Ein 25-Jähriger wird zu einer 16-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt.

Leonberg - Eigentlich hat sich der 25-jährige Flüchtling auf der Anklagebank des Leonberger Amtsgerichts sitzt, nach fünf Jahren in Deutschland ganz gut integriert: Er spricht leidlich Deutsch und geht seit eineinhalb Jahren einer geregelten Arbeit nach. Allerdings wohnt er noch immer in einer Flüchtlingsunterkunft in Weil der Stadt. Dass sich eine Clique von Jugendlichen im Herbst 2018 dorthingezogen fühlte, wurde ihm nun zwei Jahre später zum Verhängnis.

 

Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, zwischen September und November 2018 sieben Mal einem damals 13-Jährigen aus Weil der Stadt einen Joint überlassen zu haben. Zudem wurde er im Frühsommer dieses Jahres zweimal mit geringen Mengen Marihuana im Dronfield-Park in Sindelfingen und am Treppenaufgang zum Klostersee in Sindelfingen erwischt. Die Anklage lautete auf Besitz und Überlassung von Betäubungsmitteln an Minderjährige.

Zweimal von Zivilstreife erwischt

Den Besitz von insgesamt 0,35 Gramm Marihuana räumte der 25-Jährige, der bereits zweimal von Zivilstreifen der Polizei bei Rauschgiftkontrollen an einschlägig bekannten Orten in Sindelfingen erwischt worden war, unumwunden ein. Er gestand auch, dem 13-Jährigen bei sich in der Asylbewerberunterkunft einen Joint überlassen zu haben – allerdings nicht sieben Mal, sondern maximal zwei Mal.

Der Junge sei damals zusammen mit anderen Jungen und Mädchen gekommen. Er selbst sei betrunken gewesen und habe den Weil der Städter gefragt, ob er ihm bei seinen Hausaufgaben für seinen Sprachkurs helfen könne. Dass dieser zum damaligen Zeitpunkt minderjährig gewesen sei, habe er nicht gewusst. „Ich habe ihn nach seinem Alter gefragt. Er antwortete, er sei 18“, erklärte der Angeklagte vor Gericht.

Zuhause massive Probleme

Der damals 13-Jährige machte 2018 eine schwierige Phase durch. Das bestätigte ein Polizist im Zeugenstand. Der Vater des Jungen habe eine Vermisstenanzeige bei der Polizei aufgegeben, nachdem dieser in einer Nacht nicht nach Hause gekommen sei. Ein Kollege vom Posten in Weil der Stadt, zu dem der 13-Jährige ein gutes Verhältnis hatte, habe ihn am nächsten Tag beim Flüchtlingsheim gefunden. „Er erklärte, dass er von zu Hause abgehauen sei, da er dort massive Probleme gehabt habe“, berichtete der Polizist.

Der Teenager sei damals offenbar in einer Orientierungsphase gewesen und habe auch auf seinem Schulhof kleinere Mengen Marihuana gekauft. Er meinte, er habe circa zehn Mal mit dem Angeklagten Joints geraucht.

Stress mit den Eltern

Vor Gericht konnte sich der nunmehr 15-Jährige daran nicht mehr erinnern. Er glaube, es sei höchstens zwei Mal gewesen. „Wir sind damals mit der Clique ab und zu in die Flüchtlingsunterkunft gegangen und haben laut Musik gehört, um von dem Stress runterzukommen, den wir mit unseren Eltern hatten“, sagte der Teenager, der inzwischen eine Ausbildung im Straßenbau macht. Er habe sich dem Angeklagten gegenüber als älter ausgegeben und gesagt, dass er 15 Jahre alt sei. „Wir waren früher befreundet, aber es ist besser, dass wir uns jetzt nicht mehr sehen“, meinte der Weil der Städter.

Der Staatsanwalt forderte in seinem Schlussplädoyer eine Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten für den Angeklagten. Zumindest in zwei Fällen sei es bewiesen, dass der Mann dem 13-Jährigen einen Joint überlassen habe. „Er war fast noch ein Kind, und Sie haben ihn zum Kiffen gebracht“, hielt der Staatsanwalt dem Angeklagten vor. Für ihn spreche jedoch sein Geständnis und die Tatsache, dass er strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten sei.

Minderschwerer Fall

Der Verteidiger des Flüchtlings plädierte auf einen minderschweren Fall. Man müsse berücksichtigen, dass im Kulturkreis des Angeklagten die Haltung zu Drogen eine andere sei. Er hielt eine Bewährungsstrafe von neun Monaten für angemessen.

Richterin Bettina Künzel schloss sich in ihrem Urteil jedoch der Ansicht der Staatsanwaltschaft an und verurteilte den 25-Jährigen zu der Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten sowie einer Geldbuße von 1200 Euro zugunsten des Seehauses. Sie ging aber davon aus, dass dieser Prozess dem Angeklagten als ausreichende Mahnung diene, nicht wieder straffällig zu werden und eine Bewährungsstrafe daher ausreiche. „Wir wollen Ihnen die Chance, weiterhin Ihrer Arbeit nachzugehen, nicht nehmen“, sagte die Richterin.