Was wird mit Ihrem Namen verbunden bleiben?

 

Die Errichtung einer Stadt- und Tourist-Info am Marktplatz war schon ein Quantensprung. Auch der Aufbau des Stadtmarketings und der Wirtschaftsförderung waren wichtig, ebenso die Leistungsschau und der Weiler Strandsommer. Viel war dominiert vom Bereich Schulen und Kindergärten. Für die Würmtalschule Merklingen haben wir die Mensa und Klassenzimmer gebaut, in Weil der Stadt die Gemeinschaftsschule eingeführt und den katholischen und den Schafhausener Kindergarten neu gebaut. Auch viele Pflichtaufgaben waren zu stemmen, wie zum Beispiel die millionenschwere Erweiterung und Modernisierung der Kläranlage.

Sie haben nach vielen Jahrzehnten erstmals wieder für neues Bauland gesorgt.

Allein die Einführung des Ankauf-Modells war aufwendig und hat mir viel Kritik eingebracht. Viele hatten nicht verstanden, warum die Stadt zuerst alle Grundstücke selbst kaufen will. Aber nur so können wir gewährleisten, dass keine Baulücken entstehen. Es freut mich, dass das Gebiet Schwarzwaldstraße Ende des Jahres nun erschlossen ist und die Leute beginnen können, zu bauen. Auch der Häugern schreitet voran.

Was war schwierig zu verhandeln?

Mussten Sie lange überlegen?

Ja, das war im vergangenen Jahr schon ein sehr intensiver Prozess. Aber am Ende habe ich gesagt: Nach 21 Jahren als Bürgermeister will ich endlich wieder ein freies Wochenende haben, mehr Privatleben. Dieses Amt ist sehr anspruchsvoll, das kann man entweder mit voller Kraft oder gar nicht machen. Das Potenzial der Keplerstadt habe ich aber immer gesehen.

Sie hatten in Ihrer Pressemitteilung geschrieben, dass gerade Weil der Stadt sehr viel Kraft gekostet hat. Warum?

Meine Amtszeit hier war überwiegend von Krisenmanagement geprägt, ich musste vieles korrigieren oder einführen, was eigentlich anderswo seit Jahren oder Jahrzehnten Standard ist. Die acht Jahre hier waren so intensiv, wie vorher die 13 Jahre in Loßburg. Und Schmalhans war auch immer Küchenmeister...

„Ich musste Stadt und Verwaltung auf Kurs bringen“

Mit was haben Sie hier in Ihrem Büro die meiste Zeit verbracht?

Mit viel Verwaltungs- und Organisationsarbeit. Ich musste die Stadt und die Stadtverwaltung wieder auf Kurs bringen und wichtige Zukunftsprojekte anstoßen. Auch der Gemeinderat war gespalten, als ich gekommen bin. Die Einigung im Gemeinderat ist mir gelungen, dazu haben aber auch die Gemeinderäte wesentlich beigetragen.

Der Gemeinderat hätte Sie bei der Wiederwahl einmütig unterstützt. Das muss ein Bürgermeister erst einmal schaffen.

Endgültig würde ich das erst wissen, wenn ich tatsächlich angetreten wäre. Aber ich sage ja: Die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat war absolut in Ordnung. Wir haben einander respektiert, zugehört und ausreden lassen. Wir waren zwar nicht immer einer Meinung, aber wir haben stets zum Wohle der Stadt entschieden. Ich konnte mich auf den Gemeinderat, wenn’s hart auf hart kam, immer verlassen. Dafür bin ich dankbar und auch ein wenig stolz.

Und wie zufrieden sind Sie mit dem Aufbau der Stadtverwaltung?

Es ist vieles besser, effizienter und bürgerfreundlicher geworden, aber ehrlich gesagt: Es gibt noch Luft nach oben. Der Bürgermeister in Weil der Stadt muss viel in der Verwaltung mitarbeiten, immer wieder mahnen und antreiben. Die personellen Rahmenbedingungen könnten besser sein, denn nur mit einer schlagkräftigen, serviceorientierten und bürgerfreundlichen Verwaltung kann ein Bürgermeister erfolgreich sein.

Schreiber begrüßt Raumfahrer von Weltrang

Was war Ihr Höhepunkt in der Stadt?

Neulich erst habe ich das Goldene Buch der Stadt durchgeblättert. In meiner Zeit durfte ich fünf Raumfahrer von Weltrang in Weil der Stadt begrüßen. Zusammen mit der Kepler-Gesellschaft und dem Unternehmer Florian Noller haben wir zum Beispiel die russische Kosmonauten-Legende Alexej Leonow empfangen, das war der erste Mensch, der ein Raumschiff verließ. Hier waren auch der Rekord-Kosmonaut Gennady Padalka, der 878 Tage im All war, Anatoly Solowjov, Nikolai Budarin und der US-amerikanische Astronaut Walt Cunningham vom ersten bemannten Raumflug der Apollo 7.

Repräsentieren gehört auch zum Job des Bürgermeisters. Hat Ihnen das Freude gemacht?

Ja, dafür habe ich mir auch immer viel Mühe gegeben und Zeit genommen. Denken Sie auch an den Neujahrsempfang, den wir aufgebaut haben.

Der wichtigste Termin ist die Fasnet. Sind Sie da immer gern hingegangen?

Natürlich, die Fasnet ist ein Alleinstellungsmerkmal der Stadt. Die AHA mit Michael Borger und Daniel Kadasch haben es mir wirklich einfach gemacht, da reinzukommen. Unvergesslich bleiben für mich der Marsch mit den hübschen Zigeunerinnen und Zigeunern nach Leonberg zum Pferdemarkt mit Teilnahme am Umzug, der Umzug in Riquewihr an der Spitze als Siebenerrat, die legendären Ratssitzungen am Schmotzingen und diesjährige Teilnahme mit eigenem Wagen beim Weiler Umzug. Dafür möchte ich ein herzliches AHA-AHA-AHA-Dankeschön sagen.

