Das Kunstforum feiert seinen 20. Geburtstag, die Macher blicken durchaus mit Stolz zurück. Die Gruppe hat die Keplerstadt mit fast 100 Ausstellungen und Aktionen beglückt, die in der ganzen Region für Aufsehen gesorgt haben.

Weil der Stadt – Seltsame Gestalten huschen begleitet von Fahnenschwingern und Akkordeonmusik durch die Gassen der Weiler Altstadt. Da startet an der Wendelinskapelle ein Elefant neben einer düster dreinschauenden Kopfgestalt. Eine elegante, hoch aufgeschossene Schöne mit Hütchen und Spitzenhalskrause trippelt geziert hinterher. Vor ihr schwingt eine Vogelfrau die Federn zum Getrommel von Aranya. Drei mysteriös und ausgesprochen verdächtig aussehende Burschen mit weißen, schwarzgestreiften Anzügen, spitzen Herrenschuhen, Melone auf dem Kopf und Koffer in der Hand schleichen durch die Menge. Verfolgen sie jemanden? Werden sie verfolgt? Wollen sie unsere Zeit stehlen und in ihren Koffern verstauen?

 

Tatsächlich stehlen „Die Paten“ den Weilern ein wenig Zeit. Doch die genießen diesen Teil eines Tages, der ganz im Zeichen des 20 Jahre alt gewordenen Kunstforums steht. Schon vorige Woche wurde die Ausstellung „Luftschlösser und Sandburgen“ in der Wendelinskapelle mit Werken von Sylvia Wanke eröffnet.

Nun sind anlässlich des Jubiläums einige der skurrilen, ätherisch schönen, deftigen und zauberhaft-versponnenen Gestalten und Masken von Wanke in einer Art Kunstprozession unterwegs. Und zwar, um über den Marktplatz zum Städtischen Archiv zu promenieren, wo sie noch einige komisch-skurrile Szenen spielen. Diese leben auch von der Interaktion mit dem amüsierten Publikum.

Doch das war nur der Auftakt zu einem prallvollen Nachmittag zu Ehren der Kunst, die in diesem Fall wenigstens teilweise dem Publikum entgegengetragen wurde. Denn im Stadtarchiv war dann, nachdem Helmut John einen Blick in die Geschichte des Augustinerklosters und des Kunstforums geworfen hatte, die ganze Bandbreite dessen zu sehen, was der Verein in 20 Jahren auf die Beine gestellt hat.

Anhand der mehr als 90 Einladungskarten zu den Ausstellungen mit mehr als 200 Künstlern, der Zeitungsberichte dazu und angesichts einiger Originalwerke wie dem Triptychon „Who among you“ von Hanjo Schmidt, kann man sich im Stadtarchiv noch zwei Wochen lang einen Überblick darüber verschaffen. So sieht man, was für großartige, verstörende, lehrreiche, ratlos machende Ausstellungen und Kunstprojekte in der Keplerstadt ein paar Dutzend Ehrenamtliche geschaffen haben. Allein der vielgestaltigen Reminiszenz an die 1997 gezeigte Mail-Art-Schau zum 425. Geburtstag von Johannes Kepler wegen lohnt ein Ausflug ins Archiv.

„Hervorragende Botschafter für die Stadt“ nannte Bürgermeister Thilo Schreiber die Aktiven im Kunstforum am Nachmittag im Klösterle, wo noch bei Reden, Häppchen, Musik und zahlreichen „Selfies“ (Selbstporträts) gefeiert wurde.

„Die hochkarätigen Ausstellungen wirken weit in die Region hinein“, erklärte Schreiber. Sie gäben Anstöße und machten nachdenklich, seien mal auch reiner Genuss und nicht immer nur mit dem Verstand zu fassen. Als Dank für die Arbeit des Vereins überreichte Schreiber der Vorsitzenden Uta Dingethal einen symbolischen Gutschein, mit dessen Hilfe eine Außentafel an der Wendelinskapelle besser auf die versteckten Kunstperlen hinweisen kann.

Uta Dingethal verwies in ihrer Rede schließlich auf die vielen Menschen, die lange vor ihr das Kunstforum zu dem gemacht hätten, was es heute ist. Sie dankte den Stiftern Gerhard und Annelie Pees, die 1994 mit ihrem Startkapital und dem Wunsch nach „langfristigen Zielen“ den Startschuss ermöglicht hatten. Sie erinnerte an die Vorsitzenden Günther Bradler und Reinhard Bösenberg, an die vielen anderen, die mit ihren Talenten zum Gelingen des Vereins beigetragen haben.

Und nicht zuletzt erwählte sie HorstPeter Schlotter, den Mit-Vorsitzenden, dessen künstlerischem Spürsinn die Qualität der Ausstellungen zu verdanken sei. „Wir verstehen uns als Baustein für die Lebendigkeit Weils“, sagte sie und zog ein Fazit des Tages: „Noch nie hat Kunst hier so viel Theater gemacht wie heute.“