Der neu in Leonberg gegründete Verein präsentiert sich in der Steinturnhalle und stellt seine Ziele vor.

Leonberg - Das üppige Büffet mit den Köstlichkeiten aus der arabischen Küche duftet herrlich, während sich am Samstag die Steinturnhalle immer mehr mit Menschen füllt. Der im Oktober neu gegründete Arabisch-Islamische Kulturverein Leonberg hat zum Tag der offenen Tür eingeladen, bei dem er sich der Öffentlichkeit, aber vor allem auch den in Leonberg und Umgebung lebenden arabischen Mitbürgern vorstellen möchte.

 

Ist zu Beginn dieser „Kick-off-Veranstaltung“, wie es die Schriftführerin Katrin Alsulaiman bezeichnet, nur eine Handvoll Menschen da, so kommen im Laufe des Nachmittags immer mehr: Männer, Frauen, Familien mit Kindern wollen sich anhören, was bei den Aktiven rund um den Vorsitzenden des Vereins, Khalifa Alsulaiman, auf dem Programm steht. Unter den Gästen ist auch Jürgen Rein, der bei der Stadt Leonberg die Abteilung Familie und Senioren leitet.

Das meiste läuft über Familienclans

„Einen Verein zu gründen ist völlig untypisch für Araber“, sagt Katrin Alsulaiman, dort laufe vieles über Familienclans. Die ehemalige Geschäftsstellenleiterin des SV Leonberg/Eltingen – als solche noch in Erinnerung unter ihrem früheren Namen Katrin Kessoudis – kennt sich aus mit dem Vereinsleben. Jetzt arbeitet sie beim Verein „VDV – Vermittlung deutscher Sprache und Kultur“, der Sprach- und Integrationskurse anbietet. Dort ist auch ihr Mann Khalifa Alsulaiman tätig. Der Computertechniker ist vor Jahren aus Syrien geflüchtet. Er habe ebenso wie einige seiner Landsleute beobachtet, dass vor allem bei den Kindern die arabische Sprache verloren geht: „Mein Neffe wusste im Gespräch nicht mehr, wie einzelne Wörter auf Arabisch heißen.“ Gerade Kinder, die sehr schnell Deutsch lernen, verlieren immer mehr die Sprache ihrer Eltern. So sei das Bedürfnis entstanden, die arabische Sprache und die Traditionen weiterzugeben. Damit verbunden sei auch der islamische Glaube. „Die Leute wollen, dass ihre Kinder den Koran lesen können“, sagt Khalifa Alsulaiman.

Es gebe zwar eine Moschee in Leonberg, in die auch viele Araber gingen, erzählt Salah Ahmad. „Aber der Imam dort spricht Türkisch und das verstehen wir nicht“, erklärt der studierte Sportlehrer, der vor vier Jahren aus dem Irak geflüchtet ist. Ihm geht es nicht nur um die arabische Kultur, betont er, sondern auch um die Gemeinschaft. Denn in einem Verein sei es einfacher, das wichtige Thema Integration anzugehen. „Integration muss sein. Aber alleine ist es schwierig.“

„Ich werde zweimal sprechen“

Auch Muhammed Ali Ezzo betont die zwei Seiten des Lebens der aus den Kriegsgebieten im Nahen Osten Geflüchteten: Zum einen die Notwendigkeit zur Integration in die deutsche Gesellschaft, zum anderen der Wunsch, die arabische Kultur nicht völlig zu verlieren und an die Kinder etwas davon weiterzugeben. Es sei eine gute Idee, so der 27-jährige Syrer, Muslime und Araber in einem Verein zu sammeln, denn für viele sei es schwierig, mit der Gesellschaft zu kommunizieren. „Wir können den Leuten erklären, wie man hier leben kann“, sagt der zweite Vorsitzende des Vereins, der selbst mit seiner in Deutschland geborenen Frau, einer Bosnierin, nur Deutsch redet.

„Ich werde zweimal sprechen,“ sagt Khalifa Alsulaiman bei seiner Begrüßung, „einmal auf Arabisch, einmal auf Deutsch. Mit Deutsch fange ich an.“ Die Idee, einen arabischen Verein zu gründen, sei aus dem Bedürfnis heraus entstanden, Sprache und Tradition zu wahren und Glauben und Religion geschützt ausüben zu können. Zum einen wolle man einer „Islamphobie“ begegnen, und zum anderen Brücken schlagen zu den Bewohnern von Leonberg. „Wir sind der Stadt sehr dankbar und möchten etwas zurückgeben und uns zum Beispiel an Festen und der Kultur in der Stadt beteiligen“, erklärt er.

Einer Parallelgesellschaft entgegenwirken

So wolle man auch ein Stück weit der Bildung einer arabischen Parallelgesellschaft entgegenwirken, wie es diese früher etwa auch bei eingewanderten Italienern oder Griechen gegeben habe, erklärt Katrin Alsulaiman auf Nachfrage. Der Verein wolle Hilfe zur Selbsthilfe geben und die werde eher angenommen, wenn sie von Landsleuten komme, zumal diese auch eine gewisse Vorbildfunktion haben. „Die Integrationsfreudigen haben sich schon integriert, für die anderen kann der Verein ein Schutzraum sein“, sagt sie.

Wie viele Mitglieder der Verein hat, kann die Schriftführerin nicht sagen, denn man habe mit der Werbung noch nicht begonnen. Aber viele Besucher hätten bei der Auftaktveranstaltung Aufnahmeformulare mitgenommen.