Die Ortsteile sind ja auch ein Grund für die schlechten Finanzen der Stadt, weil Sie alles fünfmal vorhalten müssen – fünf Grundschulen, fünf Feuerwehrhäuser, und so weiter. Wie wollen Sie aus diesem Dilemma rauskommen?
Ja, im Haushalt 2018 haben wir nur Pflichtprogramm – und rechnen trotzdem mit 4,5 Millionen Euro neuer Schulden. Schulden darf man natürlich machen, denn auf der anderen Seite schaffen wir ja auch Infrastruktur und bringen die Stadt nach vorne. Die Verschuldung hat aber auch Grenzen, wir brauchen dringend mehr und neue Einnahmen, deswegen dränge ich so auf die Ausweisung von Neubaugebieten. Denken Sie nur an das Schulzentrum: die Sanierung kostet 25 bis 30 Millionen, ein Neubau 60 Millionen – wie wollen wir das sonst finanzieren?
Ohne Geld können Sie als Bürgermeister nichts gestalten.
In Loßburg war ich Bürgermeister einer Gemeinde, der es finanziell sehr gut ging. Jetzt habe ich in Weil der Stadt das Kontrastprogramm, das ich mir – um ehrlich zu sein – so dramatisch nicht erhofft habe. Ich weiß noch, wie ich im Wahlkampf nach der Stadtbücherei gefragt habe, und man mich dann an die Schulbücherei in Merklingen verwiesen hat. Ich wüsste schon, was ich mit ein bisschen mehr Geld gestalten würde. Hier am Marktplatz gibt’s schöne Häuser mit großen Schaufenstern – da würde eigentlich eine schöne Mediathek mit einer kleinen Gastronomie reingehören.
Was ist das für ein Gefühl, Bürgermeister ohne Geld zu sein?
Wir leben hier schon von der Hand in den Mund, selbst die für die Innenstadt wichtige Marktplatz-Sanierung müssen wir schieben und schieben. Denn es stehen so viele Pflichtaufgaben an – etwa die Kläranlage, die Schul- und Kindergartengebäude. Aber ich bin demütig geworden und freue mich echt schon über Kleinigkeiten: 15 000 Euro für eine Heizung in der Aussegnungshalle Weil der Stadt.
Beim Neujahrsempfang haben Sie die Einwohnerzahlen verkündet, was manch einer so verstanden hat, dass Sie unbedingt endlich Große Kreisstadt werden wollen. Steht das jetzt auf der Agenda?
Ich bleibe dabei: zwischen Leonberg und Calw ist noch Platz für ein weiteres Mittelzentrum – und das müsste Weil der Stadt sein. Das ist keine konkrete Arbeitsanweisung für jedes Jahr, das sollte aber eine Vision von Weil der Stadt bleiben, denn dann hätten wir ganz andere Entwicklungsmöglichkeiten, ein höheres kreis- und regionalpolitisches Gewicht. Ich verweise auch auf das jüngste Beispiel: Wer hat die Notariate verloren? Alle Gemeinden, bis auf die Großen Kreisstädte. Wären wir Große Kreisstadt, hätten wir das Notariat weiterhin.
Zurück zu den Ortsteilen: Weil der Stadt hat keine Ortsvorsteher. Fehlt das?
In Loßburg hatte ich sechs Ortvorsteher. Hier in Weil der Stadt haben sie das in den 70er-Jahren schlank organisiert, daran will ich nicht rütteln. Mir ist stattdessen wichtig, dass die Gemeinderäte in den Ortschaften ihre Augen offen halten. Wenn zum Beispiel eine Straßenlaterne nicht brennt oder eine zugesagte Maßnahme nicht läuft, rufen die auch beim Bauhof oder der Verwaltung an und geben Bescheid. Darum müsste sich sonst ein Ortsvorsteher kümmern.