Unterdessen schwenkt die Kamera weg vom Erstarrten zu Norbert Fiebig. Der Präsident des Deutschen Reiseverbands ist persönlich anwesend, kann also nicht spontan einfrieren und beginnt dann über Umsatzrückgänge von 90 Prozent in der Branche und dem Bedürfnis nach Reisen zu reden – bis er es dann mit seiner Rolle, die offensichtlich ein bisschen schurkig angelegt war, vielleicht etwas übertreibt: Zwei Seelen seien in seien Brust. „Einmal der Urlauber“, und der naive Zuschauer denkt sich, wenn zwei Seelen in einer Brust ringen, muss die zweite etwas Entgegengesetztes sein. Vielleicht so was wie der besonnene Stubenhocker? Aber von wegen! Die zweite Seele in Norbert Fiebigs Brust ist die Seele des Unternehmers, lässt er uns wissen. Es folgt ein Plädoyer für Pauschalreisen.
„Vielleicht ein andermal“
Auch sein Auftritt verläuft nicht ganz ohne technische Zwischenfälle. Erst geht er auf Einspieler ein, der den Gästen offenbar schon vor der Live-Ausstrahlung gezeigt wurde. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagt in dem Film, dass es mit dem Reisen in den Osterferien nichts werden wird. Da man zu diesem Zeitpunkt nicht weiß, wovon Fiebig spricht, drückt Plasberg schnell auf den Einspieler-Knopf – und dann holpert es so weiter. Jetzt wissen wir zwar, dass die Einspieler bei „Hart aber fair“ für die Gäste nicht überraschend kommen, aber die Studiotechnik hat ohnehin andere Sorgen.
Zehn Minuten später, Reinhold Messner verharrt immer noch in dem eingefrorenen Bild. Frank Plasbergs Versuch, mit dem Bergsteiger in Kontakt zu treten, scheitert erneut. Jetzt wird der Bildschirm abgebaut, man sieht alles, kann die Techniker im Hintergrund bei der Arbeit beobachten, kurzzeitig wird auch der Bremer OB Andreas Bovenschulte, dessen Bildschirm danebensteht, beim Rumstöpseln abgeschaltet. „Vielleicht ein andermal“, sagt Plasberg.
Weiter geht’s mit dem nächsten Einspieler, der suggeriert, dass Übernachtungen in Jugendherbergen verboten seien, auf Kreuzfahrtschiffen aber erlaubt. Bremens OB Andreas Bovenschulte bemerkt, dass Bremerhaven zwar ein wichtiger Kreuzfahrtstandort sei, man dort aber nicht einfach auf Kreuzfahrtschiffen nächtigen könne, wegen dem Beherbergungsverbot.
Wer das tun wolle, müsse erst andere Länder besuchen, wo anderes Recht gelte. Der Reisebranchenvertreter Norbert Fiebig findet die Hygienekonzepte der Anbieter überzeugend, die Virologin Corinna Pietsch nicht, erkrankte Urlauber ohne Symptome auf Kreuzfahrt würden nämlich nicht erfasst.
Neues Wort: Spazierwandern
Dann steuert die Sendung urplötzlich unter der Überschrift „Freie Fahrt für Geimpfte?“ zum Israel-Griechenland-Abkommen, das eine gewisse Reisefreizügigkeit mit Impfnachweis zusichern soll. Ob solche Abkommen auch ein Modell für Deutschland seien? Da scheinen die meisten Talkgäste überfragt. Die Virologin Pietsch findet eine dem Abkommen zugrunde liegende Studie problematisch – auch hier führt sie das Argument der asymptotischen Infektionen ins Feld.
Bei den Sprüngen von Kreuzfahrtschiffen zu internationalen Reiseabkommen wirkt der Reisebuchautor Manuel Andrack in den letzten Takten der Sendung dann wohltuend entschleunigend. Bislang hatte er kaum etwas gesagt. Der leidenschaftliche Wanderer plädiert für Urlaub von der Haustür. Das sei ohnehin das einzige, was man viruskonform noch machen könne. Es wurde auch ein neues Wort erfunden: Spazierwandern.
Grüße aus Bozen
Am Ende der Sendung liest Frank Plasberg noch vor, was ihn von Messner zwischenzeitlich in schriftlicher Form erreichte: „Grüße an alle in die Runde aus Bozen!“ Eigentlich wäre das ein schöner Schlusssatz gewesen, aber die Sendezeit ist noch nicht vorüber. Und einen hat Plasberg noch.
Der Moderator fragt seine Talkgäste, wer mit wem der anderen am liebsten Urlaub machen würde. Die Gesichter verraten: Auf die Einspieler waren sie vielleicht vorbereitet, auf diese Frage nicht. OB Bovenschulte würde das gerne mit der Virologin Pietsch und umgekehrt. Wanderbuchautor Andrack würde sich ebenfalls am liebsten mit der Virologin zusammentun und der Verbandsmensch Fiebig wiederum mit Herrn Andrack. Und Andrea Zschocher, die dreifache Mutter und Journalistin? „Mit niemandem – und wenn es doch sein muss, dann mit Andrack.“ Vielleicht gehen sie ja eines Tages spazierwandern.