Fallen Ihnen auch Niederlagen ein?

Richtige Niederlagen nicht, aber empfindsame Rückschläge und Enttäuschungen. Es ist sicher kein Geheimnis, dass ich mir mehr Fortschritte beim Baumarkt oder beim Hotel Krone-Post gewünscht hätte.

Was bleibt den Menschen in Erinnerung?

Was wird mit Ihrem Namen verbunden bleiben?

Die Errichtung einer Stadt- und Tourist-Info am Marktplatz war schon ein Quantensprung. Auch der Aufbau des Stadtmarketings und der Wirtschaftsförderung waren wichtig, ebenso die Leistungsschau und der Weiler Strandsommer. Viel war dominiert vom Bereich Schulen und Kindergärten. Für die Würmtalschule Merklingen haben wir die Mensa und Klassenzimmer gebaut, in Weil der Stadt die Gemeinschaftsschule eingeführt und den katholischen und den Schafhausener Kindergarten neu gebaut. Auch viele Pflichtaufgaben waren zu stemmen, wie zum Beispiel die millionenschwere Erweiterung und Modernisierung der Kläranlage.

Sie haben nach vielen Jahrzehnten erstmals wieder für neues Bauland gesorgt.

Allein die Einführung des Ankauf-Modells war aufwendig und hat mir viel Kritik eingebracht. Viele hatten nicht verstanden, warum die Stadt zuerst alle Grundstücke selbst kaufen will. Aber nur so können wir gewährleisten, dass keine Baulücken entstehen. Es freut mich, dass das Gebiet Schwarzwaldstraße Ende des Jahres nun erschlossen ist und die Leute beginnen können, zu bauen. Auch der Häugern schreitet voran.

Was war schwierig zu verhandeln?

Schon während des Wahlkampfs vor acht Jahren gab es eine hitzige Diskussion um die Zukunft des Pflegeheims. Wir haben uns dann für die Brühlwiesen entschieden, aber mir war gleich klar, dass das ein langer Planungsprozess wird. Wenn dann noch der Natur,- Landschafts-und Hochwasserschutz dazukommen, braucht es eben diese Zeiträume. Aber jetzt entsteht dort was richtig Tolles.

Nicht nur dort wird gebaut, sondern auch in der Schafhausener Ortsmitte.

Ja, an diesem Projekt habe ich selbst noch bis vor Wochen mitgearbeitet. Jahrelang verhandelt haben wir übrigens auch für das Linde-Areal. Jetzt baut Atrio dort das integrative Wohnprojekt und der neue Bürger-Treff wird gleich mit einziehen.

In nächster Zeit wird ziemlich viel fertig, was Sie angestoßen haben: Ist das nicht ungerecht?

Nein. Schließlich habe ich selbstbestimmt die Entscheidung getroffen, nicht mehr zu kandidieren. Aber in der Tat: Gustav Werner, der Reutlinger Pfarrer, Sozialpionier und Gründer von Waisenheimen und Behindertenwerkstätten, hat einmal gesagt: Was nicht zur Tat wird, hat keinen Wert. Ich habe in Weil der Stadt viel gesät und hätte gerne mehr bewegt. Viele Früchte wird jetzt mein Nachfolger Christian Walter ernten, und ich freue mich für Stadt und Bürgerschaft, wenn Weil der Stadt durch diese Projekte vorwärtskommt.

Keine große Abschiedsfeier

Am 2. November beginnt Christian Walter. Mit welchem Gefühl übergeben Sie den Schlüssel?

Ich wünsche meinem Nachfolger Christian Walter alles Gute, viel Erfolg und eine glückliche Hand für die vielen wichtigen Entscheidungen, die in Zukunft zu treffen sind. Ich bin mir sicher: Er wird es mit mir als Vorgänger leichter haben als ich, denn ich werde mich komplett heraushalten – wie es sich für das höchste Amt einer Stadt geziemt.

Warum gibt es keine Verabschiedung?

Es gibt bald noch eine Kleinst-Feier mit wenigen Vertretern von Stadtverwaltung und Gemeinderat. Denn eine größere Veranstaltung passt einfach nicht in diese schwierige Zeit mit steigenden Corona-Infektionszahlen. Es wäre für mich unverzeihlich, wenn bei solch einer Verabschiedungsfeier eine neue Infektionskette ausgelöst würde.

War Bürgermeister eigentlich schon immer Ihr Traumberuf?

Nein! Aber sehr wohl Berufung und unbedingte Leidenschaft zugleich.

Und was haben Sie jetzt vor? Im März hatten Sie angedeutet, in die Energie-, Wohnungs- oder Sozialwirtschaft oder in das Stiftungswesen zu wechseln.

Alles ist offen, ich plane nicht mehr so viel, bin geduldig. Denn wie heißt es: Das Leben kommt zu dem, der warten kann.

Dann heißt es jetzt endgültig, Abschied zu nehmen.

Ich werde Weil der Stadt verbunden bleiben und die weitere Entwicklung interessiert verfolgen. Schließlich bleibt Weil der Stadt ein wichtiger Teil meines Berufslebens. Ich gehe in Dankbarkeit, ich habe viele interessante Erfahrungen gemacht und überwiegend tolle Menschen kennen gelernt. Besonders danken möchte ich dem Ersten Beigeordneten Jürgen Katz für die hervorragende Zusammenarbeit. Ich wünsche der Keplerstadt und der Bürgerschaft alles Gute für die Zukunft.