Osterferien in der Türkei: Was für viele nach Urlaub klingt, war für Jochen Holzwarth und Ulrich Markwald viel Arbeit. Drei Schulen haben der Rektor und sein Stellvertreter dort besucht, um für die Heinrich-Steinhöwel-Gemeinschaftsschule zu lernen.

Weil der Stadt - Eine Grundschule, eine Privatschule und ein Gymnasium haben Jochen Holzwarth und Ulrich Markwald in Ödemis in der Türkei besucht. Vor allem über die Schulorganisation wollten sie sich dort informieren.
Was haben Sie in der Türkei gelernt?
Wenn ich ehrlich sein soll, dann haben wir dort gelernt, wie man es nicht macht. Zu dem Gymnasium, das wir besucht haben, gehört auch ein Internat. Und die hatten dort außer einem Bolzplatz wirklich nichts zu bieten. Also auch keine Schullandheim-Aufenthalte oder einen bewegungsfreundlichen Schulhof, nur Asphalt.
Und das tägliche Lernen?
Die Schüler waren nur dabei, zu lernen und zu pauken, um eine möglichst hohe Punktzahl zu erreichen, um dann an eine andere Schule zu kommen, die die Schüler mit der entsprechenden Punktzahl aufnimmt. Das heißt, die Schüler haben dort den ganzen Tag nur Unterricht. Und die Internatsschüler sitzen nach dem Abendessen dann noch mal unter Aufsicht anderthalb Stunden und büffeln, bevor sie dann ins Bett gehen, weil es keine andere Möglichkeit zur Unterhaltung gibt.
Das heißt, Sie sind eher ernüchtert.
Auch, was das Schulmanagement angeht, gibt es ganz klare hierarchische Strukturen, bis hin zum Krawattenzwang. Und es gibt eine Schulaufsicht, die vor allem die Administration kontrolliert. Sind die Bücher richtig geführt? Stehen die Ordner an der richtigen Stelle? Auf Pädagogik wird gar keinen Wert gelegt.
Die Türkei-Reise war ja ein Teil des „Erasmus-Plus“-Programms. Was ist das Ziel?
Da gibt’s mehrere Ziele. Unsere Themen sind vor allem Inklusion, also die Integration von behinderten Kindern in die Regelschule, weil wir das als Gemeinschaftsschule natürlich auch machen. Hier haben wir noch Lernbedarf. Das zweite Thema sind die digitalen Medien. Hier sind die Finnen und die Engländer zum Beispiel sehr weit voraus.
Was hat Sie besonders interessiert?
Für mich als Schulleiter natürlich besonders das Thema Schulmanagement. Wie sind die Organisationen im Ausland aufgebaut? Hat es also hierarchische Strukturen, oder sind die Schulen eher teamorientiert?
War das Ihre erste Auslandsreise?
Bei diesem Erasmus-Plus-Projekt: Ja. Als nächstes geht’s in den Herbstferien nach England. Dann reisen wir 2017 in den Pfingstferien nach Ungarn und in den Sommerferien nach Finnland.
Und Sie investieren da Ihre Ferien?
Ja, das ist eine Abmachung bei uns hier an der Schule. Wer mitmöchte, muss das in den Ferien tun, damit andere Kollegen nicht durch Vertretung belastet sind oder Unterricht ausfällt. Erstaunlicherweise sind es zwölf Kollegen, die mitmachen und insgesamt 15 Reisen unternehmen, die dann bezuschusst werden. Außer diesen Besuchen in den Partnerschulen gibt es auch die Möglichkeit, Kurse zu besuchen. Da war jetzt eine Kollegin in den Osterferien auf Malta und hat dort einen Englisch-Kurs belegt. Eine andere Kollegin geht im Sommer nach Südtirol und informiert sich in Workshops zum Thema Inklusion.
Wo sehen sie noch Lernbedarf in Weil der Stadt?
Wir wollen es eben gut machen. Und da ist der Blick über den Tellerrand entscheidend. Zum Beispiel bei der Inklusion. Andere Länder machen das schon länger, in England war es schon immer so, dass es keine Trennung gab.
Wie haben Sie sich in der Türkei sprachlich verständigt?
Auf Deutsch. Dieser Kontakt ist durch Fevzi Iklin Bulgan, den dortigen Deutschlehrer am Gymnasium, zustande gekommen. Er ist selber in Deutschland zur Schule gegangen und hat bei uns in Weil der Stadt fünf Jahre lang als Türkisch-Lehrer gearbeitet.