Die Apfelsaftinitiative des Landkreises Böblingen feiert in diesem Jahr ihren 20. Geburtstag – mit einem wegen des außergewöhnlichen Sommerwetters regelrechten Rekord-Jahrgang.

Herrenberg - Für Ernst Hahn war dieses Jahr sehr arbeitsreich. Viele Stunden hat der 81-Jährige auf seinen Streuobstwiesen rund um Herrenberg-Gültstein (Kreis Böblingen) verbracht, um die überaus reiche Ernte einzubringen. Ob Kirschen, Birnen oder Äpfel – an seinen rund 500 Bäumen wächst alles, was das Herz begehrt. Die Früchte, die er nicht selbst verarbeitet, zum Beispiel zu Most, bringt der Gültsteiner Senior seit mittlerweile 20 Jahren zur Apfelsaft-Initiative des Landkreises Böblingen. Ab sofort ist der neue Jahrgang dieses heimischen Saftes in den Läden erhältlich. „Er ist granatenmäßig süß“, schwärmte der Böblinger Landrat Roland Bernhard jetzt bei der Verkostung in der Halle des Mönchberger Agrarhandels.

 

Das Wetter hat es in diesem Jahr gut gemeint mit den Fans des regionalen Safts und den Obstbauern im Kreis eine überdurchschnittlich gute Ernte beschert. Rund 550 Tonnen Obst seien in den Annahmestellen des Kreisapfelsafts abgeliefert worden, sagt Manfred Nuber, der Fachberater für Obst- und Gartenbau im Landratsamt. „Das ist eine Riesenmenge.“ Zum Vergleich: Im Durchschnitt werden rund 350 Tonnen Obst abgegeben. Nach den starken Frostschäden im Jahr 2017 sei man sogar nur auf 126 Tonnen Obst gekommen. Rund 15 Tonnen der Früchte, die in diesem Jahr zu Kreisapfelsaft verarbeitet wurden, sind auf den Bäumen von Ernst Hahn gewachsen. Der 81-Jährige ist einer von mittlerweile mehr als 400 Obsterzeugern, die in der Apfelsaft-Initiative engagiert sind.

Konzept der Initiative

Das Konzept der Initiative ist einfach: Die Erzeuger verpflichten sich, ihre Streuobstwiesen nachhaltig zu pflegen und langfristig zu erhalten. Dies „ist uns ein zentrales Anliegen“, sagt der Landrat. Und: „Ich habe großen Respekt vor denen, die ihre Zeit investieren, um die Streuobstbestände zu pflegen.“ Im Gegenzug erhalten sie für jeden Doppelzentner Obst, den sie abliefern, 7,50 Euro mehr, als es der Markt aktuell hergeben würde. Diesen Aufpreis zahlt aber nicht der Landkreis, sondern der Verbraucher – denn der Saft sei kein Billigprodukt, betont Manfred Nuber. Die Kreisverwaltung übernehme die Organisation, die Kontrolle und das Marketing für den Saft.

Hier entlang: „Werbespot für den Kreisapfelsaft“

Ernst Hahn jedenfalls freut sich über den finanziellen Zuschuss für seine Ernte. Seine Streuobstwiesen seien ein Hobby, sagt der 81-Jährige, „das darf auch Geld kosten“. Allerdings sollten sich die Kosten einigermaßen im Rahmen halten – und dies sei dank der Initiative der Fall. Neue Erzeuger könnten derzeit allerdings nicht in die Initiative aufgenommen werden, es gebe sogar eine Warteliste, sagt Nuber. „Die Obstmenge, die wir für den Landkreis-Apfelsaft annehmen können, ist naturgemäß durch die Absatzerwartungen der verarbeitenden Betriebe begrenzt“, erklärt er – und wirbt für die heimischen Produkte. „Diesen Saft zu trinken ist ein Lebensgefühl“, lobt auch der Landrat Roland Bernhard und weist darauf hin, dass es die Unterstützung der Kunden brauche, um die Streuobstlandschaft zu erhalten.

Beliebteste Sorten

In den 20 Jahren seit der Gründung der Initiative ist das Produktsortiment stetig erweitert und verändert worden. So gibt es neben dem klassischen Apfelsaft mittlerweile auch andere Fruchtsäfte und beispielsweise einen Apfel-Balsamico-Essig,, von dem 2017 rund 5000 Flaschen verkauft wurden. „Er läuft sehr gut“, bilanziert Nuber. Der größte Umsatztreiber sei allerdings weiterhin der klassische Apfelsaft in der Ein-Liter-Glasflasche. Von der klaren Sorte seien im vergangenen Jahr 110 000 Liter verkauft worden, der naturtrübe Saft schaffte es gar auf 115 000 Liter.

Die Initiative in Zahlen

Erzeuger:
Als die Landkreisapfelsaft-Initiative vor 20 Jahren an den Start ging, beteiligten sich 200 Erzeuger mit 110 Hektar Wiesenfläche und 4700 Bäumen. Seitdem hat sich viel getan. Aktuell hat die Initiative 470 Erzeuger unter Vertrag. Sie bewirtschaften etwa 190 Hektar Wiesenfläche mit rund 8700 Bäumen.

Produkte:
Seit der Gründung der Initiative wurden rund 7000 Tonnen Äpfel aus heimischen Streuobstwiesen verarbeitet. Dies ergab 5,3 Millionen Liter Apfelsaft.