Seit 41 Jahren betreibt Wolfgang Mareczek das Kino-Center in der Badtorstraße. Analog war gestern, heute läuft alles digital. Trotzdem gibt es vor der Vorstellung so einiges zu tun.

Weil der Stadt - Kurz vor halb acht im Kino-Center in der Badtorstraße. Die Vorbereitungen für die Abendvorstellungen laufen auf Hochtouren. Die Filme müssen auf die Festplatte geladen, die Säle geputzt und Getränke und Naschereien aufgefüllt werden. An der Kasse stehen ein paar Jugendliche, kaufen sich Eintrittskarten. Gleich flimmert „Hobbit – die Schlacht der Fünf Heere“ über die Leinwand.

 

Der Fantasyfilm hat eine stattliche Überlänge, 144 Minuten dauert allein dieser Streifen. Und dann noch die Werbung und die Filmvorschauen. Ohne Stärkung geht das nicht. „Bei solchen Blockbustern wird gut gefuttert“, sagt Wolfgang Mareczek und grinst, während das Popcorn in der Maschine knallt. Dann schnappt er sich eine Flaschenkiste und betritt den großen Saal. Es ist gemütlich, der Raum mit 179 Plätzen ist in warmes Licht getaucht, vor der Bühne steht ein Weihnachtsbäumchen.

Zwischen den Vorstellung drückt das Team aufs Gas

Wolfgang Mareczek muss jetzt Klarschiff machen. Er schnappt sich einen Besen, kehrt Popcorn und Chipsreste vom Linoleumboden auf, sammelt die leeren Flaschen ein. Plastik kommt dem Kinobetreiber nach Möglichkeit kaum ins Haus. „Bei uns gibt es Glasflaschen, das Popcorn verkaufen wir in Tüten“, erzählt er, während er durch die Reihen geht. Seit 1973 betreibt Mareczek das Weiler Kino-Center, auch die Kulisse am Bahnhof gehört ihm. Die Zeit läuft, jetzt muss er ein bisschen Gas geben. Gleich beginnt die nächste Vorstellung. Je nach Film haben Mareczek und sein Team eine halbe Stunde Zeit für die Reinigung. Manchmal sind es aber auch lediglich 20 Minuten.

Dann geht es eine Etage weiter hoch. Im Flur stehen alte zusammengerollte Filmplakate. An der Wand lehnt ein riesiger Sack voll mit Popcorn. Wie viele Kilo genau da drin sind, Wolfgang Mareczek weiß es gar nicht. „Aber es ist alles hygienisch, das ist ein lebensmittelechter Sack“, betont der Kinobetreiber.

Weiter geht es in die „heiligen Hallen“, in den Vorführraum. „Zutritt verboten“ steht da auf der Tür. Lüfter und Projektoren brummen vor sich hin. An der Wand steht eine riesige Maschine. Hier hat Wolfgang Mareczek früher die Filmrollen eingelegt. „Damals, als alles noch analog lief“, sagt er und in seiner Stimme schwingt ein ganz kleiner Funke Wehmut mit. Das ist noch gar nicht so lange her. Erst Mitte 2013 hat er auf Digitalfilme umgestellt. „Wir haben uns so lange dagegen gewehrt. Aber jetzt läuft alles nur noch über den Computer“, erzählt Mareczek. Er ist abhängig von der modernen Technik, wenn der Server zusammenbricht, dann geht nichts mehr. Dann muss ein Techniker ran. „Aber das ist zum Glück noch nie passiert“, sagt Mareczek. Ein paar „Zeitzeugen“, alte Filmrollen und Bänder, hat er aber aufgehoben, ein bisschen Nostalgie muss sein. An der Wand hängt ein altes Schnurtelefon, alte, graue Kamerabildschirme stehen auf einem Regal.

„Das ist alles, was wir heute noch brauchen“, sagt Wolfgang Mareczek und zeigt auf den Tisch, wo ein Computer und ein Tablet stehen. Mit ein paar Mausklicks erstellt der Kinobetreiber die Playlist für den Film, der in ein paar Minuten unten im Saal laufen wird. Noch schnell die Filmvorspanne runtergeladen, dann kann die Vorstellung eigentlich beginnen. „Den Film starten wir dann aber von unten“, erklärt er, steht auf und geht wieder hinab ins Foyer. Gemütlich ist es hier. Das findet auch Knuddel, der Hund von Wolfgang Mareczek. Er sieht fast nichts mehr, seine Nase ist dafür umso besser. Zielsicher trottet der Vierbeiner zu einem Mädchen, setzt sich hin und wartet auf Streicheleinheiten.

Gelebte Entspannung und Entschleunigung

Das Weiler Kino-Center ist ein echtes Original. Der bunte Fußboden ist von 1956, an der Wand hängt ein Langnese-Werbeschild aus den 70ern. Es geht familiär zu, ganz anders als in den riesigen Filmkomplexen. Das ist Wolfgang Mareczek auch wichtig. „Zu uns kommen nicht nur die Jungen, sondern auch Familien und vor allem älteres Publikum.“ Gerne auch an einem Sonntagnachmittag oder in den Ferien. Was hier so läuft? „Die großen Filme spielen wir auch mit Bundesstart ein, alles andere entscheide ich individuell“, sagt Mareczek. Sein Tipp für die Weihnachtszeit: „Honig im Kopf“ mit Didi Hallervorden und von und mit Til Schweiger. „Es geht zwar um Demenz, aber es ist keine bierernste, sehr schöne Geschichte.“

Inzwischen ist es acht Uhr. Wolfgang Mareczek schließt die Türe des Kinosaals. Er nickt seiner Kollegin hinter der Theke zu, die auf einen Knopf drückt. Und dann heißt es: „Vorhang auf für den ‚Hobbit’“.