Es ist wieder so weit! „AHA“ schallt durch die ganze Stadt. Die Narren um Zunftmeister Daniel Kadasch amüsieren sich über die Tourismus-Werbung mit dem berühmtesten Sohn der Stadt, und teilen kräftig in Richtung Calwer Landrat aus.

Weil der Stadt - Es ist empfindlich frisch an diesem Dienstagmorgen. Das Thermometer zeigt kühle fünf Grad an. Doch die Weiler Narren sind bester Laune. Schließlich ist der „Elfte Elfte“, der Startschuss für die neue Fasnets-Saison. Und das wird ordentlich gefeiert – Kälte hin oder her. Und als sich der kleine Umzug, bestens gelaunt und angeführt vom Büttel Manfred Nittel um kurz nach elf in Bewegung setzt, kommt sogar die Sonne raus.

 

Daniel Kadasch grinst zufrieden, als er auf dem Marktplatz eintrifft. Der Zunftmeister der AHA thront gemütlich auf seinem Sitz vorne auf dem roten Trecker, das Hexle in der Hand, das Symbol der Weiler Fasnet. Laute „AHA“-Rufe hallen durch die Stadt, Hunderte Besucher sind gekommen. Auch der Weiler Bürgermeister Thilo Schreiber hat sich unters Volk gemischt. Seine rechte Hand, die Erste Beigeordnete Susanne Widmaier, verteilt zusammen mit den Spicklingsweibern eifrig Kuchen. Der Hingucker schlechthin ist aber eindeutig der Siebenerrat. Die Herren sitzen in einem Kettenkarussell auf dem Anhänger des Treckers. Auf ihren Köpfen tragen sie bunte Planeten. Was das soll, ist schnell erklärt.

Es sind eben diese Planeten, um die sich diesmal die berühmt-berüchtigte Rede des Zunftmeisters dreht. Der schlüpft an diesem Vormittag kurzerhand in die Rolle des wohl bekanntesten Weiler Bürgers.

Der Kepler als Tourismusmagnet

Als Johannes Kepler schwingt er vorm Rathaus die große Rede. Es ist ja allgemein bekannt im Städtchen: der Tourismus soll angekurbelt werden. Und wer wäre da ein besseres Aushängeschild als der berühmte Astronom? „Die Stadt, die hat’s jetzt verschmeckt, der Johannes als Werbemagnet isch entdeckt. Überall nun kommt der Kepler vorna no druff. Henn sich die do oba überlegt in ihrem Kabuff“, ruft Daniel Kadasch in Richtung Rathaus.

Doch der Kepler will nicht nur Tourismusmagnet sein. Nein, er wäre auch zu gerne Gastronom. „Im bald neuen Hotel Krone-Post gegenüber meinem Podest, kennt’s bald gebba die allergröschte Fescht. Einen Namen für die neue Einkehr isch auch schnell gefunden, es muss was mit Kepler sei, i wär euch sehr verbunden.“ Zu Essen gäb’s im neuen Kepler-Keller allerdings nur ein Gericht: den berühmten Kepler-Teller mit original „Kepler-Wurscht“.

Und als Dessert würde der Zunftmeister feinste „Kepler-Pralines“ kredenzen – gefüllt mit viel Schnaps und Rum. „Als Vorbild kann dienen Salzburg mit dem Mozarts Kugeln, da muss selbst unser Schultes nicht lange googeln“, ruft er. „Weltbekannt ist dort die eine Kugel gefüllt mit Marzipan. Bei uns zu Weil isch es mehr, da isch es die ganze Planetenumlaufbahn. Ob Mars, Orbit, Milkyway oder auch Mond Cheri, des alles kommt aus meiner Dynastie.“

Der gute Johannes ist und bleibt eben des Städtchens berühmtestes Gesicht – und das muss belohnt werden. „Egal, ob Kepler hier oder da, auf ihn ein dreifach kräftiges donnerndes AHA“, schmettert Kadasch ins Mikro, die Menge brüllt mit. „Einem solchen hohen Herrn sei es deswega nicht verwehr. Noi, der gehört mit einem echten Zunftorden geehrt.“ Und so steigt einer der Siebenerräte mutig aufs Podest hinauf und hängt dem Kepler den Ordnen um. Ehre, wem Ehre gebührt.

Der Calwer Landrat bekommt sein Fett weg

Davon hat Helmut Riegger freilich aber nichts. Denn der Calwer Landrat bekommt beim Weiler Fasnetsauftakt gehörig sein Fett weg. „Die S-Bahn bald nemme in Weil der Stadt fährt, weil se dann dem Hermann Hesse gehört“, lästert der Zunftmeister. „Da setzt dr Landrat Riegger doch a Denkmal uff unsere Kosten und will greifa gar bald no zu de Stern, der sitzt echt uffm falschen Posten!“ Sollte die Bahn kommen, so müsse sie Johannes-Kepler-Bahn heißen.

Was anderes kommt für Daniel Kadasch nicht in Frage. „Alles andere für Weil der Stadt und mi d größte Skandal, saumäßig teuer wird se eh, unnötig dazu und für die Nutzer a Qual.“ Die Menge auf dem Marktplatz klatscht lebhaften Beifall, der Schultes blickt zufrieden drein ob der Watsche für den Calwer Landrat. Kosten ihn die ewigen Querelen um die Bahn doch gehörig Nerven und viel Zeit.

Für den Zunftmeister jedenfalls ist es allerhöchste Zeit, mal Tacheles zu reden. Und da kommt ihm der „Elfte Elfte“ gerade recht. Aber genug der Schimpferei, hat Kadasch doch noch eine frohe Botschaft zu verkünden: „Und das Beste kommt zum Schluss. Unser traditioneller Fasnetsumzug ist für jeden ein Muss.“

Doch das Spektakel am 15. Februar braucht nun einen neuen Namen. „Der Name ist Programm, des isch kein Unfug: Natürlich „Erster Johannes-Kepler-Umzug!“ Den Weilern gefällt’s. Und auch das kleine Hexle ist begeistert, als der Siebenerrat es endlich aus der Kiste lässt. Tapfer hat die fünfjährige Laura Decker „in dr Kischt“ ausgeharrt. Um kurz vor zwölf ist es vollbracht. Die Zunftfahne ist gehisst, das Hexle ist erwacht und aus der Kiste gesprungen. Damit ist die Fasnetskampagne 2015 eröffnet. Und die wird alles andere als langweilig werden. Liefert die Politik, ob kommunal oder auf Landesebene, dem Zunftmeister und seinen Narren genügend Zündstoff. Darauf drei donnernde AHA!!!