Weissachs Bürgermeister Daniel Töpfer kandidiert als OB in Esslingen. Während des Wahlkampfes hat er sich Urlaub genommen. Der Gemeinderat Andreas Pröllochs vertritt ihn.

Weissach - Die Strudelbachgemeinde erlebt in diesen Wochen sozusagen bürgermeisterlose Wochen. Daniel Töpfer hat sich Urlaub genommen. Der Verwaltungschef von den Christdemokraten will Oberbürgermeister in Esslingen werden und braucht die Zeit, um dort Wahlkampf zu machen. Einen Teil der Geschäfte führt derweil Andreas Pröllochs. Er ist seit 2016 als Gemeinderatsmitglied und Fraktionschef der Bürgerliste erster stellvertretender Bürgermeister in Weissach.

 

Herr Pröllochs, wann dürfen die Weissacher wieder mit ihrem hauptamtlichen Gemeindeoberhaupt rechnen?

Mein Informationsstand ist, dass Herr Töpfer bis zum Wahltermin am Sonntag, 11. Juli, im Urlaub ist. Kommt es zu einer Stichwahl am 25. Juli, würde sich dieser bis dahin verlängern.

Hat Sie die Kandidatur Töpfers für den Posten des Esslinger Oberbürgermeisters überraschend getroffen?

Überraschend insofern, weil es so konkret nicht vorhersehbar war. Dass er irgendwann den nächsten Schritt in seiner beruflichen Entwicklung gehen würde, war zu erwarten. Dass er diese Chance wahrnimmt, die sich für ihn nun in Esslingen bietet, ist für mich nachvollziehbar.

Stellvertretender Bürgermeister ist in Gemeinden unter 10 000 Einwohnern keine hauptamtliche Tätigkeit. Sie sind anderweitig berufstätig. Können Sie da den derzeit abwesenden Bürgermeister überhaupt in ausreichender Weise vertreten?

Karin Richter, die Weissacher Kämmerin, vertritt Herrn Töpfer im Amt des Verwaltungschefs und steht in engem Austausch mit ihm. Das funktioniert sehr gut. Wenn es darum geht, repräsentative Aufgaben zu übernehmen, teile ich mir das mit dem zweiten Stellvertreter des Bürgermeisters aus dem Gemeinderat, Steffen Lautenschlager (Freie Wähler). Die Leitung vom Finanz- und Verwaltungsausschuss übernehme derzeit ich, den Technischen Ausschuss Herr Lautenschlager. Die nächste Gemeinderatssitzung ist am 26. Juli, also erst nach der Wahl in Esslingen.

Müssen Sie sich mit Töpfer abstimmen oder handeln Sie selbstständig?

Wenn ich ihn vertrete, stimme ich mich im Vorfeld mit ihm beziehungsweise mit Frau Richter ab.

Als vor zwei Wochen ein schweres Unwetter mit erheblichen Schäden über Weissach hereingebrochen war, wurden Stimmen laut, die kritisierten, dass der Bürgermeister nicht vor Ort war. Können Sie diese Kritik teilen?

Wenn Herr Töpfer nicht im Urlaub gewesen wäre, wäre der Bürgermeister an diesem Tag mit Sicherheit präsent gewesen. Im akuten Fall von Esslingen nach Weissach zu kommen, ist schwierig, zumal Dank des tollen Einsatzes von Verwaltung, Feuerwehr und Bauhof die Lage nach kurzer Zeit wieder unter Kontrolle war. Dass die betroffenen Bürger sich über einen Beistand vor Ort gefreut hätten, kann ich verstehen.

Herr Töpfer bewirbt sich als OB in Esslingen in einer Phase, in der Weissach vor erheblichen Herausforderungen steht. Die Jahre, in denen die kommunale Kasse überreich gefüllt war, sind vorbei. Zu allem Überfluss hat die Kommune durch die Pleite der Greensill Bank 16 Millionen Euro verloren. Denken Sie, dass es unter diesen Bedingungen schwierig werden würde, einen Nachfolger für Töpfer zu finden?

Weissach ist nach wie vor eine sehr attraktive Gemeinde, die sich stetig weiterentwickelt und ist damit auch ansprechend für mögliche Bewerber. Unsere Gemeinde bietet ein breites Themenfeld und viele Herausforderungen. Auch die anstehenden Projekte, etwa die Neugestaltung der Weissacher Ortsmitte, machen die Arbeit in Weissach interessant. Sorgen, dass wir keine geeigneten Kandidaten finden könnten, mache ich mir da nicht.

Andreas Pröllochs ist stellvertretender Bürgermeister in Weissach. Foto: Ignazio Senis

Der bisherige Esslinger OB tritt zum 30. September ab. Kurz danach dürfte die Amtseinführung des Nachfolgers stattfinden. Konkret: Wie bereitet sich die Gemeinde derzeit auf den Fall vor, dass Daniel Töpfer gewählt wird?

Noch ist Herr Töpfer Bürgermeister von Weissach. Aber natürlich macht sich der Gemeinderat generell Gedanken, wie wir im Fall der Fälle vorgehen würden. Ziel wäre, eine mögliche Zeit ohne Bürgermeister so kurz wie möglich zu halten. Gleichzeitig wäre uns wichtig, ein möglichst gutes Kandidatenfeld akquirieren zu können. Also Qualität und Geschwindigkeit zugleich. Mögliche Szenarien sowie die Terminschiene haben wir uns bereits angeschaut und würden diese bei Bedarf in der nächsten Gemeinderatssitzung am 26. Juli gemeinsam mit der Verwaltung beraten.

Für Weissach kommt erschwerend hinzu, dass die Hauptamtsleiterin Nadine Pfaffeneder ebenfalls Ende September das Rathaus verlässt. Wenn Bürgermeister und Hauptamtsleiterin praktisch gleichzeitig gehen, verschärft das die Situation in der Verwaltung.

Es ist sehr bedauerlich, dass wir Frau Pfaffeneder als Hauptamtsleiterin verlieren. Sie macht einen sehr guten Job. Ich kann ihren Wechsel aber auch nachvollziehen. In Pforzheim, wo sie das Standesamt übernehmen wird, eröffnen sich ihr Möglichkeiten im gehobenen Dienst, die Weissach nicht anbieten kann. Das verschärft aber den Stabwechsel an der Rathausspitze meiner Ansicht nach nicht. Die Planungen für eine neue Besetzung des Hauptamts laufen bereits. Wir streben einen fliegenden Wechsel an. Aber Sie haben Recht: Beide Verluste wären für uns nicht optimal.

Kritiker sagen, Bürgermeister Töpfer macht sich nach den Greensill-Verlusten in Weissach nun aus dem Staub. Denken Sie, dass die massive Kritik, mit der er sich im Zuge dieser Affäre auseinandersetzen musste, seinen Antrieb geweckt hat, Weissach zu verlassen?

Nein. Ich habe Herrn Töpfer seit seinem Amtsantritt immer als jemanden erlebt, der sehr verantwortungsvoll mit den Ressourcen der Gemeinde umgegangenen ist. Er hat das strukturelle Defizit der Kommune um rund 50 Prozent reduziert. Der Gemeinderat hat dem Bürgermeister und der Kämmerin mit der Anlagerichtlinie ein Instrumentarium an die Hand gegeben, das die Anlagen ermöglichte. Die Greensill Pleite wurde letztlich jedoch durch nicht konformes Handeln der Bank ausgelöst. Die Erfahrung hieraus und Überlegungen, welche Anlageformen zukünftig möglich sind, müssen in eine Überarbeitung der Anlagenrichtlinie einfließen.