Der Kreis und das Rathaus streiten sich um die Linie 663 von Tiefenbronn bis zum Werkstor, die teils parallel zur S 60 verläuft und wegfallen könnte. Generell signalisiert das Landratsamt den Kommunen Entgegenkommen.

Weil der Stadt - Wie schon mehrfach berichtet, liegen das Landratsamt und die Kommunen im Kreis Böblingen seit einiger Zeit im Clinch. Der Kreis hatte ursprünglich vor, sich teilweise aus der Finanzierung von Buslinien zurückzuziehen und nur noch eine „Basisversorgung“ anzubieten. Inzwischen signalisiert der Verkehrsdezernent Andreas Widmann, dass man den Status quo weitgehend aufrecht erhalten will. Jedoch nicht bei rein innerörtlichen Linien und beim reinen Werksverkehr wie etwa der „Daimler-Linie“ von Tiefenbronn nach Sindelfingen oder im Weiler Blammerberg.

 

Und da steckt der Teufel im Detail, das wurde in der Gemeinderatssitzung in Weil der Stadt deutlich. Denn die Buslinie 663, die von Tiefenbronn im Enzkreis die Weiler Ortsteile Hausen und Münklingen anfährt, dann durch die Kernstadt gondelt und über Schafhausen, Grafenau und Dagersheim bis direkt ans Werkstor 3 in Sindelfingen fährt, ist für viele Bürger eine wichtige und komfortable Verbindung. Im Anschluss auch die Linie 665, die Weil der Stadt an diese Strecke anbindet, die sogenannte „Blammerberg-Linie“.

Bis zu 75 Pendler jeden Tag

Bis zu 75 Pendler jeden Tag

„Wichtig ist, dass man direkt von den Teilorten zusteigen kann, und der Bus fährt auch im Daimler-Werk noch drei Haltestellen an“, erklärte Thomas Besser, der Leiter des Weiler Ordnungsamtes. Bis zu 75 Pendler nutzen diese Strecke jeden Tag. Dem Hinweis des Landratsamtes, dass die neue S-Bahnlinie S 60 teilweise parallel läuft, begegnete Besser mit konkreten Details: „Es ist natürlich komfortabler, wenn man nicht erst zum S-Bahnhof mit dem Auto fahren muss.“

Zudem halte die S-Bahn am Bahnhof Sindelfingen, während die Busse direkt ans 700 Meter entfernt liegende Werkstor fahren würden. Nicht zuletzt seien die Anschlüsse der S 60 sehr knapp zum Dienstbeginn getaktet, teils lägen nur 20 Minuten dazwischen – das sei für viele Pendler keine sichere Verbindung. Probleme gebe es von manchen Orten wie Schafhausen, die Früh- und Spätschicht zu erreichen oder wieder zurückzukommen.

Andreas Widmann vom Landratsamt warb um Verständnis: „Wir geben 15 Millionen Euro für die S 60 aus. Da sind wir natürlich bestrebt, Parallelverbindungen nicht auch noch zu finanzieren.“ Bei der Daimler-Linie 663 handele es sich um einen reinen Werksverkehr, der seit 1993 bestehe. Der Autobauer selbst beteilige sich seines Wissens nicht an den Kosten – genau konnte er dies allerdings nicht sagen. „Es gibt da alte Haustarife der Busunternehmer“, erklärte Widmann.

Die Weiler Beigeordnete Susanne Widmaier warb noch einmal für die Sicht der Stadt, die mit Mehrkosten von 40 000 Euro rechnet, wenn diese und die Blammerberg-Linie selbst bezahlt werden müssten. „Wir sehen Schwierigkeiten bei der Anbindung“, erklärte sie. Die Pendler müssten häufiger umsteigen, außerdem sei die Busverbindung drei Minuten schneller. Widmaier schlug zudem vor, andere Kommunen mit ins Boot zu nehmen, genauer gesagt Tiefenbronn, Grafenau und den Enzkreis. Allerdings müssten dazu neue Haltestellen etwa in Grafenau und Schafhausen eingerichtet werden.

Die Gemeinderäte unterstützten die Forderung der Stadt. „Wenn das ein klassischer Werksverkehr ist, warum schießt Daimler nicht Geld zu?“, fragte etwa Bernd Aupperle (Grüne). Der grüne Fraktionschef Alfred Kappler verwies auf die Vorteile des Busverbindung: „Wir müssen jede Möglichkeit nutzen, Individualverkehr zu vermeiden.“ Für die FDP fragte Brigitte Benzinger-König nach der Auslastung der Daimler-Linie, der CDU-Fraktionschef Martin Buhl wollte wissen, wie viel diese Linie kostet. Antwort: Sie mache den Löwenanteil der 40 000 Euro aus, die die Stadt zu tragen hätte.

„Nur ein kleines Warmlaufen“

Jedenfalls hält die Kommune ihre Forderung aufrecht, die Linie 663 zu behalten. Bei der Linie 665 hat der Rat beschlossen, mit dem Kreis noch einmal das Gespräch zu suchen, um ein sinnvolles Angebot zu erarbeiten. Der Kreistag wird in seiner Novembersitzung endgültig entscheiden, wie die künftige Busfinanzierung aussieht – bis dahin werden die vielen Stellungnahmen der Kommunen gesammelt – Proteste sind zu erwarten.

„Nur ein kleines Warmlaufen“

Immerhin – bis zum Fahrplanwechsel 2017 bleibt alles beim Alten. Erst dann laufen die Verträge mit den Busunternehmen aus. Es wurde ein munterer Meinungsaustausch im Rat. Thilo Schreiber sagte zum Schluss zum Kreis-Verkehrsdezernenten augenzwinkernd: „Die Diskussion heute war nur ein kleines Warmlaufen für die Hesse-Bahn.“ Bei den Buslinien wird also noch viel verhandelt.