Eine 29-Jährige ist vor dem Amtsgericht Böblingen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil sie betrunken und in einer emotional aufgeladenen Situation Auto gefahren war und einen Unfall verursacht hatte. Dabei war ein vierfacher Familienvater ums Leben gekommen.

Böblingen - „Alles nur wegen des Streits“, soll die Angeklagte direkt nach dem Unfall im vergangenen Mai zu einer Zeugin gesagt haben. Ein Unfall, der nicht nur ihr Leben auf tragische Weise veränderte. Denn die heute 29-Jährige war betrunken in ihr Auto gestiegen und hatte sich während der Fahrt mit ihrem Mann gestritten. Auf einer Landstraße bei Herrenberg verlor sie die Kontrolle über ihr Auto und krachte auf der Gegenspur in ein Motorrad. Der Fahrer, ein 56-jähriger vierfacher Familienvater, starb an der Unfallstelle.

 

Vor dem Böblinger Amtsgericht musste sich die in Bondorf lebende Mutter zweier Kinder wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und Gefährdung des Straßenverkehrs verantworten. Auch die Witwe und eine Tochter des Motorradfahrers waren als Nebenkläger bei dem Prozess anwesend. Sie wollten wissen, warum ein erfahrener Motorradfahrer auf einer geraden Landstraße bei guten Sichtverhältnissen den Tod finden musste. „Unser Leben ist in tiefem Chaos versunken“, schilderte die Witwe eindrücklich ihren Verlust. Aus ihrem Haus sei sie ausgezogen, weil sie es nicht mehr ausgehalten habe. „Die Kinder sind ausgezogen. Jetzt hätten wir Zeit zu zweit gehabt, doch sie wurde uns genommen“, sagte die Witwe in Richtung der Angeklagten. Auf eine Entschuldigung habe sie vergeblich gewartet.

Entschuldigung wird durch den Anwalt übermittelt

Dass es ihr leid tue, wollte die Angeklagte auch vor Gericht nicht sagen; sie ließ es durch ihren Anwalt ausrichten. Die meiste Zeit richtete sich ihr Blick zu Boden, und sie ließ ihre Haare wie zum Schutz vor ihr Gesicht fallen. Angaben zu ihrer Person und zur Sache wollte sie ebenfalls nur über ihren Anwalt machen. „Das ist ihr gutes Recht, jedoch haben wir so nur sehr wenig über sie erfahren“, merkte der Richter Werner Kömpf an. Er erfuhr aber, dass sie eine sechsjährige Tochter hat, mit der sie alleine lebt. Von ihrem Ehemann ist sie inzwischen getrennt, der gemeinsame Sohn wohnt bei seinem Vater.

Am Unglückstag hatte das Ehepaar die Kinder bei der Mutter des Mannes abgegeben, um ein Spiel des VfB Stuttgart zu besuchen. Das Auto hatten sie in Herrenberg bei der Oma des Mannes abgestellt. Geplant war, dass sie dort auch übernachten sollten. Vor dem Spiel hatte die Angeklagte vermutlich einen Piccolo-Sekt und drei bis vier Bier getrunken. Während des Spiels kam es dann zu dem folgenschweren Streit. „Es war ein Missverständnis“, schilderte der Ehemann der Angeklagten die Ursache. Zwei Freunde des Paares waren in eine handgreifliche Auseinandersetzung geraten.

Über diese Situation stritt sich das alkoholisierte Paar auf dem Rückweg nach Herrenberg weiter. „Warum ist nicht ihr Mann gefahren. Oder warum haben Sie sich nicht ein Taxi oder die S-Bahn genommen?“, wollte die Witwe von der Angeklagten wissen. „Ich habe selbst entschieden zu fahren, mein Mann hatte damit nichts zu tun“, antwortete die junge Frau zum ersten Mal selbst. Sie habe einfach nur weggewollt aus dieser Situation. Der Streit muss der 29-Jährigen schließlich zu viel geworden sein. „Sie hat gesagt, dass es jetzt reicht, aber für mich war der Streit noch nicht geklärt“, bestätigte ihr Mann. Dann soll sie „Stopp“ geschrien und auf die Bremse getreten haben.

Doppelte Schuld der Angeklagten

Ein Gutachten bestätigt, dass sie nach rechts auf einen Grünstreifen gekommen war und anschließend heftig nach links gegengelenkt hatte. Ein Alkoholtest eine Stunde nach dem Unfall ergab einen Wert von 1,08 Promille. Zum Zeitpunkt des Unfalls musste die Frau demnach im Bereich der absoluten Fahruntüchtigkeit gewesen sein. „Ein nüchterner Autofahrer hätte die Situation leicht meistern können“, sagte der Richter Kömpf. Die nicht vorbestrafte Angeklagte trifft aus seiner Sicht eine doppelte Schuld, da sie betrunken und in einer emotional aufgeladenen Situation gefahren war. Deswegen wurde sie zu einer Freiheitsstraße von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. „Eine Bewährung erschien uns nicht richtig, da man nach so einem Fehlverhalten nicht einfach ein Auge zudrücken kann“, begründete Kömpf das Urteil.