Michael Borger kann mehr als nur Fasnet. Sein Herz schlägt ebenso für Rinder und Kommunalpolitik.

Weil der Stadt - Einfach mal die Hände in den Schoß legen und in den Tag hineinleben. Oder gar in aller Seelenruhe im Liegestuhl ein Buch lesen – allein wenn Michael Borger nur daran denkt, scharrt er schon mit den Hufen. Denn „d’r Michel“, wie er den meisten in der Keplerstadt bekannt sein dürfte, ist das, was man im Schwäbischen „en Schaffer“ nennt. Und das betreibt er, beruflich wie privat, durchaus exzessiv. Der 52-Jährige ist selbstständiger Unternehmer – als Geschäftsführer eines Verdichtungstechnikvertriebes und als Landwirt –, Vorsitzender der Narrenzunft AHA, dreifacher Familienvater und obendrein sitzt er seit zwei Jahren auch noch für die Freien Wähler im Weil der Städter Gemeinderat.

 

Beruf, Ehrenämter, Familie – all das kostet Zeit. Dabei hat auch sein Tag nur 24 Stunden. „Das ist alles eine Frage der Organisation“, weiß Michel Borger, dessen Tag morgens um sechs beginnt. Dann lauscht der 52-Jährige dem Vogelgezwitscher, lässt seinen Blick über seinen Hof und die Wiesen schweifen. Ein paar Minuten bewusste Entschleunigung, bevor der große Trubel losgeht.

Denn bei den Borgers gibt es immer ’was zu tun. Der Weiler Fasnetsboss hat von klein auf gelernt, kräftig mit anzupacken. Nach der Schule fuhr er zu Onkel und Tante auf den Wasenhof vor den Toren der Keplerstadt und half bei der Landwirtschaft. Das hat ihn geprägt. So sehr, dass er vor sechs Jahren den Hof übernommen hat, mit allem drum und dran. „Ich habe meine Leidenschaft zum Beruf gemacht“, erzählt der 52-Jährige. Im hofeigenen Stall stehen 130 Rinder. „Genauer gesagt 129 Weiber und ein Kerl“, sagt der AHA-Vorsitzende und lacht. „Da geht es manchmal ganz schön hoch her.“

Familienzusammenhalt ist dem Fasnetsboss wichtig

Für die Borgers ist ihre Landwirtschaft eine ernsthafte Sache. Auch wenn sie eigentlich „so nebenher“ läuft. 100 Hektar Land bewirtschaften sie in und um Weil der Stadt. Gerade in der Erntezeit wird schon mal die ganze Familie eingespannt. Doch egal, wie lange es dauert: Nach getaner Arbeit sitzen alle noch bei einem Feierabendbier zusammen. Und nicht nur das: „Seit ich denken kann, kommt samstags die Familie zum Kaffee vorbei.“ Traditionen und Rituale haben im Hause Borger von je her einen großen Stellenwert.

Und dazu gehört vor allem die Weiler Fasnet. Michel Borger ist ein Narr durch und durch, seinen ersten Umzug erlebt er schon als acht Monate alter Knirps im Kinderwagen. Und hat seither keinen einzigen verpasst. „So ist das, wenn man die Fasnet mit der Muttermilch aufsaugt“, sagt er und grinst über beide Ohren. Seit Vater Otto Borger war 25 Jahre lang Wagenbauchef und saß im Siebenerrat, die Mutter ist Gründungsmitglied der Schlehengeister. Der Sohnemann beginnt seine „Fasnetskarriere“ als Hexe, steigt später bei den Wagenbauern ein. Doch schon mit 20 wird es ernst, Michel Borger übernimmt verantwortungsvolle Aufgaben. Er wird Mitglied im Ausschuss der AHA, Siebenerrat und 2001 schließlich Zunftmeister. 2008 wählen die Narren ihn dann zum Chef, erst vor wenigen Monaten wurde er für weitere zwei Jahre im Amt bestätigt.

Ohne Fasnet geht es nicht

Ein Leben ohne Fasnet, das kann sich Michel Borger beim besten Willen nicht vorstellen. Seine Frau Ute, eine Majorin des AHA-Balletts, hat er in der Zunft kennengelernt. Seit 22 Jahren sind die beiden verheiratet. Doch streng genommen führen sie eine Ehe zu dritt. „Denn die Fasnet war und ist irgendwie immer mit dabei“, erzählt Michel Borger und lächelt. Dass auch die drei Söhne närrisch unterwegs sind, erklärt sich da ja von selbst. Und dass sie alle im Musikverein spielen, macht den Papa „mächtig stolz“.

Michel Borger ist eine Frohnatur, er lacht gerne und viel. Auch durchaus mal über sich selbst. Doch der 52-Jährige hat auch eine ernsthafte Seite. Er überlegt sich gut, warum er welche Entscheidung trifft. Und steht dann auch dazu. Eine wichtige Eigenschaft für seine Arbeit als Kommunalpolitiker. 2014 wurde er aus dem Stand heraus mit großer Stimmenzahl in den Gemeinderat gewählt. Die politische Arbeit macht ihm Spaß. Borger will mitgestalten, will seine geliebte Heimatstadt („Ich kann mir nicht vorstellen, jemals woanders zu leben“) voranbringen.

Egal, was er tut, der 52-Jährige legt ein ordentliches Tempo vor. Wird ihm das nicht alles manchmal zu viel? „Nein“, sagt Michel Borger. „Ich liebe den Umtrieb.“ Und wenn er doch einmal entspannen will, reichen drei, vier Tage mit der Familie am See. Aber bloß nicht länger. „Denn sonst trippel ich unruhig auf der Stelle.“