28 Jungen und Mädchen erzählen dem Bürgermeister, was ihnen alles fehlt.

Weissach - Es rumort in der Alten Strickfabrik in Weissach. Immer mal wieder wird es kurz laut, ein Lachen hallt durch den Raum. Am Ende kommt trotzdem jeder zu Wort, viele bringen sich ein und sagen klar, was ihnen auf dem Herzen liegt.

 

28 Jugendliche sind der Einladung von Bürgermeister Daniel Töpfer gefolgt und zum „Jugendhearing“ gekommen. Dort stellen die Mitglieder der Weissacher Jugendarbeit, Annalena Jeutter, Frank Gramlich und der Student Elia Weberruss, die Ergebnisse der Jugendumfrage aus dem Jahr 2016 vor (siehe Infobox). Danach kommen die jungen Besucher selbst zu Wort, sagen offen, was ihnen in Weissach fehlt. Ihre Vorschläge schreiben sie auf Zettel und geben sie ab.

Vor allem zwei Wünsche stechen dabei hervor: Ein Jugendhaus oder Jugendraum, der auch für ältere Jugendliche interessant ist und abends offen hat. Und mehr Sportangebote, genannt werden unter anderem eine Skaterbahn und ein Fußballkäfig. „Ich habe vor Jahren mal einen Brief an die Gemeinde geschrieben wegen so einem Fußballkäfig, danach haben sie einfach vier Holzpflöcke in eine Wiese gesteckt“, moniert jemand – und bringt damit nicht nur die jungen Besucher zum Lachen.

Jugendliche bringen sich ein

„Ich weiß, als ich noch auf der Schule war, gab es für uns eigentlich gar nichts, also für Jugendliche zwischen 16 und 20“, erzählt die 18-jährige Sarah Brassat. „Klar gibt es das Jugendcafé, aber das ist ja doch eher für Jüngere.“ Sie sei durchaus bereit, nach der Arbeit regelmäßig in einem Jugendhaus mitzuhelfen, sagt sie. Ein anderer Junge nimmt es mit Humor und stellt klar: „Ich bin nur wegen der Pizza hier.“ Wieder andere haben wie Sarah echte Ambitionen, in Weissach etwas zu bewegen, zum Beispiel der 15-jährige Luca Schmid: „Wenn es mehr Angebote für uns gäbe, würden wir uns da auch engagieren“, sagt er. Marius Mayer (16) möchte sich ebenfalls für einen Jugendraum einsetzen. Nicht ohne Grund: „Sonst treffen wir uns immer bei mir unterm Dach zum Filmeschauen“, erzählt er und lacht. Es wäre mal Zeit, dass es für so etwas einen alternativen Platz gäbe.

Annalena Jeutters Eindruck von der Veranstaltung in Weissach ist positiv. „Es war spannend zu sehen, wie viele tatsächlich kommen würden. 28 ist eine gute Zahl“, findet sie. Auch die Punkte, die während des Abends eingebracht wurden, seien durchaus sinnvoll. Von jetzt an geht die Arbeit allerdings erst richtig los.

Am Ende des Abends werden die jungen Besucher in Gruppen aufgeteilt. Wer will, darf sich einen von drei unterschiedlich farbigen Zetteln mitnehmen und entscheidet sich damit, bei einem Projekt aktiv mitzumachen. Eines davon ist das Jugendhaus als solches, in der zweiten Gruppe überlegen sich Teilnehmer, mit welchen konkreten Aktivitäten man das Haus füllen könnte, zum Beispiel Kinoabende. Die dritte Gruppe befasst sich mit Angeboten jenseits eines Jugendtreffs – eben wie zum Beispiel einem Fußballkäfig.

„Am 22. Februar ist das erste Treffen für die Gruppen, ich hoffe, dass dann viele kommen werden“, sagt Jeutter. „Danach haben wir vor, einen Termin mit dem Gemeinderat zu organisieren.“ Bei diesem Treffen sollen die Jugendlichen in einer Art „Speed Dating“ den Politikern ihre ausgearbeiteten Ideen vorstellen. „Die Gemeinderäte können ihnen dann wiederum sagen, was realistisch ist, und ihnen weitere Tipps geben.“ Einen festen Termin gibt es noch nicht, anvisiert ist der Monat März.

Ähnliches Stimmungsbild in Flacht

Beim zweiten Termin für das Jugendhearing, diesmal im Alten Rathaus in Flacht, lautete das Fazit ähnlich wie einen Tag zuvor in der Alten Strickfabrik: Die Jugendlichen der Gemeinde wünschen sich ein Jugendhaus und mehr Sportangebote wie zum Beispiel einen Fußballkäfig. „In Flacht ging es verstärkt auch darum, was man im Jugendhaus konkret anbieten könnte, zum Beispiel Mädchen- oder Jungentreffs“, erklärt Annalena Jeutter. Von der Teilnehmerzahl war sie allerdings ein wenig enttäuscht. Nur sieben Jugendliche fanden sich zu dem Termin in Flacht ein. „Da hätten wir uns natürlich ein paar mehr gewünscht.“ Mit der Gesamtzahl der Teilnehmer von 35 sei sie aber durchaus zufrieden.

Ergebnisse aus der Jugendumfrage

626 Fragebogen wurden an Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 17 Jahren verteilt, 133 kamen ausgefüllt zurück. Die meisten wurden von Gymnasiasten beantwortet, Kinder zwischen 11 und 13 haben sich außerdem am häufigsten beteiligt.

Bei der Frage, wo sie in der Gemeinde mitreden können, antworten auffallend viele mit „Keine Ahnung“ oder „Nirgends“. Mit großem Abstand folgen die Punkte „Jugendcafé“ und „Vereine“. Zugleich sagen aber 69 Prozent, sie würden freiwillig mithelfen, ihre Interessen in Weissach und Flacht zu verwirklichen, immerhin 21 Prozent lassen sich ein „Vielleicht“ entlocken.

Langeweile kommt in der schulfreien Zeit nur bei wenigen auf, bei 31 Prozent „eigentlich nie“, bei 32 Prozent „selten“. Trotzdem sagen immerhin 16 Prozent, dass sie sich häufig oder sehr häufig langweilen. Unverplante Freizeit ist unter der Woche rar gesät, zwei bis vier oder weniger als zwei Stunden sind es bei den allermeisten. Erst fürs Wochenende gibt mehr als die Hälfte der Teilnehmer an, mehr als vier Stunden zur freien Verfügung zu haben.

Das Freizeit- und Kulturangebot in Weissach beurteilen die meisten Umfrageteilnehmer mit „teils, teils“ oder „schlecht“. 46 Prozent sind zugleich in einem Verein aktiv, 19 Prozent erfüllen eine Funktion in der Schule, 15 Prozent bringen sich in der Kirchengemeinde ein.