Im Enzkreis ist man auf der Suche nach Gründen, die Windräder doch noch zu verhindern.

Weil der Stadt - Wenn der Bürgermeister Jürgen Troll aus seinem Heimsheimer Amtszimmer blickt, fällt es ihm immer wieder auf. „Je nach Wetterlage sehen wir hier Flugzeuge richtig niedrig über uns hinweg fliegen“, berichtet er. Was einen Bürgermeister normalerweise wegen des Fluglärms ärgern würde, das lässt Jürgen Troll ein wenig frohlocken.

 

Denn seit September 2015 stehen die Alarmglocken in der Stadt auf rot. Die Stuttgarter Regionalversammlung hatte damals 41 für die Windkraft geeignete Gebiete auserkoren. Eines davon liegt auf Weil der Städter Gemarkung, allerdings direkt auf der Grenze zu Heimsheim, nur etwa 800 Meter von der dortigen Bebauung entfernt. Schatten und Lärm: die Liste der Befürchtungen, die von den 230 Meter hohen Anlagen ausgehen könnten, ist lang.

Jürgen Troll setzt seitdem alles daran, die Windräder zu verhindern. „Wir sind zwar direkt betroffen, wir wurden aber an der Ausweisung des Wind-Vorranggebietes nicht beteiligt“, schimpft er, und kündigt im Gespräch mit unserer Zeitung an: „Das wird juristische Folgen haben.“

Heimsheim will Beschluss anfechten

96 mögliche Standorte hatte der für die Wind-Planung zuständige Verband Region Stuttgart (VRS) im Jahr 2012 ausgemacht. In öffentlicher Sitzung hat dessen Regionalversammlung sich dann für die 41 Standorte entschieden, derjenige in Weil der Stadt, an der Grenze zu Heimsheim, ist der einzige in Kreis Böblingen, der übrig geblieben ist. „Ich war damals bei dieser Sitzung der Regionalversammlung“, sagt Jürgen Troll. „Die Ausweisung der Wind-Vorranggebiete geschah nach Kriterien, die nicht nachvollziehbar waren.“

Das will der Heimsheimer Verwaltungschef nun vor Gericht prüfen lassen und den Beschluss der Regionalversammlung anfechten. Nach Informationen unserer Zeitung ist ein Artenschutzgutachten in Auftrag gegeben worden. Dessen Ergebnisse werden allerdings erst in den nächsten Monaten erwartet.

Und der FDP-Landtagsabgeordnete Erik Schweickert aus dem Enzkreis hat noch einen weiteren Grund ausgemacht, dessentwegen die Windräder noch verhindert werden könnten: der Flugverkehr. Denn wenige Kilometer von den geplanten Standorten befindet sich der Malmsheimer Flugplatz, auf dem, zumindest noch bis 2029, Segelflieger und deutsches und amerikanisches Militär unterwegs sind.

Schweickert wollte genauer wissen, ob das ein Problem sein könnte und hat dazu eine Anfrage an die Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) gestellt. Deren Antworten liegen nun ebenfalls unserer Zeitung vor. „Die luftfahrttechnischen Vorgaben sind vielfach erst bei konkreten Anträgen zur Errichtung von Windkraftanlagen möglich“, heißt es in dem Schreiben der Ministerin.

Im Klartext: Der Verband Region Stuttgart hat lediglich Gebiete ausgewiesen, auf denen Windkraft möglich wäre. Die Genehmigung für die Anlagen erfolgt erst danach durch die Landratsämter, wenn sich ein Investor gefunden hat.

Vorwurf der FDP

„Ob die Windkraft den Flugverkehr stört, hätte man schon viel früher prüfen müssen“, mahnt dagegen der FDP-Politiker Erik Schweickert. „Wenn ich doch wissen könnte, dass ein Windrad in Weil der Stadt nicht möglich ist, dann muss ich doch die Planung nicht vorantreiben und eine ganze Region schalu machen.“

Der Oppositionspolitiker wirft der Regierung vor, die Bedenken der Region nicht ernst zu nehmen. „Vorranggebiete müsste man dort ausweisen, wo die Gebiete nicht so dicht besiedelt sind wie hier, etwa auf der Schwäbischen Alb“, sagt er.

Nun muss ohnehin erst einmal der Weil der Städter Gemeinderat entscheiden, ob er seinen Stadtwald für die drei Windräder zur Verfügung stellen will. Das wäre die Voraussetzung dafür, dass der Investor „Windenergie Baden-Württemberg“ die umfangreichen Untersuchungen einleiten und den Antrag auf ein Genehmigungsverfahren beim Böblinger Landratsamt stellen kann.

Im Zuge dieses Verfahrens würden Belange wie Artenschutz, Flugsicherheit, Lärm und Schattenwurf ohnehin geprüft.