In Leipzig, Berlin, Wittenberg und Pforzheim ziehen schon monumentale Rundbilder des Künstlers Yadegar Asisi die Massen an. Nun soll auch Konstanz so ein populäres Historienpanorama erhalten. Nicht alle finden diese Geschichtsmalerei gut.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Konstanz - Mit der Stadt Konstanz hat Wolfgang Scheidtweiler ja schon endgültig gebrochen gehabt. Dann eben nicht, hat der Unternehmer aus Pforzheim vor anderthalb Jahren erklärt, als seine Idee für ein riesiges Konzilspanorama beim Gemeinderat auf Skepsis gestoßen war. Jetzt will es der 71-Jährige doch wagen. Der Künstler Yadegar Asisi, dessen monumentale Rundbilder bereits in Leipzig, Berlin, Wittenberg oder Pforzheim die Massen anziehen, sei begeistert vom Thema der Kirchenversammlung, die von 1414 bis 1418 die Welt an den Bodensee blicken ließ. Eine Mitarbeiterin seines Büros sei schon seit einem Jahr heimlich mit den Vorarbeiten beschäftigt. Jetzt hat Scheidtweiler offiziell den Auftrag erteilt. Zudem will er mit einem zweistelligen Millionenbetrag den erforderlichen Rundbau erstellen lassen. Er wird 45 Meter hoch und so rund wie ein Fass sein, was passt – schließlich ist Scheidtweiler Brauereibesitzer. Auch an der Konstanzer Ruppaner-Brauerei hält seine Familie Anteile.

 

Politisch hat sich sonst gar nicht viel geändert. Vor anderthalb Jahren war ein Drittel des Gemeinderats gegen die Historiendose. Jetzt sind zwei Drittel dafür. Alles beim Alten also. Doch der Ton macht die Musik, und da hört Scheidtweiler nun vor allem auf das, was der Oberbürgermeister Ulrich Burchardt sagt. Das Panorama biete „einen wertvollen und gleichzeitig niederschwelligen Zugang zum Thema Konzil“, schwärmt der CDU-Politiker. Asisi verstehe es, auf „zeitgemäße Weise, Geschichte und Hochkultur erlebbar“ zu machen. Das werde auch die Konstanzer begeistern, ist der OB zuversichtlich.

Dass es an deren Begeisterung bislang hapert, liegt an den Urlaubermassen und den vielen Schweizer Einkaufstouristen, derentwegen an manchen Tagen in der Fußgängerzone kaum noch ein Durchkommen ist. Konstanz brauche nicht noch eine Attraktion, stöhnte ein SPD-Stadtrat. Andere verweisen jedoch darauf, dass die Stadt eine überdachte Attraktion für Regentage durchaus noch vertragen könnte. Im Auge eines großen Kreisverkehrs direkt an der neuen Rheinbrücke fanden die Planer zudem einen geeigneten Standort.

Aber es gibt auch inhaltliche Kritik. Eine solche „Historiendose“ mache ihm die Arbeit nicht leichter, glaubt der Chef der Konstanzer Museen, Tobias Engelsing. Da würden auch nicht Kombitickets helfen. „Wenn Rotarier aus Koblenz das Panorama besuchen, fahren sie hinterher auf die Mainau weiter und kommen bestimmt nicht zu mir ins Rosgartenmuseum.“ Auch bei Schülergruppen sei es schwer, gegen das „historische Fast Food“ anzukommen. „Wenn sich die Freizeitindustrie des Historischen bemächtigt, bleibt es ein Gefälle.“ Die öffentlichen Museen bewahrten die Originale, die anderen machten Kasse.

Aufatmen gibt es hingegen bei der Stadtspitze. Fünf Jahre wurde in Konstanz an das Konzil vor 600 Jahren erinnert, am Wochenende gingen die Feierlichkeiten zu Ende. Die Aussicht auf das Konzilspanorama stellt nun sicher, dass Konstanz nicht wie damals hernach in ein tiefes Loch fällt, sondern dauerhaft vom wichtigsten Ereignis der Stadtgeschichte profitiert. „Ich finde das großartig“, sagt Ruth Bader vom Konzilsbüro. Irgendwann ist es auch mal genug, findet hingegen der Historiker Engelsing. Seine Heimatstadt biete auch andere Themen von Relevanz. Gerade bereitet er eine Ausstellung über die Klima- und Naturgeschichte des Bodensees vor. „Der gefährliche See“, so der Arbeitstitel. Auch wer historisches Fast Food ablehnt, kann spannende Geschichte(n) erzählen.