Im Asylbewerberheim in der Benzstraße wohnen die Flüchtlinge auf engstem Raum.

Weil der Stadt - In dem kleinen Zimmer herrscht vor allem eines: Enge. Zwei Betten und ein Sofa, auf dem Boden liegt ein großer orientalischer Teppich. Am Fenster steht ein alter Röhrenfernseher. An der Wand neben der Türe befinden sich schmale graue Spinde – für mehr ist kein Platz. Nichts passt so richtig zusammen, die Möbel sind bunt zusammengewürfelt. Hauptsache, sie erfüllen ihren Zweck. So etwas wie Privatsphäre gibt es nicht. Drei Männer leben hier auf engstem Raum zusammen, 16 Quadratmeter sind es genau. Zum Vergleich wirft Marianne Maier eine Zahl in den Raum: „Einem Hund im Tierheim stehen sechs Quadratmeter zu.“ Betretenes Schweigen.

 

Marianne Maier ist die Vorsitzende des Arbeitskreises (AK) Asyl, der sich um die Flüchtlinge kümmert, die in der Keplerstadt leben. Tamara Ipp und Michaela Fischer gehören ebenfalls dazu. So oft es geht, schauen die Frauen im Wohnheim in der Benzstraße vorbei. Von außen wirkt das Gebäude mitten im Weiler Industriegebiet nicht gerade einladend. Die graue Fassade ist in die Jahre gekommen, auch die Fensterrahmen hätten mal wieder einen Anstrich nötig. Drum herum ist nicht viel, außer ein paar Firmengebäuden und einem riesigen Maisfeld vor der Haustüre.

Im Innern des Gebäudes regiert die Tristesse. Es gibt zwei Stockwerke, schmale Flure gehen rechts und links vom Treppenhaus ab. Auf jeder Etage gibt es zwei Küchen, vier Toiletten und vier Badezimmer. Es ist ein reines Männerwohnheim, Frauen dürfen nur zu Besuch kommen. 39 Männer sind hier derzeit untergebracht, 32 Flüchtlinge aus Pakistan und der westafrikanischen Republik Gambia. Die anderen sieben Bewohner sind Obdachlose, die weitestgehend abgeschirmt im linken Obergeschoss leben.

Wie in einer Parallelwelt

Es ist ein bisschen, als würde man in eine Parallelwelt abtauchen, wenn man das Wohnheim in der Benzstraße betritt. Einen geregelten Tagesablauf hat hier kaum einer. Langeweile bestimmt oft den Alltag. Die meisten Flüchtlinge arbeiten für den städtischen Bauhof, hundert Stunden pro Mann und Monat. Mehr lässt das Gesetz nicht zu. Doch das sei besser als nichts. „Das hilft ihnen, wenigstens etwas Struktur in den Tag zu bringen“, weiß Tamara Ipp. Denn die meiste Zeit sitzen die Männer, die im Schnitt zwischen Anfang 20 und Mitte 30 sind, in ihren Zimmern, schauen fern oder unterhalten sich. Michaela Fischer bringt es auf den Punkt: „Sie haben keine Arbeit und auch keine Perspektive.“

Die Männer leben schon seit Jahren in Deutschland. Aus ihrer Heimat geflohen, kamen sie zunächst in eine sogenannte Sammelunterkunft, wurden später in der Anschlussunterkunft in der Brenzstraße untergebracht. Eine Aufenthaltsgenehmigung hat keiner von ihnen, bislang werden sie nur geduldet. Sie alle müssen lange Prozeduren durchlaufen, kämpfen für einen Aufenthaltsstatus. Die Chancen der Pakistaner stünden dabei nicht so schlecht, sagt Marianne Maier. Sie gehörten der Ahmadiyya-Gemeinde an und die wird in Pakistan verfolgt. Bei den Afrikanern sei das leider anders. „Gambia ist kein anerkanntes Flüchtlingsland“, erklärt Maier.

Tamara Ipp versteht das nicht. Sie kennt die Lebensgeschichten der Männer. Sie weiß, was einige auf sich genommen haben, um nach Deutschland zu kommen. „Manche haben mehrfach versucht, mit Booten rüberzukommen. Sie haben monatelang unter Planen in den Wäldern von Marokko gehaust“, erzählt sie. Ihre Stimme wird zittrig, die Augen füllen sich mit Tränen. „Das macht doch niemand, wenn in der Heimat alles so toll ist!“

Gemeinsam mit den anderen Ehrenamtlichen vom AK Asyl versucht sie, die Flüchtlinge in das soziale Leben in Weil der Stadt zu integrieren. „Wir feiern öfter zusammen Partys oder gehen zu einem Fußballturnier“, erzählt einer der Männer. Seine Augen leuchten. „Auch bei der Fasnet hatten sie einen riesen Spaß“, erinnert sich Tamara Ipp und lächelt. Doch die Situation sei nicht einfach, die Ablehnung gegenüber den Flüchtlingen sei spürbar. „Wir haben das Gefühl, dass die Gambier in Weil der Stadt allgemein unerwünscht sind“, sagt Marianne Maier. Vorurteile und Ängste bei der Bevölkerung abbauen, das ist ihr großes Ziel. Um die größte Hürde, die Sprachbarriere, zu überwinden, sucht die ehemalige Lehrerin Freiwillige, die den Flüchtlingen Deutschunterricht geben. „Denn für professionelle Sprachkurse ist kein Geld da“, sagt Maier.

Wohnungen für Flüchtlinge gesucht

Zurück ins Wohnheim. In den Küchen stehen alte, teils heruntergekommene Möbel rum, gemütlich ist es hier nicht. „Wir haben Schimmel im Bad und die Toilette funktioniert auch nicht richtig“, erzählt ein Bewohner aus Gambia und drückt die Klospülung. Es kommt kaum Wasser. Die Erste Beigeordnete, Susanne Widmaier, kennt die Probleme. „Ich werde alles tun, damit diese Mängel so schnell wie möglich behoben werden“, versichert sie. Denn die Stadt ist für die Unterhaltung der Unterkunft zuständig.

Doch ihre Möglichkeiten seien begrenzt, sagt Widmaier. Sowohl finanziell als auch wegen der Bausubstanz des Gebäudes. Bis Ende 2015 muss die Stadt 25 neue Flüchtlinge aufnehmen. Einige werden wohl in der Unterkunft in der Luisenstraße unterkommen. In der Benzstraße wäre zwar noch Platz für 20 weitere Männer. Dass das aber kaum zumutbar wäre, weiß auch Susanne Widmaier. Sie hofft auf Unterstützung aus der Bevölkerung. Ihr Appell: „Wir suchen Wohnungen oder Zimmer, die die Stadt für die Flüchtlinge anmieten kann.“