Böse Überraschung für Heimsheim: Auch der Verband Region Nordschwarzwald denkt über eine Anlage nach. Mönsheim prüft die möglichen Standorte noch.

Heimsheim - Die Enttäuschung ist dem Heimsheimer Bürgermeister Jürgen Troll ins Gesicht geschrieben. „Ich bin in erster Linie von der Landesregierung enttäuscht“, sagt er. „Fragwürdige energiepolitische Zielsetzungen münden in regionalplanerischen Unfug.“

 

Um was geht es? Vergangene Woche hat der Regionalverband Nordschwarzwald beschlossen, in die Windenergie-Planung einzusteigen. Auf 24 Stellen im Enzkreis und in den Kreisen Calw und Freudenstadt hat man sich geeinigt, diese sollen nun in den kommenden beiden Jahren umfangreich geprüft werden, ob sie wirklich für die Windkraft geeignet sind. Darunter sind zwei Standorte in Mönsheim: auf dem Hügel nach Wiernsheim und auf dem Hügel in Richtung Porsche-Werk Weissach. Und ein Standort befindet sich in Heimsheim, nämlich direkt an der Grenze zu Merklingen.

Für Windkraft sind die Regionalverbände zuständig

Wem das nun bekannt vorkommt, der irrt nicht. Genau auf diesem Hügel plant die Region Stuttgart seit etwa fünf Jahren bereits ein sogenanntes „Windvorranggebiet“. Welche Stellen für die Windkraft geeignet sind, dafür sind in Baden-Württemberg die Regionalverbände zuständig. Das sind „Körperschaften des öffentlichen Rechts“, zwölf davon gibt es im Land, die Grenzen verlaufen entlang der Landkreise.

So kommt es, dass auf demselben Hügel zwischen Heimsheim und Merklingen zwei unterschiedliche Behörden mit ganz unterschiedlichen Zeitplänen zuständig sind. Denn während die Region Stuttgart sich schon im September 2015 auf 41 Standorte geeinigt hat – mit Weil der Stadt als einzigem Standort im Kreis Böblingen – steigt der Nordschwarzwald jetzt erst in das Prüfverfahren ein, als letzter Regionalverband im Land. „Das von den Windenergieplänen der Region Stuttgart schwer geschüttelte Heimsheim ist jetzt abermals betroffen“, stellt der Heimsheimer Bürgermeister Jürgen Troll kopfschüttelnd fest.

Ihm könnte jetzt ein Argument ausgehen, denn der Region Stuttgart hatte er in der Vergangenheit vorgeworfen, die ungeliebte Windkraft ganz an ihren Rand drängen zu wollen – dort wo es nur die Nachbarn trifft. Jetzt ist es der eigene Verband, in dem Heimsheim selbst Mitglied ist, der den Hügel für geeignet hält. Troll widerspricht: „Die Region Nordschwarzwald hat dieses Vorranggebiet nur deshalb ausgewiesen, weil es dort das Weil der Städter Gebiet schon gibt“, sagt der Heimsheimer Bürgermeister.

Matthias Proske, der Direktor des Verbands Nordschwarzwald, sieht das nicht so. „Wind macht vor der Regionengrenze nicht halt“, sagt er. „Dass auch wir dieses Gebiet in Heimsheim vorschlagen, liegt daran, dass gegen diese Fläche rechtlich nichts spricht.“ Für Proske ein Hinweis, dass der Wald zwischen Heimsheim und Merklingen doch für Windkraft geeignet ist.

Hauptargument der Heimsheimer ist der geringe Abstand dieses Gebiets zur Wohnbebauung von etwa 700 Metern. „Wer sich als Entscheider riesige Windkraftanlagen, die höher als der Stuttgarter Fernsehturm sind, in nur 700 Meter Entfernung zur Siedlungsfläche vorstellen kann, handelt verantwortungslos“, wiederholt Jürgen Troll seine Position. „Die Landesregierung sollte sich längst in der Pflicht sehen, den Mindestabstand auf wenigstens 1500 Meter zu erhöhen“, sagt er. „Stattdessen stellt man sich in Stuttgart taub und verfolgt fragwürdige energiepolitische Ziele weiter.“

Region Nordschwarzwald verteidigt ihre Pläne

Matthias Proske sieht das nicht so. Auch sein Nordschwarzwald-Verband hat sich an die 700-Meter-Abstandsempfehlung der Landesregierung gehalten. „Das ergibt sich aus dem Schall der Anlagen“, erklärt er. Zwar seien die Windräder mittlerweile größer als zu dem Zeitpunkt, als die Regierung diese Empfehlung erlassen hat. „Die Technik schreitet voran“, sagt der Ingenieur. „Die Anlagen sind zwar leistungsfähiger, aber auch leiser geworden, unterm Strich also gleich laut.“ Daher seien 700 Meter Abstand ausreichend.

Thomas Fritsch, der Bürgermeister in Mönsheim, steht den seiner Gemeinde vorgeschlagenen Gebieten nicht ganz so kritisch gegenüber. „Wie wir an unserer Nachbarstadt Heimsheim sehen, hat das Thema Windkraft durchaus auch Schattenseiten“, sagt er. Er will das Thema jetzt zunächst mit dem Gemeinderat diskutieren. „Wir müssen prüfen, inwieweit die Gebiete die Bevölkerung tangieren“, kündigt er an.

Denn noch sind die Windvorranggebiete im Nordschwarzwald nicht beschlossen. Bis Mitte des Jahres dürfen Behörden und Bürger beim Regionalverband ihre Meinung abgeben. Dann diskutieren die Regionalräte erneut. „Ich rechne nicht vor 2020 mit einem Ergebnis“, sagt Verbandsdirektor Matthias Proske. „Die jetzt vorgeschlagenen Gebiete sind noch lange nicht in Stein gemeißelt.“ Wenn die Gebiete dann ausgewiesen sind, dann kann der Grundstückseigentümer das Gebiet einem Windkraft-Investor überlassen. Eigentümerin des Waldes in Heimsheim ist die Stadt – allein daran werden diese Pläne dann scheitern. Denn dass Heimsheim das Gebiet verpachtet, gilt als unwahrscheinlich.