1998. Damals siedelten sich die Kliniken Schmieder in Gerlingen an.

Die Kooperation zwischen der Lungenfachklinik Schillerhöhe und dem Neurologischen Fach- und Rehabilitationskrankenhaus veränderte sich mit dem Bau von Haus Bärensee, die 2021 in Betrieb genommene 40 Millionen teure Erweiterung, um 100 Betten. „Die Kapazitäten waren im Bestand nicht ausreichend“, erklärt Ulrich Sandholzer.

Als Haus Bärensee geplant wurde, war vom schnellen Abzug des RBK bis Ende 2021 nichts bekannt, der Umzug sollte frühestens 2024 sein. Doch dann kam Corona und veränderte die Pläne. Die Schillerhöhe sollte früher als Krankenhaus aufgegeben werden. Das RBK wollte nun den schrittweisen Umzug vorziehen – und Schmieder musste reagieren. Zügig wurde unter anderem eine Küche nachträglich an das Gebäude angebaut, sie wurde inzwischen in Betrieb genommen.

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Mit Haus Bärensee ist der Bedarf an Plätzen für die Behandlung vorwiegend von Schlaganfallpatienten in der Region laut dem Land abgedeckt – fürs Erste. Denn klar ist aus Sicht der Fachleute, dass der Bedarf größer werden wird, nicht zuletzt weil die Zahl der Schlaganfallpatienten steigen wird. Vor diesem Hintergrund wird auch in den Kliniken Schmieder die Entwicklung bei den Nachbarn vom RBK verfolgt. Geschäftsführer Sandholzer schließt eine Erweiterung nicht aus, wenngleich derzeit nichts konkret sei. Aber er macht auch keinen Hehl daraus, dass eine Erweiterung baurechtlich sehr viel einfacher auf dem Grundstück von der Klinik Schillerhöhe umzusetzen wäre als außerhalb. Das Gelände liegt am Wald, schon für Haus Bärensee war mit den Behörden intensiv um eine Realisierung gerungen worden.

Corona zögert den Umzug hinaus

Derweil warten also alle auf eine Entscheidung der Rentenversicherung – während der Zeitpunkt des Klinikumzugs weiter von der Entwicklung der Corona-Situation im Land abhängig ist. Derzeit würden rund 50 an Covid-19 erkrankten Patienten an beiden Standorten behandelt, teilt die Stiftung mit.

Die Geschichte der Solitude

Der Plan
1938 sollte dort eine Nazi-Kaderschmiede entstehen, eine Gebietsführerschule. Die Gerlinger willigten einer Schenkung des Geländes auf ihrer Gemarkung ein. Geplant war die Belegung mit bis zu 250 Führern der Hitlerjugend. Drei Jahre später, 1942, wurde das Gelände nebst Schloss Solitude nach Stuttgart eingemeindet. Das kleine Gerlingen könne die Infrastruktur nicht finanzieren, hieß es offiziell. Dass die Solitude – der Dichter Friedrich Schiller besuchte im 18. Jahrhundert dort die Militärakademie – ein Prestigeobjekt war und Bedienstete in Stuttgart mehr verdienten als in Gerlingen, dürfte eine Rolle gespielt haben. Protest war sinnlos, zum 1. April 1942 wurde der Verwaltungsakt vollzogen.

Die Realität
Letztlich kam alles anders: Der nationalsozialistischen Regierung ging das Geld aus, der Bau blieb im Rohbau stecken, später kaufte es die Deutsche Rentenversicherung und richtete ein Sanatorium ein. Nach dem Krieg forderte Gerlingen zudem Schloss und Gemarkung zurück. 1951 bekam Gerlingen die Gemarkung zurück, das Schloss blieb bei Stuttgart. Auf dem nahen, kleinen Friedhof liegen die Eltern und einer der Brüder des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, Choreograf John Cranko und Robert Bosch Junior. Aus dem Sanatorium wurde ein Zentrum für Lungen- und Bronchialkranke. 1987 machte die Klinik dann weltweit Schlagzeilen. Am 29. August 1987 wurde erstmals in Europa ein einzelner Lungenflügel transplantiert.