Zwischen der Keplerstadt und Schafhausen sorgen erstmals sechs Tunnelröhren für eine sichere Straßenunterquerung der Kröten. Der Tierschützer Werner Retz kritisiert die fast eine halbe Million Euro teure Einrichtung.

Weil der Stadt - Mit den wärmeren Nächten beginnt die Wanderung der Kröten und Frösche zu ihren Laichgewässern – und mit ihr die Arbeit der Tierschützer. Unermüdlich sammeln sie die Tiere in eingegrabenen Eimern ein und bringen sie sicher über die Straße. Denn für die Autofahrer aufgestellte Hinweisschilder und Tempolimits helfen in dunklen Regennächten kaum. Überfahrene Kröten sind dann Alltag.

 

Gut also, wenn für die Kröten, Frösche, Lurche und auch für andere kleine Tiere Überquerungshilfen gebaut werden – Tunnel unter der Straße zum Beispiel. Krötentunnel sind also eine gute Sache. Jedoch hat nun der Bau einer eben solchen Tunnelanlage an der Straße zwischen Weil der Stadt und seinem Teilort Schafhausen gerade bei einem Tierschützer zu Verstimmungen geführt. Werner Retz, Vorsitzender des Fischereiverbands Enz-Würm und langjähriger Krötensammler, kritisiert das mehr als 400  000 Euro teure Bauwerk als überdimensioniert und trotzdem noch gar nicht fertig. Zudem sind einige Schafhausener Bürger verstimmt: Seit Jahren kämpfen sie für die Erneuerung der ramponierten Fahrbahndecke an der L 1182 bei Schafhausen und stoßen bei den Behörden immer wieder auf taube Ohren (wir berichteten). Das Pikante: die geschätzten Kosten für rund zwei Kilometer Straßensanierung dürften ebenfalls bei etwa 400 000 Euro liegen.

Anglerseen und Maisenbachweiher sind die Ziele

Kröten sind treue Seelen – im Frühjahr wandern sie zum Laichen an das Gewässer, in dem sie selbst das Licht der Welt erblickt haben. Dazu gehören auch die Anglerseen und der Maisenbachweiher, ein kleines schilfbewachsenes Biotop zwischen Weil der Stadt und Schafhausen. Die Kröten kommen geballt vom Wald herunter und queren im Bereich des Biotops und der Seen die stark befahrene Landesstraße. Werner Retz und andere Tierschützer sammeln seit vielen Jahren hier an den gespannten Leitzäunen die Kröten ein und tragen sie in Eimern über die Straße zu ihren Laichgewässern.

Als im Februar 2009 an eben dieser Stelle der erste Bauabschnitt einer Krötentunnelanlage mit drei Durchlässen gebaut wurde, freute das die Tierschützer. Doch fehlten damals noch mehrere hundert Meter. Weiterhin musste ein provisorischer Leitzaun mit Eimern installiert werden. Bereits ein Jahr zuvor war auf der Seeseite am Dammfuß eine Leiteinrichtung aus Stahlelementen gebaut worden. Der Bau von weiteren drei Röhren erfolgte erst Ende vergangenen Jahres in einem zweiten Bauabschnitt, weil die Fertigstellung zunächst im Rahmen einer geplanten Fahrbahndeckenerneuerung erfolgen sollte, teilte das Regierungspräsidium Stuttgart (RPS) mit. Die Erneuerung der Asphaltdecke wurde jedoch immer wieder verschoben. Und diese Sanierung ist plötzlich einer Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) aus dem Jahr 2012 zufolge an dieser Stelle gar nicht mehr nötig.

Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur hatte nun Ende vergangenen Jahres Geld für die restliche Einrichtung zum Amphibienschutz bereitgestellt. Deshalb konnte das teure Bauwerk jetzt vollendet werden. Rechtzeitig zur Amphibienwanderung stehen nun Erdkröte, Grasfrosch und Bergmolch auf einer Länge von etwa 425 Metern sechs große Tunnelröhren, verbunden mit stattlichen Leitelementen aus Beton, zur Verfügung. Nach Angaben des Regierungspräsidiums wurden für den ersten Abschnitt 2009 rund 70 000 Euro investiert, der zweite Bauabschnitt wird mit etwa 350 000 Euro zu Buche schlagen. So viel Geld werde vor allem für die Entsorgung des Bodenaushubs, der hoch belastet sei, benötigt.

Was kritisiert denn nun Werner Retz? Die Anlage sei „über das Ziel hinausgeschossen“, nicht in allen Bereichen zweckmäßig und bei all dem gar nicht ausreichend, meint der Spezialist für Fluss- und Teichlebewesen. Zunächst stellt Retz klar: „Ich befürworte das, ich befürworte nur nicht die aufwendige Art.“ Dann legt er los: „Wir haben da keine Panzer, wir haben Amphibien, und außerdem ist die Anlage nicht fertig, da fehlen noch gut 70 Meter und ich muss immer noch sammeln.“ Tatsächlich ist am Ende der Anlage in Richtung Schafhausen jetzt schon wieder ein Stück provisorischer grüner Leitzaun gespannt. Zwischen 30 und 50 Kröten finde man in dem Abschnitt jede Woche, sagt Retz. Auch die Ausführung mit Schotter an den Röhren und entlang der Betonleitelemente kritisiert er: „Die Kröten möchten keine geschotterte Straße, die möchten auf dem Boden laufen und müssen sich eingraben können, sonst werden sie am Tag in der Sonne gebraten.“

Regierungspräsidium verteidigt die Maßnahmen

Das Regierungspräsidium verteidigt die Ausführung: Nur Betonelemente wiesen so nahe am Fahrbahnrand der stark befahrenen Straße die notwendige Formstabilität, Standfestigkeit und Kippsicherheit auf. „Elemente aus Stahl oder Kunststoff sind deshalb nicht zu verwenden. Sie würden sich durch die Verkehrsbelastung und abkommende Fahrzeuge ständig verformen. Dadurch würden ständige Reparaturen und Erneuerungen mit entsprechenden Kosten erforderlich werden“, heißt es beim RP.

Einen Schotterstreifen habe man auch bei anderen Projekten angelegt, bislang seien bei Funktionskontrollen damit keine Probleme festgestellt worden. Die Anlage ist demnach bereits im Jahr 2008 geplant worden. Dabei hat man dem Regierungspräsidium zufolge die Lage des letzten Durchlasses mit der unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt und auch mit Werner Retz abgestimmt. „Änderungen an diesem Plan wurden nicht mehr vorgenommen“, heißt es weiter. Ein Fachbüro werde jetzt im Frühjahr die Amphibienwanderung hin und wieder kontrollieren. Je nach Ergebnis könne die Anlage ja verlängert werden. Na dann bleibt also abzuwarten, wie die Frösche und Kröten ihr neues Bauwerk annehmen werden.