Der Gemeinderat kritisiert den „Zweckverband Hochwasserschutz“.

Weissach - Es ist das öde und dröge Schwarzbrot für Kommunalpolitiker, normalerweise weitgehend unbemerkt von einer größeren Öffentlichkeit. In diesem Fall ist es ist der 19. und letzte Tagesordnungspunkt einer langen Gemeinderatssitzung, er trägt den aufregenden Titel „Allgemeine Finanzprüfung beim Zweckverband“. Das Regierungspräsidium hat geprüft und sein Okay gegeben, die Kämmerei ebenso. Da vertrauen dann meist auch gestandene Gemeinderäte in die Arbeit der Beamten und verabschieden einen solchen Finanzprüfbericht ohne Wortmeldung, ohne Frage und ohne Kritik.

 

So war es jedenfalls am 1. Februar im Stadtrat von Vaihingen an der Enz. Und so wäre es normalerweise auch am vergangenen Montag im Gemeinderat von Weissach gewesen. Beide Kommunen sind Mitglieder dieses Zweckverbands. Doch dann meldet sich Gerhard Strauß von der Bürgerliste zu Wort. „Sehr geehrter Herr Töpfer“, beginnt er eine längere Rede. „Unsere Fraktion kann dem Beschluss nicht folgen.“ Aus dem hier ebenfalls ganz ans Ende gesetzten Tagesordnungspunkt entspringt eine längere Diskussion, an deren Ende der Gemeinderat den Finanzbericht schließlich mit der knappen Mehrheit von einer Stimme zurückweist und von der zuständigen Zweckverbandsversammlung nochmals prüfen lassen will.

Hochwasserschutz ist ein emotionales Thema

Hochwasserschutz – das muss man wissen – ist in Weissach ein emotionales Thema, seit eben jener Zweckverband einen 5,40 Meter hohen Schutzdamm zwischen Flacht und Weissach vorgeschlagen hat. Der Gemeinderat Gerhard Strauß war in allen Diskussionen seither einer der vehementesten Gegner dieses Damms. Da schaut er deshalb ganz genau hin, wenn es um diesen Zweckverband geht – und sei es nur ein Finanzbericht.

„Aus der Drucksache geht hervor, dass die Gemeindeprüfanstalt Beanstandungen auflistet“, erklärt Gerhard Strauß daher im Gemeinderat. Diese Behörde prüft den Zweckverband turnusgemäß alle fünf Jahre. Und in der Tat: Wer tiefer in die Sitzungsunterlagen einsteigt, entdeckt mehrer Punkte, die die Gemeindeprüfanstalt in ihrem jüngsten Prüfbericht vom August 2016 aufführt. Eine der gravierendsten Beanstandungen greift Gerhard Strauß daraus heraus. So habe die Stadtverwaltung von Vaihingen dreimal soviel Geld abgerechnet, als im Zweckverbandshaushalt für sie vorgesehen war. Dieses Geld bekommt die Stadt dafür, dass sie den Zweckverband verwaltet. Auch für den Oberbürgermeister habe die Stadt 32 000 Euro in Rechnung gestellt – obwohl dessen Tätigkeit als Verbandsvorsitzender ehrenamtlich ist.

Die Sorgenfalte des Weissacher Gemeinderates Gerhard Strauß sitzt tief. „Herr Töpfer, in Ihrem letzten LKZ-Interview haben Sie angemahnt, das Problem von Weissach sei in der Vergangenheit gewesen, dass fehlerhafte Arbeiten ohne Kritik abgenommen wurde, dass es kein Kosten- und Projektcontrolling gab“, zitiert er. „Dieses Controlling sollten wir hier einsetzen.“

Die Freien Wähler, die andere große Fraktion im Weissacher Gemeinderat, können das nicht nachvollziehen. „Genau hier hat dieses Controlling doch funktioniert“, sagt Detlef Bausch. Er verweist auf einen Brief des Regierungspräsidiums Stuttgart. Die „uneingeschränkte Bestätigung wird erteilt“, heißt es in einem Brief dieser Behörde.

Der OB von Vaihingen (Enz) weist die Vorwürfe zurück

Auf diesen Brief verweist auch der Oberbürgermeister von Vaihingen (Enz), der Vorsitzender des Zweckverbands Strudelbach ist. „Damit ist der Fall rechtlich erledigt“, sagt Gerd Maisch im Gespräch mit unserer Zeitung. Das beweise, dass man alle Punkte, die die Gemeindeprüfanstalt angemahnt habe, erklären konnte. Dennoch nimmt er zu der konkreten Kritik aus Weissach Stellung. „Unsere Pläne zu den Hochwasserdämmen in Ried und Eberdingen sind in letzter Zeit sehr weit vorangeschritten“, erklärt er. Deshalb habe man mehr Stunden als üblich abrechnen müssen. „Das betrifft auch mich, wenn ich als Mitarbeiter der Stadt tätig werde.“

Das Geld bekomme er auch nicht persönlich, sondern werde an die Stadtkasse gezahlt, erklärt Gerd Maisch. Ehrenamtlich sei seine Tätigkeit nur, wenn er repräsentative Aufgaben als Vorsitzender erledige. Das überzeugt auch seinen Weissacher Amtskollegen Daniel Töpfer. „Ja, das Thema Hochwasser polarisiert bei uns“, sagt er. „Aber hier ist Herr Strauß übers Ziel hinausgeschossen.“ Dennoch wird sich jetzt die Versammlung des Zweckverbandes mit dem Prüfbericht beschäftigen müssen. Sieben Weissacher Gemeinderäte haben zwar gegen diesen Antrag gestimmt – aber acht Räte dafür.