Die vier Bürgervertretungen, die sich gegen eine Verlängerung der geplanten Hermann-Hesse-Bahn von Calw nach Renningen wenden, bezweifeln die Richtigkeit der bisherigen Kalkulationen und wollen jetzt nachrechnen lassen.

Weil der Stadt/Renningen - Die Sprecher der vier Bürgerinitiativen aus Renningen, Weil der Stadt, Ostelsheim und Calw zweifeln an der Plausibilität der Wirtschaftlichkeitsberechnungen, falls die Hermann-Hesse-Bahn von Calw bis nach Renningen geführt werden würde. Deshalb haben sie einen offenen Brief an den Landesrechnungshof geschrieben mit der Bitte, die Berechnungen, die zu einem Nutzen-Kosten-Faktor von 1,37 geführt haben, nochmals auf den Prüfstand zu stellen.

 

„Im Rahmen unserer Versuche einer Bürgerbeteiligung an den Planungen zur Hesse-Bahn haben wir Kenntnis bekommen von Zweifeln an der Plausibilität der Wirtschaftlichkeitsberechnungen durch eine anerkannte Institution, die uns schließlich veranlassen, Sie heute anzuschreiben“, heißt es in dem Brief. Gemeint ist das Gutachten des unabhängigen Verkehrswissenschaftlichen Instituts der Universität Stuttgart, das die Städte Renningen und Weil der Stadt in Auftrag gegeben hatten und das erhebliche Zweifel an dem errechneten Faktor offenbart.

Zweimal einen NKI von unter eins errechnet

Die Gegner einer Verlängerung der Hesse-Bahn bis Renningen begründen ihren Vorstoß auch damit, dass seit 2004 bereits zweimal bei Berechnungen des Kosten-Nutzen-Kosten-Index (NKI) der Wert unter 1 geblieben war, 2011 sogar nur bei 0,4 wegen der Sanierungsbedürftigkeit der Strecke. Dann sei ein neuer Anlauf über das Land gemacht worden, indem man die Strecke von Weil der Stadt über die bestehende Strecke bis Renningen planerisch verlängerte und gleichzeitig die Kosten von ehedem 70 auf 48 Millionen Euro herunterrechnete. Eine neue Standardisierte Bewertung (SB), die lange Zeit unter Verschluss gehalten wurde, kam nun „angeblich“ auf einen Nutzen-Kosten-Index (NKI) von 1,37. „. . . Insgesamt ergibt sich aus Sicht des VWI ein erhebliches Risiko der Belastbarkeit des Ergebnisses der Nutzen-Kosten-Untersuchung, die zumindest hinsichtlich der angesprochenen Positionen einer detaillierten Konkretisierung und Sensitivitätsbetrachtung bedürfen. . .“

Doch diese Standardisierte Bewertung basiere auf Planungsdaten von 2006, monieren die Bürgerinitiativen. Auf dieser Grundlage sei es „in höchster Weise unglaubwürdig“, dass die Annahmen für die Kosten von 48 Millionen Euro bestehen bleiben, zumal auch noch zwei Bahnübergänge in Weil der Stadt und Calw neu gebaut werden müssten. Sollten die Kosten heute schon jenseits der 50-Millionen-Euro-Marke liegen, sei die Bahn nicht über Mittel des Landes förderungswürdig.

Nach Einschätzung der vier BI-Sprecher seien zwar auf der einen Seite die Kosten für alle wegfallenden Buslinien als Nutzen in die SB eingerechnet, aber die Kosten für die neuen Zubringer-Buslinien nicht dagegen gerechnet worden. „Die Kosten der wegfallenden Buslinien entstehen dem Kreis, während die Kosten der Zubringer wohl zukünftig bei den Gemeinden anfallen. Auch das sind Kosten, die die Allgemeinheit zu tragen hat und damit für die Wirtschaftlichkeitsprüfung von Relevanz sind“, heißt es im Brief an den Landesrechnungshof weiter.

Weitere Kosten sind nicht eingerechnet worden

Und dabei seien die Kosten für Park&Ride-Parkplätze als auch für den Umbau der Bahnhöfe nicht eingerechnet worden. „Die Kosten sollen von den jeweiligen Gemeinden getragen werden, gehören unseres Erachtens aber in die Betrachtung der Gesamtkosten mit eingerechnet“, lautet eine weitere Begründung. In Calw müsse der Bahnhof um eine Ebene erweitert werden, in Renningen werde ein Grundstück gekauft und ein separater Bahnsteig gebaut.

Unterstützt würden die Zweifel auch durch Aussagen, dass man gebrauchte, ältere Diesel-Triebwagen einsetzen wolle. „Besonders unrealistisch erscheint uns die Annahme, dass 570 Fahrgäste zusätzlich gewonnen werden können bei einer Verlängerung der Strecke bis Renningen“, schreibt das BI-Sprecher-Quartett. Die Argumentation, dass dies dem zweimaligen Umstieg für Fahrgäste Richtung Böblingen geschuldet sei, könne durch die Fahrpraxis nicht bestätigt werden, weil es zu keinem Fahrzeitverlust kommt.

Man darf gespannt sein, wie der Landesrechnungshof auf diesen Brief reagiert. rak