Rat will Bauprojekt stoppen, doch Paragrafen wiegen mehr.

Weissach - Kann ein Bauprojekt realisiert werden, selbst wenn die große Mehrheit des Gemeinderates dagegen ist? Ja, das geht – wenn das Vorhaben planungsrechtlich zulässig ist. Diese Erfahrung mussten jetzt die Volksvertreter in Weissach machen.

 

Konkret geht es um ein Bürogebäude, vor allem aber um ein sogenanntes Boardinghouse, also eine Art Appartement-Hotel für Gäste, die dort längerfristig logieren, aber eben nicht fest wohnen. Durch das benachbarte Porsche-Entwicklungszentrum beispielsweise gibt es in Weissach Bedarf für diese befristete Form des Wohnens.

Nichts zu beanstanden

Solch ein Boardinghouse nebst Bürokomplex soll in der Boschstraße entstehen. Zuständig für die Genehmigung ist das Landratsamt. Das hatte nach Angaben des Bürgermeisters Daniel Töpfer (CDU) an beiden Vorhaben baurechtlich nichts zu beanstanden. Dennoch wird auch das „Einvernehmen des Gemeinderates“ eingeholt.

Dieser aber wollte dem Boardinghouse nicht zustimmen. Zu wenige Parkplätze seien dort vorgesehen. „Früher war dort eine ganz andere Nutzung vorgesehen“, kritisierte Steffen Lautenschlager von den Freien Wählern. „Dieser Plan ist nicht im Sinne der Gemeinde.“ Ins gleiche Horn stieß Tobias Zipperlen von der Bürgerliste: „Wir können doch nicht sehenden Auges zuschauen, wie dort gebaut wird und dann ein Verkehrschaos entsteht.“

Sein Fraktionsvorsitzender Andreas Pröllochs spann den Faden weiter: „Das bedeutet, dass uns jemand etwas präsentieren, aber was ganz anderes machen kann. Ist das richtig?“ „Goldrichtig“, antwortete der Bürgermeister unbeeindruckt und verwies auf den nicht vorhandenen Entscheidungsspielraum.

„Ein Boardinghouse ist in einem Gewerbegebiet zulässig.“ Sieben Parkplätze seien dafür nötig, 20 für das Bürogebäude. „Der Gesetzgeber sagt, dass die Zahl der Stellplätze reicht.“ Was dort ursprünglich geplant war, sagte Töpfer unter Hinweis auf das nichtöffentliche Verfahren nicht.

Gemeinderäte sind sauer

Nicht ganz so dramatisch beurteilte Detlef Bausch das geplante Boardinghouse: „Es steht in keinem klassischen Wohngebiet und es wird auch nicht immer zu 100 Prozent ausgelastet sein“, erklärte der neue Fraktionschef der Freien Wähler. Gleichwohl zeigte er Verständnis dafür, dass weite Teil des Gemeinderates zum Ausdruck bringen wollen, dass sie sauer sind.

Und das taten sie dann auch: Zwölf verweigerten dem Boardinghouse und dem Bürogebäude ihre Zustimmung, sechs waren dafür. An der Sache ändert das negative Votum freilich nichts. Das „fehlende Einvernehmen“, das der Gemeinderat am Montagabend dokumentiert hat, wird jetzt durch das Landratsamt ersetzt.

Trotzdem können sich die Kritiker im Gremium nun daran erfreuen, einen formal rechtswidrigen Beschluss gefasst zu haben. Und das, obwohl der Bürgermeister, sie ausdrücklich auf ihr nicht korrektes Verhalten hingewiesen hat.