Tolga Polat ist Busfahrer des Jahres im Kreis. Am Freitag heiratet er, am Samstag sitzt er wieder hinterm Steuer.

Weissach - Da hat Tolga Polat nicht schlecht gestaunt. Plötzlich saß nicht nur seine Schwester in seinem Bus, sondern gleich noch ihre Mitschüler – und all ihre Lehrer. „Das war echt super“, erinnert sich der junge Mann. Umso lieber ist er da in die Pedale getreten und die hat Schulklasse zu ihrem Ausflug in den Europa-Park gefahren.

 

„Die Lehrer haben mich ja schließlich noch gekannt“, erzählt Tolga Polat. „Und gestaunt, was aus mir geworden ist.“ Seit drei Jahren ist er nämlich Busfahrer bei Wöhr-Tours in Weissach. Mit Weste und Krawatte kommt er seitdem daher, immer ein freundliches Lächeln auf den Lippen, gute Manieren sowieso.

„Er begrüßt uns immer so nett beim Einsteigen“, hat ein Fahrgast festgestellt – und damit dafür gesorgt, dass die Karriereleiter von Tolga Polat noch ein bisschen höher hinaufgegangen ist. Denn als der 25-Jährige am Donnerstagmorgen zum Leonberger Busbahnhof kommt, warten außergewöhnliche Fahrgäste auf ihn. „Da kommt er endlich“, ruft seine Chefin Monika Wöhr-Kühnemann.

1500 Gäste haben für ihn gestimmt

Und der Geschäftsführer des Stuttgarter Verkehrs- und Tarifverbunds (VVS) hält schon einen orangefarbenen Wimpel in den Händen. „Herzlichen Glückwunsch zur Wahl zum Busfahrer des Jahres“, sagt Thomas Hachenberger dann. Denn mit seiner Meinung über den freundlichen Chauffeur war der oben genannte Fahrgast nicht allein. Insgesamt 1500 Stimmen hat es für Tolga Polat gegeben. „Mit Ihrem Gesicht vermitteln Sie Sicherheit und Zuverlässigkeit für unsere Fahrgäste“, erklärt der VVS-Chef. Und das wird ausgezeichnet.

Jetzt muss das Gesicht von Tolga Polat allerdings erst mal kräftig grinsen. „Das Busfahren liegt mir eben im Blut“, erklärt er sich den Erfolg als beliebtester Busfahrer im Kreis Böblingen. Denn schon sein Vater hat die Busse der Weissacher Firma Wöhr sicher durch die Straßen bewegt. Nach der Schule und einer Ausbildung zum Lagerlogistiker hat daher auch der junge Tolga sehnlichst seinen 21. Geburtstag abgewartet. So alt muss man nämlich sein, um den Busführerschein machen zu dürfen.

„Am Anfang habe ich natürlich schon gezweifelt, ob ich immer pünktlich sein kann, oder für so einen großen Bus vorsichtig genug“, erinner er sich. Heute ist Tolga Polat 25 Jahre alt, seit drei Jahren Busfahrer – und alle Zweifel sind wie weggeblasen. „Es macht richtig Spaß“, sagt er. „Wenn ich so durch die schöne Landschaft hier fahre, fühlt sich das gar nicht an wie Arbeit.“

Da ist es ihm fast egal, ob er hier in und um Leonberg Linie fährt, Schulklassen zu Ausflügen – oder ganze Firmenabteilungen. „Einmal habe ich die Techniker von Porsche zum 24-Stunden-Rennen nach Le Mans gefahren“, berichtet der Chauffeur. Das habe ganz besonders Spaß gemacht – nicht nur, weil er dann eine Woche lang dort im Nordwesten Frankreichs freigehabt habe.

Wenn sie pöbeln, bleibt er gelassen

So kann Tolga Polat gelassen auch über die weniger schönen Seiten seines Berufs hinwegsehen, und bleibt gelassen, wenn etwa betrunkene Fahrgäste rumpöbeln, andere über Verspätungen schimpfen oder ein ortsbekannter Flachter penibel über die Arbeit von Tolga Polat und seinen Kollegen Buch führt.

Spaß macht ihm der Beruf dennoch jeden Tag, sagt Tolga Polat und strahlt. „Das wollen wir mit dieser Aktion auch zeigen“, erklärt der VVS-Chef Thomas Hachenberger – nicht nur, weil auch in diesem Beruf der Nachwuchs knapp ist. Im Kreis Böblingen gebe es 300 Busfahrer – und alle leisteten in dem immer dichter werdenden Verkehr Höchstleistung.

Für Tolga Polat ist all das kein Problem. Er hat jetzt ohnehin am Freitag erst mal einen Tag frei – aber aus einem anderen Grund. „Ich heirate“, verrät er und strahlt noch ein kleines bisschen mehr. Im Bus sitzt er dann spätestens wieder am Samstagabend.