Der Gemeinderat will einen eigenen Förster einstellen. Das Böblinger Forstamt ist nicht erfreut.

Weil der Stadt - Die Weil der Städter Stadtverwaltung bekommt wieder einen eigenen Förster. Das hat der Gemeinderat am Dienstagabend mit den Stimmen von CDU, Freien Wählern und der SPD beschlossen. Grüne, FDP und AfD waren dagegen. Damit kündigt die Stadt den Beforstungsauftrag durch das Landratsamt. In den vergangenen Jahren hatte die Forst-Abteilung des Landratsamts Förster geschickt, die sich um den Weil der Städter Stadtwald gekümmert haben.

 

Es war eine Idee des Freie-Wähler-Fraktionschefs Jürgen Widmann gewesen, die Selbstständigkeit zu prüfen. „Weil der Stadt hatte immer einen eigenen Förster“, sagte Widmann in der Sitzung am Dienstag. „Das ist richtig und sinnvoll, damit sind wir immer gut gefahren.“ Das Personal des Landratsamts habe sich zu wenig gekümmert. Bei gesperrten Waldwegen habe es keine Infos gegeben. „Ich habe auch umgestürzte Bäume gemeldet, und es hat sich nichts getan“, sagte der Fraktionsvorsitzende.

Jede Gemeinde darf selbst bestimmen

Damit schließt sich Weil der Stadt dem Sonderweg von Sindelfingen, Leonberg und Renningen an. Alle anderen 22 Kommunen im Kreis Böblingen lassen nämlich ihren Wald von den Förstern des Forstamts bewirtschaften. Dementsprechend wenig erfreut ist man im Landratsamt über die Nachricht aus Weil der Stadt. „Natürlich“ obliege es dem Selbstbestimmungsrecht jeder Gemeinde, über die Beförsterung zu bestimmen, sagt Rebecca Kottmann, die Sprecherin des Landratsamts, auf Nachfrage unserer Zeitung.

Weil der Stadt müsse dadurch aber viele Nachteile in Kauf zu nehmen. „Den größten Nachteil sehen wir darin, dass das Fachamt nicht mehr die Dienstaufsicht über das vor Ort im Wald handelnde Forstpersonal hat“, erklärt die Sprecherin. Dadurch werde die fachliche Leitung „deutlich erschwert“, was sich schließlich auf Nachhaltigkeit, Qualität und Einhaltung von waldgesetzlichen Normen auswirken könne.

Es gebe keine Vorgaben, wie der Austausch zwischen dem Forstamt und dem künftigen, städtischen Förster anläuft. Im Klartext: Dieser städtische Förster kann künftig tun, was er will. Sein Vorgesetzter ist nämlich der Bürgermeister. „In einer Stadt mit Waldbesitz in der Größe von Weil der Stadt gibt es kein weiteres forstliches Wissen auf Leitungsebene“, sagt Kottmann. Die Ausübung der Dienstaufsicht sei deshalb „nicht einfach“.

„Dann läuft es wieder im Wald“

CDU, Freie Wähler und der SPD machten sich für den städtischen Förster stark, weil sie sich mehr Zugehörigkeit des Försters zur Stadt wünschen. „Der wesentliche Vorteil ist, dass das dann der Förster ist, der zu Weil der Stadt gehört“, fand Cornelia Schmalz (SPD). Und David Götz (CDU) erhofft sich mehr Kontrolle über den Wald beim Holzverkauf und der Holzabfuhr. Er monierte, dass viel Holz im Wald rumliegt. „Dann können wir Unternehmen unserer Wahl da ranlassen, dann läuft es wieder im Wald.“

Dass es in den vergangenen Jahren Unstimmigkeiten gegeben habe, sehen die Verantwortlichen im Böblinger Forstamt nicht. „Aus unserer Sicht gab es zu jeder Zeit eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung“, sagt Sprecherin Kottmann. Sie zählt weitere Nachteile auf. Der städtische Förster sei ein Einzelkämpfer ohne jegliche Unterstützung. Als Angestellter des Landratsamts bekäme er IT, einen waldtauglichen Dienstwagen und Dienstkleidung, thematische Karten, Fachliteratur und forstspezifische Fortbildungsprogramme.

Die Verwaltungsmitarbeiter des Forstamts kümmern sich um Ausschreibung und Vergabe von Arbeiten wie das Holzrücken oder die Holzaufarbeitung, erstellen Gefährdungsbeurteilungen, Rettungspläne und Sicherheitshinweise für alle möglichen Betriebsarbeiten. Zudem seien alle Landratsamtsförster untereinander vernetzt, bekommen Weiterbildungen und könnten auf Materialien zurückgreifen wie Infos zur Waldpädagogik.

Schreiber: Arbeit im Wald wird nicht einfacher

Auch der Weil der Städter Bürgermeister Thilo Schreiber (CDU) hätte die Beforstung lieber beim Landratsamt belassen, konnte sich aber ebenfalls nicht durchsetzen. „Durch den Klimawandel wird die Arbeit im Wald nicht einfacher“, sagte er. „Auch ich als Bürgermeister würde mich wohler fühlen, wenn ich das Landratsamt bei dieser komplexen Aufgabe hinter mir habe.“ Es habe schließlich einen Grund, warum bislang 23 der 26 Kommunen diese Aufgabe delegieren.

Finanzielle Gründe geben nicht den Ausschlag. Die Beauftragung des Landratsamts und die Einstellung eines eigenen Försters sind etwa gleich teuer. Die Vertretung im Urlaubs- oder Krankheitsfall soll mit Renningen oder Leonberg geschehen. Bei einer Beforstung durch das Landratsamt hätte die Behörde bei längerem Ausfall Ersatzpersonal geschickt.

Strittig ist jetzt noch, ob der neue kommunale Förster von Weil der Stadt auch den Holzverkauf selbst übernimmt, oder beim Landratsamt belässt. Stadträte wie David Götz versprechen sich einen höheren Gewinn bei der eigenen Vermarktung.

Dem widerspricht Rebecca Kottmann vom Landratsamt. Anders als noch vor zehn Jahren sei der Holzverkauf eine „Expertentätigkeit“, die ein Revierleiter nicht mehr nebenher mit guten Ergebnissen durchführen könne. Mit seinen größeren Mengen besitze das Landratsamt eine größere Marktmacht.