Der Wimsheimer Rathauschef Mario Weisbrich reagiert gelassen auf das neue Demokratie-Netzwerk im Ort.

Wimsheim - In Wimsheim ist ja vieles anders als anderswo. Wenn sich in einem kleinen Ort mit gerade mal 2700 Einwohnern ein Demokratie-Netzwerk gründet und 65 Bürger Vorschläge erarbeiten, was sich in der Gemeinde verbessern könnte, müsste ein Rathauschef eigentlich vor Freude in Tränen ausbrechen. Aber wie gesagt – in Wimsheim ist manches anders, zumindest seit der Streit um die Goldscheideanstalt C. Hafner den Ort gespalten hat.

 

Und so steckt natürlich hinter der Initiative, die sich einfach „Die 65“ nennt, nicht irgendeine beliebige Gruppe Wimsheimer Bürger. Tatsächlich sind die meisten Aktivisten aus der Bürgerinitiative BIW oder von der neuen Liste „Wimsheim Miteinander“ (WM), die seit Sommer im Gemeinderat sitzt – und hinter ihr stecken letztlich auch Hafner-Gegner.

Nun geht es dem Demokratie-Netzwerk aber gar nicht um die Hafner-Ansiedlung, die ohnehin schon so weit voran geschritten ist, dass sich das Debattieren darüber kaum noch lohnt. Sondern sie haben Anträge gestellt: Die Wege auf dem Friedhof sollen besser befestigt werden, alte Besen sollen nicht mehr rumstehen. Oder sie wollten, dass das Amtsblatt online steht. Wimsheim könnte auch Fairtrade-Gemeinde werden und Streuobstwiesen pflegen.

Ein Bürgerantrag ist ein Instrument, das es zwar in der Gemeindeordnung gibt, das aber höchst selten angewandt wird. Die Regeln sind klar – wenn drei Prozent der Bevölkerung unterschreiben, muss sich der Gemeinderat damit beschäftigen. Nicht zu verwechseln übrigens mit einem Bürgerbegehren – wenn dieses, sofern es zulässig ist, im Gemeinderat abgelehnt wird, gibt es einen Bürgerentscheid. Damit hat man in Wimsheim ja seine Erfahrungen gemacht.

Extrem erfolgreiche Anträge

Der Bürgermeister sieht die neuen Initiativen gelassen – einerseits. „Wir wollten ohnehin schon länger das Amtsblatt online stellen“, erklärt er etwa. Im Sommer war es so weit – und so stand der amtliche Teil im Internet, bevor der Antrag überhaupt erst eingereicht wurde. Auch in Sachen Friedhöfe meint Weisbrich: „Das ist alles längst erledigt.“ Prinzipiell sei es ja lobenswert, wenn Bürgeranträge gestellt würden.

Ein Anruf im Rathaus wäre für solche Kleinigkeiten allerdings aus seiner Sicht schneller und erfolgversprechender. „Die Bürgeranträge sind schon okay, aber wir brauchen sie jetzt auch nicht zu jeder Straßenlaterne“, meint Weisbrich. Anders verhält es sich mit politischen Anliegen – wie etwa dem Wunsch, mehr Streuobstwiesen zu pflegen. Die sind natürlich nicht so einfach zu lösen, und darüber könnte der Gemeinderat schon diskutieren. Allerdings gibt es nun bei dem Thema eine Vorgeschichte. Denn ausgerechnet der Initiator des Demokratie-Netzwerkes, Klaus Bieber, hat in der Hochzeit der Proteste gegen Hafner ein Schild auf seiner – Sie ahnen es – Streuobstwiese stehen gehabt.

Und darauf stand (siehe unten): „Die Pflege dieser Streuobstwiese wird nach Ansiedlung von C. Hafner eingestellt.“ Nun ja, das Schild ist längst verschwunden. Und der Bürgermeister Mario Weisbrich sieht sich irgendwie bestätigt – anscheinend könnte man ja trotz Hafner noch Streuobstwiesen und heimische Früchte fördern und sogar gezielt einkaufen.

Und es geht irgendwie doch um Hafner

Besagter Klaus Bieber ist ohnehin bekannt für seinen Blog „Planet Kaizen“, der selbst den Vertretern der Bürgerinitiative BIW zu radikal war. Aber es geht ja nicht mehr um Hafner – offiziell. Aber auf beiden Seiten sitzt der Streit um die Ansiedlung, um die Bürgerbegehren wohl noch tief – daher kommen sie ständig darauf zurück.