Am Tag danach gibt sich die abgewählte Bürgermeisterin enttäuscht, aber nicht deprimiert. Der künftige Chef will die Uhren auf Null stellen und verspricht Transparenz. Der Gemeinderat scheint dem 25-Jährigen eine Schonzeit geben zu wollen.

Weissach - Die Bürger in Weissach haben am Sonntag ein deutliches Signal gegeben. Sie wollen einen Neustart – und Daniel Töpfer, der gewählte Bürgermeister, soll es richten. Mit 58,46 Prozent der Stimmen haben sie den 25-Jährigen im zweiten Wahlgang auf den Chefsessel gehoben. Der Noch-Amtsinhaberin Ursula Kreutel haben sie das Vertrauen entzogen. Sie erreichte lediglich 40,97 Prozent und muss im Herbst ihren Hut nehmen.

 

Am Tag nach der Wahl gibt sich Ursula Kreutel gewohnt diplomatisch. Ihre Stimme klingt unaufgeregt, sie wirkt gefasst. Dass sie vom Wahlergebnis enttäuscht ist, daraus macht die 48-Jährige allerdings keinen Hehl. „Es ist eine Niederlage und wenn ich jetzt sage, dass alles super ist, stimmt das nicht“, erklärt sie. „Aber ich bin weit entfernt von einer großen Depression“, erklärt sie. Dass sie mit 1650 Stimmen weit hinter ihrem Herausforderer Daniel Töpfer liegt, für den 25-Jährigen votierten 2354 Bürger, scheint Kreutel nicht allzu sehr zu überraschen.

„Ich bin eben Realistin“

„Das Wahlergebnis vor zwei Wochen hat mich völlig unvermittelt getroffen“, erklärt sie. Damals erreichte sie 44,4 Prozent, Töpfer verfehlte mit 49,8 Prozent nur knapp die absolute Mehrheit. Kreutel räumt ein, dass sie im zweiten Wahlgang mit einem solchen Ergebnis gerechnet habe. „Ich bin eben Realistin“, erklärt die Bürgermeisterin. Und: „Es ist fast leichter, dieses Ergebnis zu akzeptieren, als wenn es eine knappe Geschichte geworden wäre.“

Noch bis 4. September ist Ursula Kreutel im Amt, das sie bis zum Schluss noch „sorgfältig ausüben“ wird. Wie es danach weitergeht? „Nach vorne“, erklärt die frühere Sportlerin zuversichtlich. Mehr könne sie nicht sagen. „Ich bin gut vernetzt und habe bereits einige Beamtenjahre vorzuweisen. Ich fange also nicht bei Null an.“ Ihr Kreistagsmandat wird sie für die Freien Wähler weiterhin ausüben. „Das ist ein Ehrenamt, das mit meinem Amt als Bürgermeisterin nicht zusammenhängt.“

Kreutel: „Wir haben gute Arbeit geleistet“

Dass die Menschen sie auf eben jenem Posten nicht mehr haben wollen, kann die 48-Jährige nicht so recht nachvollziehen: „Ich denke, dass wir in den vergangenen acht Jahren gute Arbeit geleistet haben. Aber es gab eben auch Gelegenheit, Fehler zu machen.“ Sie habe mit fairen Mitteln gekämpft und versucht, mit ehrlicher Arbeit zu punkten. „Das war offensichtlich nicht gewünscht.“ Dreckige Wäsche waschen oder einzelne beschuldigen will sie aber nicht. „Das bringt die Gemeinde nicht voran, und darum geht es doch.“

Jetzt ist es also an Daniel Töpfer, Weissach voranzubringen. Der 25-Jährige kann seinen Erfolg am Tag danach kaum fassen. Was er im Wahlkampf besser gemacht habe als seine Konkurrentin? Töpfer gibt sich diplomatisch. „Ich war sehr präsent“, erklärt er. „Ich glaube, dass ich offener auf die Menschen zugegangen bin und sensibler für die Themen war.“ Töpfer will nun die Uhren auf Null stellen und die Dinge unaufgeregt und zügig angehen.

Töpfer räumt in Flacht richtig ab

Die Analyse zeigt, dass der junge CDU-Mann in beiden Ortsteilen deutlich die Nase vorne hatte. Während er in Weissach 56,2 Prozent bekam (Kreutel: 43,1 Prozent), hat er in Flacht richtig abgeräumt. 61,2 Prozent stimmten dort für den 25-Jährigen, für Ursula Kreutel waren es gerade einmal 38,5 Prozent.

Warum er in Flacht mehr Zuspruch bekommen hat, kann sich Töpfer selbst nicht erklären: „Gefühlt war ich in beiden Ortsteilen gleich präsent.“

Besonders beeindruckt hat ihn die starke Wahlbeteiligung, die mit 67,3 Prozent noch höher war als beim ersten Urnengang. „Das zeigt mir, wie selbstbewusst und politisch interessiert die Bevölkerung ist“, sagt der Christdemokrat. Und denkt schon an den 5. September. Vom ersten Tag seiner Amtszeit an will er mehr Transparenz und Öffentlichkeit schaffen. Allerdings räumt er ein, dass er mindestens ein Jahr brauchen werde, bis er sich in alle Themen eingefunden habe.

Zeit, die wohl auch der Gemeinderat dem neuen Bürgermeister geben möchte. „Er muss ankommen und sich einen Überblick verschaffen“, erklärt der Fraktionschef der Bürgerliste, Andreas Pröllochs. Töpfer werde es gelingen, die Gemeinde wieder „in sicheres Fahrwasser zu lenken“. Dabei sieht er aber nicht nur den neuen Bürgermeister in der Pflicht.

„Die Karten sind neu gemischt, jetzt gilt es“, sagt Pröllochs. „Es gibt keine Ausreden mehr, jetzt muss der Gemeinderat zeigen, was er kann.“ Darüber seien sich alle Beteiligten auch im Klaren.