Boule ist in der Stadt wieder in. Die Seniorensportler trainieren dagegen schon seit Jahrzehnten.

Weil der Stadt - „Schwein gehabt! Helga Kes atmet laut auf, die Kugel von Bernd Dewitz fliegt hochkant am Schweinchen vorbei. „Da müssen wir uns aber beim Bernd bedanken“, ruft Helga und freut sich. Wieder kein Punkt, aber der Bernd nimmt’s nicht persönlich. „Ja, ja, wir helfen den Schwachen, wo wir können.“

 

Wenn auf dem Gelände der Tanz ums grüne Schwein beginnt, dann ist wieder Dienstag. Bernd, Helga und all die anderen wissen das ganz genau. Seit vielen, vielen Sommern ist das in Weil der Stadt so – und neuerdings auch im Winter. „Ja, in diesem Jahr haben wir zum ersten Mal durchgespielt“, sagt Dieter Reichert. Als Leiter „Seniorensport“ der Abteilung Breitensport bei der Sportvereinigung Weil der Stadt hat er alle Schweinchen, alle Kugeln und alle Spieler im Überblick.

„Mitmachen darf, wer seine Kugeln mitbringt!“

Das klingt offiziell, ist es aber eigentlich gar nicht. „Mitmachen darf bei uns, wer seine Kugeln mitbringt“, fasst Reichert die Regeln zusammen. Und dann geht’s auch schon los. Die Hand, die die Kugel huckepack hat, muss geschlossen sein, der Arm dagegen offen, ganz locker und entspannt. Ganz schön viele Bewegungen auf einmal, wenn der Reporter zum ersten Mal unter so professioneller  Anleitung  eine   Boule-Kugel schiebt. Die erste fliegt denn auch viel zu kurz. Die zweite zu weit.

„Das ist Übungssache“, sagt der Weil der Städter Ober-Bouler Dieter Reichert. Wichtig ist nur, dass am Ende die graue Kugel auf das kleine grüne Kügelchen – richtig, das Schweinchen – trifft. Drüben, bei der anderen Gruppe, ist das wohl schon wieder gelungen, ein schallendes Lachen breitet sich aus. „Willi! Legen bitte! Hier her“, ruft Bernd Dewitz. „Jawohl“, Willi Kleimann versteht natürlich sofort.

Das ist dann schon die zweite Lektion. Es gibt nämlich Leger und Schießer. „Die Strategie ist sehr, sehr wichtig“, erklärt Gustl Jocher. Wer legt, der visiert das Schweinchen an, wer schießt, der lässt seine Kugel gegen die graue Kugel eines Mitspielers schmettern – und weg ist der schon sicher geglaubte Erfolg. „Das ist das Tolle bei Boule“, formuliert es Willi Kleimann. „Wenn einer beim Tennis einen Punkt gemacht hat, hat er den Punkt. Wenn beim Boule ein guter Spieler danach kommt, sind die Punkte wieder weg.“

Boule und Tennis – in Weil der Stadt ist das quasi eine Einheit. So erinnert es jedenfalls Gustl Jocher, der zu den Pionieren gehört. Bis in das Jahr 1988 reicht die Geschichte zurück. „Wir hatten nur zwei Tennisplätze“, sagt Jocher. „Da musste man mitunter drei Stunden warten, bis man endlich auf den Platz konnte.“ Ersatz musste her, also machen sich Jocher und seine Mannen ans Werk, mit Schaufel und Geduld ebnen sie einige Quadratmeter ein. „Auf den Belag kommt es an“, sagt Jocher und schüttelt den Kopf.

Denn die Bahn, die sie damals selbst gebaut hatte, gibt es schon lange nicht mehr. Als der Tennisplatz vergrößert wurde, baute eine Firma nebenan die jetzige Boulebahn – natürlich lange nicht so professionell, wie die Handarbeit der Herren. Parallel dazu gibt es noch einen zweiten Strang Weil der Städter Boule-Geschichte. Und da ist Dieter Reichert nicht ganz unschuldig.

Jahrelang in Frankreich Urlaub

„Ja“, sagt er und denkt zurück. „Wir waren eine Gruppe von Campern, die jahrelang in Frankreich Urlaub gemacht hat.“ Und – natürlich – Boule gespielt haben. Das wollten sie daheim. Also ließ sich der damalige Bürgermeister Hans-Josef Straub nicht lumpen und spendierte eine Bahn neben der Grundschule.

Aber die musste mittlerweile einem Anbau weichen. So kam es, dass auch Reicherts Seniorensportler auf dem Tennisgelände trainieren. Und bald auf der Brühlwiese? „Wir schauen mal“, sagt er. „Eigentlich ist die Bahn für uns zu klein, weil bei uns immer mehrere Grüppchen parallel spielen.“ Hier Helga und Bernd, dort Gustl, Willi und Dieter. Peng, peng, klopf, klopf, fertig. „Jetzt schauen wir mal“, sagt Bernd Dewitz und begutachtet mit Adler-Augen die verschiedenen Abstände zum Schweinchen. „Ich war mal auf einem Turnier mit Franzosen“, erzählt er nebenbei und staunt immer noch. „Die schießen immer das Schweinchen weg.“

Die Weiler Senioren machen es aber ganz gemütlich. „Boule ist gerade für ältere Leute ein guter Sport“, sagt Cheftrainer Dieter Reichert dennoch. „Motorik und Koordination wird gefördert – und man ist unter Leuten.“ Willi Kleimann hat da schon längst ein anderes Gerät gezückt. Einen Metallstab, natürlich selbst gebaut. Ganz elegant befördert er damit die Kugeln in seine Hand, ohne sich bücken zu müssen. „Den gibt es aber erst für Leute ab 70“, sagt er und schmunzelt. Und bückt sich dann doch. Das Schweinchen nämlich ist leider nicht magnetisch.